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Kommentar FiskalpaktDas Diktat der Angela Merkel

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Für den Normalbürger bedeutet der Fiskalpakt, den Gürtel noch enger zu schnallen. Die Banken hingegen dürfen kostenlos prassen. Und dennoch jubelt die Kanzlerin.

Z wei Jahre nach Beginn der Schuldenkrise in Griechenland zeichnet sich die europäische Antwort ab: Billionen billiges Geld für die Banken und eine schmerzhafte Diät für die Staaten. Nichts anderes bedeuten die Entscheidungen der letzten Tage.

Erst flutete die Europäische Zentralbank (EZB) den Finanzsektor mit mehr als 500 Milliarden Euro – übrigens zum zweiten Mal in nur zwei Monaten. Dann verabschiedete der EU-Gipfel in Brüssel den neuen, von Kanzlerin Merkel diktierten Fiskalpakt, der die 25 Unterzeichnerstaaten zu eiserner Budgetdisziplin zwingt.

Für den Normalbürger bedeutet das, den Gürtel noch enger zu schnallen – denn der Sparkurs dürfte erst einmal die Rezession verschärfen. Für die Banken hingegen bedeutet es, was Finanzexperten einen free lunch nennen: kostenlos prassen – in der Hoffnung, dass ein Teil der Geldschwemme den klammen Eurostaaten zugute kommt.

DER AUTOR

ERIC BONSE ist Korrespondent der taz in Brüssel.

Doch die Kanzlerin jubelt: Nun komme endlich die „Stabilitätsunion“, die ihre schwarz-gelbe Koalition seit Jahren fordere. Durch die massiven Geldspritzen der EZB hätten die anderen Eurostaaten zudem Zeit gewonnen, ihre Hausaufgaben zu machen und die Krise zu überwinden. In Wahrheit hat Europa viel kostbare Zeit verloren. Weil Merkel bei der Krisenlösung zwei Jahre auf der Bremse stand, musste die EZB Feuerwehr spielen. Und weil sie bei diesem EU-Gipfel erneut überfällige Entscheidungen vertagte – etwa zur endgültigen Größe des Euro-Rettungsschirms –, geht das Zittern weiter.

Griechenland ist übrigens auch noch nicht gerettet. Erst wenn die Banken bei der geplanten Umschuldung mitmachen, soll das Geld aus dem neuen Hilfspaket fließen. Banken vor Staaten – so sieht Merkels neues Europa aus. Vertrauen weckt das nicht, ganz im Gegenteil.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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8 Kommentare

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  • B
    blauschlumpfine

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    widerstehe ohne e ;)

  • V
    Volkswirtschaftler

    "In Wahrheit hat Europa viel kostbare Zeit verloren. Weil Merkel"(taz) bei der Krisenlösung zwei Jahre mit deutschen Steuermilliarden die eingestandene griechische Konsumblase auf Pump weiterbezahlte und die EZB die Blase mit teurer Manipulation der Zinsen griechischer Staatsanleihen zu verschleiern suchte, sanierte die griechische Regierung 2Jahre lang weder den Haushalt noch die Investitionsplanung und –kontrolle (vgl. http://www.sueddeutsche.de/politik/desastroese-bewertung-fuer-griechische-regierung-oecd-haelt-athen-fuer-reformunfaehig-1.1229388) noch die aufgeblähten Importe auf Pump.

    Erst nach 2 Jahren knüpfte Merkel weitere Milliardengeschenke an hoffentlich besser kontrollierbare Bedingungen.

     

    Die Konsumblase auf Pump noch mehr aufzupumpen, wie die taz wünscht, mit deutschem Ersatz für in Griechenland hinterzogene Steuern zwecks Kosumausgaben und ein bischen Investitionen (vgl. Keynesianer, 02.03.2012 12:48 Uhr http://www.taz.de/Debatte-Griechenland-/!88651/), würde die Krise nicht lösen.

     

    Die Insolvenzverschleppung des griechischen Staates seit 2009 ist leider nicht strafbar. Merkel und noch mehr die EZB leisten zur Insolvenzverschleppung Beihilfe.

  • D
    delf

    ...widerstand...

  • D
    delf

    ...wiederstand...

  • H
    hans

    Wenn niemand kauf, kann niemand verkaufen, stappeln sich die Lager, nimmt der böse Kreislauf seinen Anfang. Es ist eine Illusion zu glauben, dass Indien, USA und China die euoräischen Überschüsse konsumieren können. Und es ist eine Illusion zu glauben, dass sich die EU erholen kann, wenn ausnahmslos alle Staaten mit größerem Markt Sparprogramme fahren.

    Die Devise muss laufen: Wachstum und Beschäftigung fördern, nicht Pleite, Arbeitslosigkeit und immer neue Schulden, Umschuldungen und Rettungspakete für Investoren.

     

    Aber wir haben es mit lernunwilligen Menschen zu tun. Die Politiker haben einfach keine Ahnung von Wirtschaft und tun das, was ihnen Berater und Lobbyisten raten bzw. befehlen. Und die denken nur an ihre Klientel: Die Reichen, die Investoren und Profiteure von Kapitalanlagen. An Wachstum, Inovation, gute Produkte und Beschäftigung denken sie nie.

  • V
    vic

    Und ich gehe jede Wette ein, auch das wird ihrer Beliebtheit beim Volk nicht schaden.

  • G
    Gallier

    "Banken vor Staaten", das ist ein absolutes Novum, bisher war es umgekehrt. Das unausgesprochene Merkel-Prinzip "alle Macht den Banken" dient wohl nur ihrem eigenen Machterhalt, zumindest bis Herbst 2013.

    Deprimierend ist, dass das einfältige Wahlvolk dem zusieht. Denn am Ende ist es der Bürger, der für alles zahlen wird, in welcher Form auch immer. Den jetzt verantwortlichen Politikern wird nichts passieren.

    Das Gerede Merkels von Wachstum als Zauberformel ist sinnlos. In Spanien hat sich die Arbeitslosenzahl im Februar um 2,4 Prozent erhöht. Warten auf Wachstum ist wie warten auf Godot.

  • RL
    Rainer Lischka

    Klar jubelt Merkel! Hat sie doch mit diesen Maßnahmen als Marionette aller Ackermänner ihre Bezahlung gerechtfertigt! Wen juckt denn schon der Bürger in dieser "bürgerlichen" Koalition! Hauptsache die Spendentöpfe für CDU, CSU und FDP bleiben geöffnet!