Kommentar Familiensplitting: Das Ziel verfehlt
Die CDU will das Familiensplitting, SPD-Chef Gabriel macht mit und ignoriert dabei, dass damit das Risiko zu verarmen nur steigt.
U nd wieder mal wird der große Topf umgerührt, in dem die Familienförderung seit Jahrzehnten vor sich hin köchelt. Kenntnisfrei setzt sich SPD-Chef Gabriel für ein Familiensplitting ein, das seine Partei eigentlich bekämpft, und zementiert damit im Vorbeigehen den Eindruck, dass Familie für die SPD-Spitze immer noch Gedöns ist.
Dabei geht es um Weichenstellungen, die verdammt wichtig sind. Fördern wir die heilige Familie – und zwar umso mehr, je mehr Geld der Papi verdient? Dann kann man sich getrost für das Familiensplitting einsetzen, wie die CDU es tut. Aber Familienpolitik kann viel mehr: Sie kann die Zukunft sichern. Und was brauchen wir in Zukunft? Einige reiche Papis? Oder nicht doch eher möglichst viele Familien, die möglichst wenig arm sind, damit die Kinder einen guten Start ins Leben haben (und gute Steuerzahler werden)?
Mehr Familien brauchen mehr Geld. Da ist es gut, wenn auch Mütter berufstätig sind, ein Zweiverdienerhaushalt ist nämlich der Armutskiller Nummer eins. Dazu regt aber nicht das Familiensplitting an, das weiter Hausfrauen subventioniert, sondern eine Individualbesteuerung.
ist Redakteurin im Inlandsressort der taz.
Wer also die Armut bekämpfen will, der möchte, dass mehr Frauen stärker berufstätig sind. Das ist übrigens auch offizielles EU-Ziel. Nur möchte die Union das ihren Wählern möglichst nicht mitteilen. Denn dann müsste sie von ihrem Credo abrücken: nichts vorschreiben. Jede, so wie sie mag. Hausfrauen willkommen.
Dabei wissen die meisten Hausfrauen längst, wie riskant ihr Lebensmodell geworden ist, und empfehlen es nicht weiter. Sie wissen: nach einer Scheidung droht man schneller zu verarmen, als die CDU „Wahlfreiheit“ buchstabieren kann. Und Armut wollten wir doch gerade vermeiden, oder nicht?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter