Kommentar Familiennachzug: Unbeirrt bis zum nächsten Urteil
Beim Thema Integration setzt die Union weiter auf Hürden. Anderslautende Urteile des Europäischen Gerichtshofs stören sie nicht.
V on einer „Willkommenskultur“, welche die Bundesregierung in Sonntagsreden so gerne beschwört, ist diese Schikane weit entfernt. Dennoch will die Große Koalition weiter an ihrem Grundsatz festhalten, dass erst einen Sprachtest bestehen muss, wer aus dem Ausland zu seinem Ehepartner nach Deutschland ziehen möchte.
Nur ein paar zusätzliche Ausnahmen für besondere „Härtefälle“ soll es künftig geben – das ist die Minimalkonzession, mit der sie jetzt auf ein entsprechendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs reagiert.
Dabei hat sich der Deutschtest als eine wirksame Hürde erwiesen, um den Familiennachzug aus all jenen Ländern zu erschweren, für die in Deutschland eine Visumspflicht gilt – und das sind die meisten Länder dieser Welt. Denn auch wenn der Test für deutsche Verhältnisse gar nicht so schwer erscheint, die Durchfallrate ist recht hoch. Die Zahl der Visa, die an nachziehende Ehepartner vergeben wurde, ist aus diesem Grund seit 2007, als die Hürde eingeführt, deutlich zurück gegangen – in manchen Ländern sogar um mehr als die Hälfte.
Die SPD lehnt es ab, den Sprachtest zur Voraussetzung für die Familienzusammenführung zu machen. Sie ist der Meinung, dass angeheiratete Ausländerinnen und Ausländer die deutsche Sprache auch in Deutschland lernen können – vielleicht sogar noch besser als in ihrem Herkunftsland. Doch gekämpft hat sie dafür nicht. So droht trotz des Urteils aus Luxemburg, fast alles beim Alten zu bleiben.
Österreich und die Niederlande, die einmal ähnliche Regelungen eingeführt hatten, haben sie nach vergleichbaren europäischen Gerichtsurteilen wieder auf Eis gelegt. Nur die Bundesregierung hält, auf Druck der Union, weiter unbeirrt an ihren Sprachtests fest. Jedenfalls, bis das nächste Urteil eines europäischen Gerichts sie eines Besseren belehrt.
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