Kommentar Eskalation in Syrien: Assad bekommt Ärger

In Deera haben die Proteste eine Stufe erreicht, auf die das Regime reagieren musste - mit Zuckerbrot und Peitsche. Doch Präsident Assad läuft die Zeit davon.

Manchmal reichen ein einzelner Vorfall und eine harsche Reaktion des jeweiligen Regimes, um Proteste auszulösen, die nur schwer wieder einzudämmen sind. In Tunesien war es die Selbstverbrennung eines jungen Mannes, in Syrien eine Gruppe von Jugendlichen, die kritische Parolen an die Wände malten und ins Gefängnis gesteckt wurden.

Dies führte zu einem Einsatz der Sicherheitskräfte gegen teils gewaltsame Demonstranten, der bislang neun Todesopfer forderte. Vor dem Hintergrund des Aufbegehrens in der arabischen Welt kann der Vorfall in einer Kleinstadt namens Deraa zur größten innenpolitischen Krise von Präsident Baschar al-Assad werden, der seit dem Jahr 2000 an der Macht ist.

Wichtig ist: Die jüngsten Proteste haben nicht in Hama oder Aleppo begonnen, wo die verbotenen Muslimbrüder über eine gewisse Sympathie verfügen, oder in der Kurdenregion, wo es schon immer zu Konflikten kommt, sondern in der ganz normalen syrischen Stadt Deraa. Daher kann "Deraa" zum Begriff werden, es kann sich überall wiederholen.

BEATE SEEL ist Nahost-Redakteurin im Auslandsressort der taz.

In dem mehrheitlich sunnitischen Land regieren seit 1963 die alevitischen Assads - zuerst der Vater, nun der Sohn - mit dem Ausnahmerecht und einem omnipotenten Geheimdienst. Als Klammer nutzt das Regime die Rolle Syriens als "Frontstaat" gegenüber Israel und antiwestliche Rhetorik. Die Demonstranten fordern Reformen und ein Ende der alles durchdringenden Korruption.

In Deera haben die Proteste eine Stufe erreicht, auf die das Regime reagieren musste - mit der klassischen Mischung von Zuckerbrot und Peitsche: Beileidsbesuch und ein paar Konzessionen auf der einen, Gewalt auf der anderen Seite. Doch Assad hat nicht viel Zeit und keinen großen Spielraum: Für diese Woche ist bereits ein "Freitag der Märtyrer" im ganzen Land ausgerufen.

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