Kommentar Facebook Gesichtserkennung: Alarm ums Antlitz
Facebook erkennt jetzt unsere Gesichter. Also warnen die Datenschützer. Mal wieder. Aber Antworten bleiben sie uns schuldig.
W ahrlich, wir leben in wunderlichen Zeiten: In denen Häuserfassaden gepixelt werden - und dafür sind Gesichter neuerdings maschinenlesbar. Gestern startete Facebook auch in Deutschland sein neues Feature zur automatischen Gesichtserkennung: Wer Fotos bei dem Netzwerk hochlädt, bekommt vorgeschlagen, welcher befreundete Nutzer darauf zu sehen ist - damit er ihn namentlich darauf markieren kann.
Natürlich kann man diesen Facebook-Service irgendwo tief im privaten Einstellungsgekröse abstellen. Dann kann man die Personen auf den Fotos entweder wieder, wie bisher, von Hand mit Namen beschriften - oder es eben sein lassen. Bringen dürfte das allerdings relativ wenig - denn obwohl Facebook die Namen der Fotografierten dann nicht mehr anzeigt, weiß das Unternehmen trotzdem, wer auf diesem Bild zu sehen ist.
Da schlägt die versammelte deutsche Datenschützerschaft natürlich mal wieder die Alarm. Mit Warnungen, die seit Jahren bei jeder technischen Kleinstinnovation immer wieder aus der Schublade geholt werden: Ende der Privatheit. Gläserner User. Alles schlimm.
MEIKE LAAFF ist Redakteurin im taz-Ressort "Gesellschaft, Kultur, Medien".
Kritik, die oft berechtigt ist. Die digitale Vermessung der Welt schreitet rasant voran - so schnell, dass sich kaum ein Internetnutzer ihr entziehen kann. Klar kann man Facebook dann boykottieren. Trotzdem werden aber obskure Algorithmen weiter aus dem, was man sich bislang geklickt und gesucht hat, antizipieren, was den Nutzer in Zukunft interessieren könnte. Diese Ergebnisse für Werbung verwerten.
Die digitale Gesichtserkennung hat Facebook übrigens nicht erfunden - so hat etwa Google auch bereits ein entsprechendes Tool in der Schublade liegen. Das bedeutet: Wir und die Welt um uns werden immer maschinenlesbarer, die Datenhaufen, die wir hinter uns zurücklassen, immer riesiger. Und immer besser verwertbar für Unternehmen und Behörden.
Auf all das hinzuweisen ist natürlich die Aufgabe von Datenschützern. Auch wenn das ständige Wiederholen der immergleichen Vorbehalte auf Dauer ziemlich narkoleptisch wirkt. Gute Antworten auf die Frage, wie das Netz von morgen aussehen könnte, in dem Nutzer von den Chancen des Social Webs profitieren können, ohne vollständigen Kontrollverlust zu erleiden, sind sie bislang noch schuldig geblieben.
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