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Kommentar Euro-KriseDie Krise stärkt Europa

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Kein Staat darf sich von Investoren abhängig machen, die irgendwelchen Trends hinterher jagen. Den Ausgleich schafft eine Zentralbank.

D ie Eurokrise muss jeden Bürger verwirren. Immer wieder droht ein Crash, dann naht scheinbar Rettung, nur damit bald darauf eine neue Krise ausbricht. Griechenland, Irland, Portugal, jetzt Italien: Gibt es irgendein Muster in dieser Entwicklung?

So unwahrscheinlich es klingen mag: Ja, es zeigt sich ein deutlicher Trend. Europa ist auf dem guten Weg zu einer vollständigen Währungsunion. Oder um es pathetisch zu sagen: Bislang war die Krise eine Chance.

Seit ihrer Gründung litt die Eurozone daran, dass sie unvollständig war. Es gab zwar eine einheitliche Währung, aber sonst fehlte alles. Es gab keine einheitlichen Staatsanleihen (Eurobonds) - und auch keine Notenbank, die diese Papiere hätte aufkaufen können, falls die Investoren panisch streiken. Stattdessen war das Mandat der Europäischen Zentralbank (EZB) äußerst eingeschränkt. Sie sollte nur die Inflation bekämpfen, mehr nicht.

taz
ULRIKE HERRMANN

ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.

Das ändert sich. Es ist ein Fanal, dass die EZB nun beginnt, die Schuldscheine von Spanien und Italien aufzukaufen. Damit beginnt sie, sich zu einer normalen Notenbank zu wandeln.

Wie ungewöhnlich machtlos die EZB war, zeigt der Vergleich mit Großbritannien. Dort kauft die Notenbank regelmäßig die Staatsanleihen ihrer Regierung auf. Man könnte auch sagen: Die Bank of England druckt munter Geld, um den Staatshaushalt zu finanzieren. Und wurde das abgestraft? Bisher nicht. Großbritannien besitzt immer noch das beste Rating, nämlich AAA.

Das ist kein Wahnsinn, sondern hat Methode. Ein Währungssystem kann gar nicht funktionieren ohne eine Zentralbank, die dann einspringt, wenn die Investoren unsinnig hohe Zinsen verlangen oder mal wieder Panik schieben. Kein Währungssystem kann sich schutzlos den Finanzmärkten ausliefern, schon weil die Anleger denkbar irrational sind. Die Metapher vom "Herdentrieb" trifft es genau: Wie ein Haufen Schafe folgen die Investoren irgendwelchen Trends. Davon darf sich kein Staat und keine Währungsgemeinschaft abhängig machen.

Trotzdem wird die jetzige Eurokrise noch nicht die letzte gewesen sein. Denn obwohl die EZB mehr Kompetenzen erhält, ist sie noch immer keine vollwertige Notenbank. Noch immer fehlen die Eurobonds - und auch der Aufkauf der spanischen und italienischen Staatsanleihen ist nur vorübergehend. Aber immerhin. Der Anfang ist gemacht.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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11 Kommentare

 / 
  • Y
    yberg

    ...und das geld drucken sorgt dann für gewaltigen druck auf der straße,wie in england.solange gewinn maximierende und kosten minimierende weltweit agierende prosperierende unternehmen in allen lebensbereichen nicht nur den ton angeben sondern auch teilweise die regeln des politischen handelns setzen können sie die mächtigsen zentralorganisationen schaffen,die schlußendlich kein gegengewicht schaffen werden,denn auch diese werden von den global players

    vorgeführt und dominiert.hauptproblem ist das zusammengewürfelte, polit und national proportzte personal,das diese institutionen bevölkert,die meisten jederzeit bereit zur speckseite zu wechseln.

  • M
    Matroschka

    Also ich finde auch, die taz sollte sich diese Kommentare zum Thema "Geldpolitik" oder "Euro-Krise§ schenken. Das sind zum einen wichtige und zum andern sehr komplexe Themen, die man nicht so niveaulos wie die taz behandeln sollte. Wenn man außer diesem wirtschaftlichen Vulgär-Jounalismus, der hier vorherrscht, nichts zu bieten hat, sollte man es einfach lassen. Dieser Artikel und de davor sind echt peinlich dumm, da muss ich mich echt richtig fremd schämen.

  • PS
    Post Scriptum

    Btw, mein vorangehender Kommentar kommt von einem Halbanalphabeten in Sachen Ökonomie - ich, nur um es klar zu machen.

  • I
    Izmir Übuel

    @ exodus200575

     

    Diese Art von Globalkritik ohne konkretere Spezifikationen ist immer ganz besonders "konstruktiv". Da zieht's mir auch die Schuhe aus....

  • PS
    Post Scriptum

    Weiter so mit den Ökonomie-Seminaren!

    Weniger ökonomische Analphabeten = weniger Wirtschafts-Elite-Experten-Götter = weniger Politiker, die mit Populismus punkten können.

  • K
    Kristina

    "Genau richtig, denn es könnte sein; dass das größte Problems Deutschlands der Wohlstand ist"

     

    Na sagen sie das mal einem Hartz4-Empfänger!

  • G
    gregor

    Genau richtig, denn es könnte sein; dass das größte Problems Deutschlands der Wohlstand ist. Und das Beste wäre, diesen im Namen einer Idee, wie z.B. der "europäischen" zu plündern. Dann hat man wieder den Klassenkampf und die Möglichkeit einer Revolution. Insofern ist die Sympathie für die Plünderung von europäischen Nationalstaaten bei der Taz logisch, wie die Liebe Lenins zum Weltkrieg aus dem die Revolution kam. Allerdings, wissen wir ja, dass es gerade in Deutschland, leider alles faschistisch enden würde. Hört man denn in der Entscheidung der EZB nicht schon den Mitton "Deutschland schafft sich ab?"

  • M
    Martin

    Zitat:

    "Trotzdem wird die jetzige Eurokrise noch nicht die letzte gewesen sein.

    ...

    Der Anfang ist gemacht."

     

    Eben, das wird alles am System des exponentiellen Wachstums nichts ändern. Und so werden die Krisen immer wieder kommen und immer heftiger werden.

    Bis wir endlich mal merken, dass es kein unendliches Wachstum in einer endlichen Welt geben kann.

  • E
    exodus200575

    Liebe TAZ,

     

    bitte bitte keine Versuche eines Kommentars zur Geldpolitik mehr.

    Ich lese Eure Artikel sehr gerne aber bei soviel Unkenntnis elementartster Dinge zieht es einem die Schuhe aus......

  • C
    C.Antonius

    Es ist also die Krise, die bestimmte Lösungen erzwingt, weil alle anderen Wege abgeschnitten sind. Wir sind längst eine extrem vernetzte, voneinander abhängige Welt bzw. EU geworden.

    Nationale Lösungen kämen wirtschaftl. Selbstmord gleich. Das ist das Gute an dieser Krise.

     

    Trotzdem hinterlassen diese zusammengeschusterten Lösungen ein mulmiges Gefühl:

    1. die gewählten Volksvertreter haben das Heft aus der Hand gegeben, noch nicht die nötigen Institutionen geschaffen (die 17 Mitglieder der Eurozone funktionieren, indem sie Frankreich und Deutschland hinterherdackeln)

    2. besonders krasses Versagen 'ganz unten' wird ohne 'feedback' d.h. spürbar böse Folgen nicht korrigiert (griech. Steuersystem z.B.), wenn dem leidenden Patienten von oben, z.B. der Eurogruppe gleich Opiate verabreicht werden. Dann sitzt man die Probleme lieber aus - es gibt ja Spritzen vom Rettungsschirm.

     

    Außerdem wäre da noch die Demagogie der Rechtspresse: Die Deutschen zahlen mal wieder für alles. Das ist natürlich Quatsch. Die Deutschen zahlen proportional nicht mehr als alle anderen; sie würden nur ihren eigenen Anteil zahlen.

     

    Eigentlich ein altes Problem aller Kollektive: Solidarität fällt leichter, wenn alle mitziehen und die Energie des Kollektivs nicht dauernd von demselben Individuum absorbiert wird.

    Hat Angela Merkel LPG-Erfahrung? Ist die Taz ein Kollektiv?

  • I
    Ilona

    Au weia au weia.... das hat ja gerade wieder mal geklappt mit dem Schulden-Löcher stopfen!! So haarscharf vorbei am Desaster. Das wird ja immer sportlicher. Schulden-Management auf olympischem Niveau! Spannend!

     

    Ja, Frau Hermann, als Bankerin haben Sie ein fundiertes Verständnis für die technischen Möglichkeiten des Löcherstopfens. Aber: "Immer wieder droht ein Crash, dann naht scheinbar Rettung, nur damit bald darauf eine neue Krise ausbricht." Richtig erkannt!

     

    Aber haben Sie damals (1989) mal den US-Film "Rosalie goes shopping" gesehen? Mit Marianne Sägebrecht? Herrlich! Wie diese pfiffige amerikanische Hausfrau die Schulden ihrer 34 Kreditkarten managte, die ihr über den Kopf wuchsen wie die Geister, die man rief und nicht mehr los wird? Nachdem doch alles so easy war, mit dem Shoppen ohne Geld und ohne Limit... und immer weiter im Shopping & Schulden-Rausch versackte? Genau so ist es heute mit den Staaten.

    Ja, noch mehr Kredit, das ist die Lösung! Und noch mehr Schulden. Und wenn nichts mehr geht, dann kommt die reiche Tante EBZ mit ihrem dicken Scheckbuch und alles wird gut! Eigentlich wollten wir sie ja nicht anbetteln.... aber die Schulden-Löcher vermehren sich wie die Karnickel,

    da kann man stopfen und stopfen.... überall neue Pleiten und Löcher, denn vielleicht sind die Ursachen doch ganz woanders als man es wahrhaben möchte:

     

    Googeln Sie mal das "Manifest Arbeit".

    Dort wurde der ganze Krisen-Verlauf schon 2006 vorausgesagt und die Erklärung ist verblüffend plausibel wie beunruhigend. Denn wir laufen mit unserer schwerfällig arbeitsabhängigen Realwirtschaft der leichtfüssigen elektronischen Finanzwirtschaft chancenlos hinterher! Daran wird sich nichts ändern, egal wie man versucht, das System vorm endgültigen Absturz zu retten.

    Es vernichtet sich selbst, indem es platzt. Bäng!

    Und vielleicht auch unseren Wohlstand.