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Kommentar FinanzkriseDie zwei Finanzkrisen

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Der Staat unterstützt die Banken mit Milliarden, aber für die Hungernden ist kein Geld da. Armutsbekämpfung oder Wohlstandsverteidigung?

Bild: taz

Dominic Johnson ist Afrika-Redakteur im Auslandsressort der taz.

Für die Rettung von Banken vor dem Kollaps fließen über Nacht unvorstellbare Milliardensummen, während die Rettung von Menschen vor dem Hungertod regelmäßig am Geld scheitert. Das ist eine der unschöneren Dimensionen der weltwirtschaftlichen Verwerfungen dieser Tage. Es ist reiner Zufall, dass der morgige Welternährungstag mitten in die globale Finanzkrise fällt. Und es ist auch reiner Zufall, dass nach Rettungspaketen für angeschlagene Banken in Höhe von 700 Milliarden Dollar in den USA und 500 Milliarden Euro in Deutschland, um nur die zwei größten zu nennen, Hilfswerke und UN-Organisationen wieder einmal vergeblich appellieren, endlich die 30 Milliarden Dollar zusammenzukratzen, die die Bauern der ärmsten Länder der Welt an Investitionskapital bräuchten, um mit ihrer Knochenarbeit ihre Familien ernähren zu können.

Nein, natürlich haben die dramatische Implosion des Kreditsystems und die dramatische Zunahme des Hungers weltweit nichts miteinander zu tun. Oder? Der ursprüngliche Grund für die Bankenkrise, und das ist gerade mal ein Jahr her, war die Vergabe von Krediten an Arme in den USA, damit sie sich ein Dach über dem Kopf leisten können. Weil die Kreditnehmer diese Kredite nicht bedienen konnten, haben die Kreditgeber sie lieber versteckt oder heimlich weiterverkauft. Als das aufflog, brach das Vertrauen innerhalb des Bankenwesens zusammen. Hätte die US-Regierung gleich vor einem Jahr die faulen Kredite einfach selbst bedient und damit die Krise im Keim erstickt, müsste sie jetzt nicht ein Vielfaches dafür ausgeben, um die dramatischen Folgen zu bekämpfen.

So aber wird so schnell kein Angehöriger der Unterschicht wieder einen Kredit bekommen. Das knappe Geld reicht nur noch für die Reichen. Die Marktfrau in Kalkutta oder Kinshasa, die mit einem Kleinkredit von ein paar hundert Dollar ein florierendes Geschäft aufbauen könnte, muss wohl wieder einmal hinter den Billionen der globalen Bankenrettung zurückstecken. Armutsbekämpfung oder Wohlstandsverteidigung? Das ist die Frage, um die es bei der Zukunft der Weltwirtschaft geht. Zu ihrer Beantwortung geben die jüngsten Rettungspakete ein leider allzu eindeutiges Signal

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.

2 Kommentare

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  • H
    hto

    Zitat Dominic Johnson: "Armutsbekämpfung oder Wohlstandsverteidigung?"

     

    Was für eine Frage, wo doch schon lange offensichtlich ist, daß die manipulativ-schwankende Welt- und "Werteordnung" in gebildeter Suppenkaspermentalität und Hierarchie von materialistischer "Absicherung" zur "freiheitlichen Dienstleistungsgesellschaft" globalisiert, mit Tititainment statt Brot und Spiele - Kommunikationsmüll / stumpf- wie wahnsinniges Surfen auf dem Zeitgeist / Dummheit, weil ...!?

     

    Zitat D. J.: "Und es ist auch reiner Zufall, dass ..."

     

    Die Sklaven, der "freiheitlichen" MW, die dabei auch noch an Zufälle glauben, sind ...!?

  • A
    affengebrüll

    Danke für diesen Satz

    "Weil die Kreditnehmer diese Kredite nicht bedienen konnten, haben die Kreditgeber sie lieber versteckt oder heimlich weiterverkauft. Als das aufflog, brach das Vertrauen innerhalb des Bankenwesens zusammen. Hätte die US-Regierung gleich vor einem Jahr die faulen Kredite einfach selbst bedient und damit die Krise im Keim erstickt, müsste sie jetzt nicht ein Vielfaches dafür ausgeben, um die dramatischen Folgen zu bekämpfen."

     

     

    Da liegt die taz mit ihren Beispielen, was mit 500 Milliarden alles gemacht werden könnte, doch gar nicht so im ironischen Bereich! Doch solche Zahlungen würden ja nicht im Sinne des Finanzsystems sein, das sich lieber selbst am Leben erhält, statt andere.