Kommentar Ermittlungen gegen Salvini: Nur ein Sprücheklopfer? Von wegen
Die Lega, die Partei von Italiens Innenminister, hatte schon immer ein gestörtes Verhältnis zum Recht. Aber erst Salvini lässt Worten Taten folgen.
War es bloß Rechtsbeugung oder gar offener Rechtsbruch? Ausgerechnet gegen den Innenminister des Landes, den Lega-Chef Matteo Salvini, ermittelt jetzt Italiens Justiz – wegen Delikten, die es in sich haben: Freiheitsberaubung, illegale Festnahme, Amtsmissbrauch. Denn Salvini hatte, einfach so, 137 Flüchtlinge zehn Tage lang auf einem Schiff der Küstenwache festhalten lassen.
Ein leicht gestörtes Verhältnis zum Recht zeichnet die Lega – früher Lega Nord – schon aus, seit sie in der italienischen Politik unterwegs ist, seit den späten achtziger Jahren also. Der Lega-Gründer Umberto Bossi etwa tönte gerne, mit der italienischen Fahne werde er sich den Hintern abputzen, und drohte auch schon mal, 100.000 brave Norditaliener seien bereit, zu ihren Gewehren zu greifen, um die Sezession des Nordens durchzusetzen.
Doch dem rechtswidrigen Gerede folgten keine Taten, auch nicht in jenen Jahren, als die Lega Nord in den Berlusconi-Kabinetten mitregierte. Das, so scheint es, hat sich jetzt mit Salvini geändert. Aus dem Innenministerium heraus betreibt er, an der Genfer Flüchtlingskonvention, am internationalen Seerecht, an den italienischen Gesetzen vorbei, eine Politik der radikalen Abschottung Italiens.
Dass es im Land einen Flüchtlingsnotstand schlicht nicht gibt – dieses Jahr liegt die Zahl der Ankünfte unter 20.000 –, ist für ihn unerheblich. Schließlich ist ihm jeder einzelne Flüchtling einer zu viel – und kommt ihm zugleich gerade recht, um seine „Italiener zuerst!“-Rhetorik zu befeuern.
So führen Salvinis Eskalationen einerseits zu satten Popularitätsgewinnen, die seine Lega in den Meinungsumfragen von den bei den Wahlen erreichten 17 Prozent auf nunmehr 30 Prozent hochkatapultiert haben. Dem EU-Gegner ist es andererseits aber auch nur allzu recht, wenn die Beziehungen Italiens zur Union immer frostiger werden. Die Hoffnung jedenfalls, Salvini lasse es bei markigen Sprüchen bewenden, kann man wohl beiseitelegen. Dieser Mann meint es ernst.
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