Kommentar Entlassung Harald Range: Neuer Mann, altes Spiel
Range ist das Bauernopfer. Für die umfassende Aufklärung der Geheimdienstskandale der letzten Jahre reicht das nicht.
D er Justizminister, das Innenministerium, das Kanzleramt und selbst Kai Diekmann waren zügig auf Distanz zum Generalbundesanwalt gegangen. So konnte es nur eine Frage der Zeit sein, bis die Ermittlungen gegen Netzpolitik.org wegen Landesverrats Harald Range das Amt kosten würden. Nun will ihn der Justizminister also in den einstweiligen Ruhestand versetzen.
Was Unterstützer der Journalisten vielleicht als Sieg feiern möchten, ist derweil nur eine weitere Nebelkerze, hinter deren Rauchschwaden die Konturen des Sicherheits- und Überwachungsstaates undeutlich zu erahnen sind. Ungeklärt bleibt weiterhin, wie ein politischer Beamter auf die Idee kommen konnte, ein von vorneherein zum Scheitern verurteiltes Verfahren zu eröffnen.
Genug wurde spekuliert über das Kalkül des Bundesanwalts, damit einen Warnschuss in Richtung investigativer Journalisten und potenzieller Whistleblower abzugeben. Genauso plausibel erscheint die These, dass die Ermittlungen gegen netzpolitik.org der Rechtfertigung des Einsatzes unmittelbarer Überwachungsmaßnahmen diente.
Immerhin diese beiden Ziele dürften erreicht sein, ob der Preis des Verlustes eines hohen Beamten zu hoch dafür ist, müssen die Kanzlerin und ihr Kabinett entscheiden. Dass sie nach dem ersten Sturm der Entrüstung nur zu schnell bereit waren, diesen Preis zu bezahlen, ist ein Indiz dafür, dass das Opfer, wenn auch vielleicht nicht zwingend eingeplant, so doch von Anfang an billigend in Kauf genommen wurde. Range hat das Verfahren mit seinem Querschuss gegen Heiko Maas nur noch beschleunigt.
Vom designierten Nachfolger im Amt, dem bisherige Münchener Generalstaatsanwalt Peter Frank, dürfte nun wohl erwartet werden, dass er genauso wie Range die Massenüberwachung durch in- und ausländische Geheimdienste einfach ignoriert und statt dessen alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel einsetzt, jene zu kriminalisieren, die das Informationsinteresse der Öffentlichkeit zu befriedigen suchen.
Der nächste Bundesanwalt sollte nur wissen, dass er bei Gegenwehr der erste sein könnte, der zum Schutz seiner Dienstherren in die Wüste geschickt wird. Die mediale und zivilgesellschaftliche Öffentlichkeit muss derweil überlegen wie sie verhindern kann, lediglich mit Bauernopfern abgespeist zu werden und wie sie endlich die umfassende Aufklärung über den stetig wachsenden Haufen an Geheimdienstskandalen erzwingen kann. Leaks, wie jene die netzpolitik.org regelmäßig publiziert, sind nicht der schlechteste Versuch um das zu erreichen.
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