Kommentar Fiskalpakt: Weniger Opposition war nie
Die SPD liefert eine mekwürdige Vorstellung ab. In NRW triumphieren sie über Schwarz-Gelb. In Sachen Fiskalpakt stärken sie „Frau Merkel“ den Rücken.
E s wirkt schon fast schizophren, was die Sozialdemokraten derzeit aufführen: In Düsseldorf feiern sie ein neues rot-grünes Projekt, das striktes Sparen ablehnt und stattdessen auf „vorsorgende Politik“ setzt.
Gleichzeitig bieten sie in Berlin der schwarz-gelben Bundesregierung quasi bedingungslose Unterstützung für den europäischen Fiskalpakt an, der die finanziellen Spielräume für Bund, Ländern und Kommunen fast komplett beseitigt und die in NRW versprochene Politik unmöglich macht.
Zwar haben Gabriel, Steinmeier und Steinbrück bei ihrem gemeinsamen Auftritt ein paar vernünftige Vorschläge für die europäische Finanzpolitik präsentiert. Aber das war auch schon alles. Anders als die deutschen Gewerkschaften, viele Wissenschaftler und die meisten Oppositionsparteien in Europa, stellen die deutschen Sozialdemokraten den Fiskalpakt selbst nicht ansatzweise infrage, obwohl er neben Sozialstaat und Konjunktur auch die Demokratie in Europa bedroht.
ist Parlamentsredakteur der taz mit Schwerpunkt Wirtschafts-und Umweltpolitik.
Gabriel konnte sich nicht durchsetzen
Und selbst ihre harmlosen Forderungen – ein Wachstumsprogramm, das nichts kosten soll, eine Finanztransaktionsteuer, deren Umsetzung ungewiss ist – machen sie nicht zur festen Bedingung für ihre Zustimmung zum Fiskalpakt, obwohl die notwendige Zweidrittelmehrheit ihnen eine traumhafte Verhandlungsposition bietet.
Offensichtlich hat sich in dieser entscheidenden Frage nicht Gabriel durchgesetzt, der einen klareren Oppositionskurs fahren wollte, sondern Steinbrück und Steinmeier, die sich als Teil einer ganz großen Koalition empfinden. Und genau dort wird die SPD auch wieder enden: Wer sich schon in der Opposition als Juniorpartner von Angela Merkel anbiedert, kann nicht erwarten, sie im Wahlkampf zu besiegen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen