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Kommentar Europäische MannschaftenHausgemachte Fehler

Jens Uthoff
Kommentar von Jens Uthoff

England, Italien und Spanien sind nach der Gruppenphase ausgeschieden. Das sieht nach einer Krise im europäischen Fußball aus – ist es aber nicht.

Italienische Fans schauen ihrer Mannschaft beim Ausscheiden zu. Bild: dpa

E ngland, die Mutter aller Fußball-Mutterländer: raus. Italien, vierfacher Weltmeister: raus. Spanien, Fußballhegemonialmacht der jüngeren Zeit: raus. Europas Kicker-Elite fährt in Teilen bereits heim und was fiele da leichter, als zu sagen: Krise des Kontinents, Krise des Fußballs. Kein Wunder!

So verlockend einfache Analogien sein mögen, so falsch sind sie im Falle des Ausscheidens der europäischen Teams bei der WM (im Übrigen geht es hier schlicht nur um Sport). Wenn eines in Europa nicht kriselt, dann ist es der Fußball. Er boomt und er ist auch qualitativ – im Ganzen gesehen – auf Weltniveau.

Sicher, es sind in erster Linie die Ligen (England, Deutschland, Spanien), die „Weltmarktführer“ sind – während nicht alle Nationalteams derzeit davon profitieren. Aber die Fehler bei den nun nach Hause fahrenden Teams sind hausgemacht. Sie sind nicht in einem größeren Kontext zu verorten.

Italien hat das Ausscheiden am wenigsten verdient – und es sich dennoch selbst zuzuschreiben. Denn man verlor das Turnier nicht unbedingt im entscheidenden Spiel gegen Uruguay, sondern eher im Match gegen Costa Rica zuvor, in dem man sich seltsam passiv, lustlos, sich selbst anödend in die Niederlage fügte. Gegen Uruguay machte man gar nicht so viel falsch, sondern hatte – auch mit dem Schiedsrichter, der Rot auf der falschen Seite zur falschen Zeit zog – ordentlich Pech. Insgesamt: ein Mentalitätsproblem. Denn bei einer WM ist ein Spiel Auszeit nicht vorgesehen.

Die kupferne Generation

England fuhr mit den Überbleibseln einer so genannten goldenen, in Wirklichkeit aber eher kupfernen Generation – Steven Gerrard, Wayne Rooney, Frank Lampard – nach Brasilien. In Kombination mit einigen jüngeren, hungrigen Spielern wie Daniel Sturridge oder Raheem Sterling hätte man ein konkurrenzfähiges Team aufbauen können. Vielleicht hätte man nicht im Konzert der ganz Großen mitspielen können – mehr als ein Punkt wäre allemal drin gewesen.

Den Fall Spanien kann man – will man keine Romane oder Epen schreiben – kurz abhaken: Ein System, das stehen geblieben ist, nicht mehr weiterentwickelt wurde. Die Spanier hätten nach dem Ende der Barca-Ära, nach dem Confed-Cup im vergangenen Jahr Zeit gehabt zu reagieren, zu modifizieren. Aber bei der „Roja“ blieb alles beim Alten. Ex-Barca-Trainer Pep Guardiola etablierte derweil im Anschluss an ein Sabbatical in München eine fortgeschrittene Variante des Ballbesitzfußballs.

Und dann wäre da noch der Heimvorteil der (latein-) amerikanischen Teams. Den haben sie natürlich und er betrifft nicht nur (wenn überhaupt) das so gern genannte Klimatische. Aber am Ende kommt es für die europäischen Teams darauf an, wie man solche gefühlten Auswärtsspiele bestreitet.

Und schließlich ist der Heimvorteil auch nur ein minimaler, ein winziger Faktor – wesentlich entscheidender ist es, flexible spielerische Konzepte zu entwickeln, die vielen unterschiedlich spielenden Gegnern standhalten. Die Niederlande zeigen dies zu diesem Zeitpunkt des Turniers nahezu perfekt, Frankreich und Deutschland mit Abstrichen. Sie könnten allesamt für das andere Fußball-Europa stehen.

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Jens Uthoff
Redakteur
ist Redakteur im Ressort wochentaz. Er schreibt vor allem über Musik, Literatur und Gesellschaftsthemen.
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1 Kommentar

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  • Insbesondere in Europa dürften die Nationalmannschaften für die Spieler an Strahlkraft verloren haben. Der Champions League Titel dürfte mittlerweile (fast) mehr wert sein in der Vita, als Weltmeistern zu sein. Zumindest finanziell.

     

    Es spielen halt irgendwelche Spieler die z.b. zufällig alle Portugiesen sind miteinander, die ansonsten keinerlei Bezugspunkt haben und im Rest des Jahres Gegner sind. Und Ronaldo muss mit der Gurkentruppe kicken und bekommt keine Unterstützung und weiß genau dass das nichts wird. In Madrid ist er gewöhnt nur die besten zur Unterstürzung zu haben.

     

    Dazu kommt die lange Saison für die Toppspieler. viele sind einfach fertig, körperlich und im Kopf.

     

    Anders gerade für die Südamerikaner. Einmal natürlich weil es quasie die Heim WM ist natürlich aber auch weil sie sich dort zeigen können und empfehlen, für einen Topp Club in Europa (sofern sie nicht schon dort sind). Da gibt es ganz andere Bewerggründe sich nochmal reinzuhängen. Der nationale mag noch dazu komme, es den alten Europäern mal so richtig zu zeigen.

     

    Wundern tun mich bis jetzt die Deutschen, die sich besser schlagen als erwartet, aber warten wir mal Morgen ab :-)