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Kommentar FinanztransaktionssteuerDie Luschen-Variante

Kai Schöneberg
Kommentar von Kai Schöneberg

Die EU-Kommission hat sich auf den kleinstmöglichen Kompromiss bei der Finanztransaktionssteuer geeinigt. Eine Wende zum Guten sieht anders aus.

E uropas Antizockersteuer ist besser als nichts. Allerdings ist die Einführung der Finanztransaktionsabgabe in elf EU-Staaten nur eine Luschenvariante dessen, was nötig wäre, um die Welt vor der nächsten Geldkrise zu bewahren und für ein bisschen mehr Gerechtigkeit zu sorgen.

Der Vorschlag der EU-Kommission ist ein typischer kleinstmöglicher europäischer Kompromiss. Und ein Zeichen dafür, wie man der Finanzindustrie auf den Leim gehen kann. Die Abgabe kommt ja letztlich nur, weil sie die Börsenmeute nicht wesentlich juckt.

Gewiss: Alle Transaktionen sollen besteuert werden, an denen ein Akteur aus einem der elf Mitmacherstaaten beteiligt ist. Also ist auch eine indische Bank dran, wenn sie in Hongkong einem US-Institut eine französische Staatsanleihe verkauft. Nur: Warum macht der internationale Finanzplatz Luxemburg – von dort kommt auch der langjährige Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker – nicht mit, von London ganz zu schweigen?

Bild: taz
Kai Schöneberg

leitet das Ressort Ökologie und Wirtschaft der taz.

Und: Ausgerechnet hochspekulative Derivate werden mit einer Zwergensteuer von nur 0,01 Prozent belastet, Devisengeschäfte sind ganz ausgenommen. Und: Warum muss der Handel mit Hedgefonds nicht bluten? Wo ist die Steuer auf den hypernervösen Hochfrequenzhandel?

Fast am schlimmsten ist: Die Institute werden die Zeche umlegen – auf König Kunde. Es ist sehr wahrscheinlich, dass letztlich der Privatverbraucher die Steuer zahlt. Auch Pensionsfonds werden ja belastet: Das trifft diejenigen, die ihre Altervorsorge sichern wollten.

Und natürlich ist die größte Gefahr, dass die Spekulanten einfach weiterziehen und ihre Geschäfte in Regionen ohne Börsensteuer verrichten. Deshalb: Der Anfang der Elf ist ein Anfang, wenn auch längst noch keine Wende zum Guten.

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Kai Schöneberg
Ressortleiter Wirtschaft und Umwelt
Hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz als Leiter des Ressorts Wirtschaft + Umwelt, seit August 2024 im Sabbatical.
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4 Kommentare

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  • S
    Sparfuchs

    Leider ist das Ganze, in welcher Version auch immer, eine Mogelpackung. Steinbrück hatte früher recht damit, diese Steuer abzulehnen, weil sie nicht da wirksam wird, wo sie es soll.

     

    Diejenigen, für die es wieder teurer werden wird, sind allein die kleinen Fische im Becken, auf die nun auch noch höhere Gebühren der Banken zukommen. Reiche können ausweichen, durch Ortswechsel, oder schlicht, weil sie so hohe Gewinnmargen einholen, dass es sie nicht jucken muss.

     

    Schon jetzt dürfte eine Klasse von Zwischenhändlern Modelle parat haben, wie es sich für ihre wertvolle Klientel am besten anlässt. Die SPD verliert wieder eines der Kernthemen, die den kleinen Unterschied ausmachen sollten - Steinbrück wird was zu monieren haben und en Detail vergeblich die Diskussion suchen, derweil das wetterwendische Volk sich nun anderem zuwendet.

  • I
    Irrwitz

    Es ist nicht mal ein Placebo , denn die haben ja manchmal die rätselhafte Wirkung , Heilung zu befördern . Nein , es ist reine Show , politisches Kasperletheater für's Volk (...das man für blöd verkauft). Die Macher sollten sich fragen , ob es nicht ratsamer gewesen wäre , nichts zu machen ...als sich lächerlich zu machen .

  • H
    hackman3

    Das läuft wie immer. Die Kleinanleger, die ihre mickrige Rente aufbessern wollen, werden geschröpft. Die Großen ziehen nach Luxemburg, England oder Schweden und lachen sich tot.

  • S
    siegfried

    Ich stimme Kai Schöneberg vollkommen zu.

    Die Steuersätze von

    Derivaten und Aktien hätten genau umgekehrt sein müssen, um eine positive Lenkungswirkung und

    Konzentration zur Realwirtschaft sicherzustellen.

     

    Man wird den Eindruck nicht los, dass man wieder

    auf Dummenfang gehen möchte und neue

    Verlierer für Derivatepapiere finden will

    und die Realwirtschaft der Aktienunternehmen

    mit Realbeschäftigung und Realrenditen abhängen möchte.

    Noch ein paar Bankenkrisen mehr und Europa ist sturmreif!

    Hoffentlich fallen die Anleger nicht darauf herein.

     

    Durch eine vorsätzlich mies konstruierte

    Finanztransaktionssteuer sollen alternative Konzepte

    bewußt diskreditiert werden. Es ist widerllich, wenn

    der Wille des Volkes pervertiert wird.

    Die Zinssätze für Derivate, als Krisenverursacher,

    hätten bei 1-3,5% Prozent mindestens liegen müssen.

    Und die Zinssätze für Aktien bei 0,01-0,1%.

    Das wäre sinnvoll. Es ist unglaublich, wie

    sehr die EU unsere Wettbewerbsfähigkeit zerstört!

     

    Frage: Haben an dieser Verzerrung britische,

    schwedische und luxembourgische Interessen mitgewirkt? Die vorsätzliche Unfähigkeit könnte

    einen zur Verzweifelung über dieses Establishment bringen!