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Kommentar Ende der NationalstaatenFür eine wahre Union

Nur ein wirklich demokratisches, konsequent nachnationales Europa hat Zukunft. Euroland könnte so zu einem Magneten werden.

Der Euro wird ohne Überwindung nationalstaatlicher Strukturen nicht zu halten sein, sagen Guérot und Menasse. Bild: dpa

E uropa ist in einem unproduktiven Widerspruch gefangen: Das derzeitige System der EU, die institutionalisierte Blockade europäischer Politik durch die stete Rücksicht auf die Fiktion nationaler Interessen, kann nicht die Lösungen hervorbringen, die der Euro zum Überleben braucht. Aber das System ist auch nicht in der Lage, sich zu reformieren. Wo der Weg zu politischen Lösungen versperrt ist, regiert die Technostruktur, wächst der Unmut der Bürger und zeigen die Umfragen, dass die Wähler in Scharen zu den populistischen Parteien überlaufen.

Der Euro als erste transnationale Währung der Moderne war eine kühne Entscheidung. Der Euro garantiert den Wohlstand Europas und auch Europas Souveränität im globalen Kontext. Doch ohne die Überwindung der nationalstaatlichen Strukturen innerhalb der Eurozone wird der Euro nicht zu halten sein. Denn der Euro ist eine transnationale Währung ohne transnationale Demokratie.

Diese nachnationale Demokratie für die Eurozone zu gestalten ist die Aufgabe der nächsten Dekaden, wobei vor allem der Begriff der Solidarität nicht mehr an den veralteten Begriffen von Nationalstaatlichkeit und nationaler Souveränität gekoppelt sein kann. Es geht um die Erfindung einer europäischen DemoIkratie mit großem I. Es geht um die Organisation einer europäischen Zivilgesellschaft. Es geht um die Dehomogenisierung von nationalen Diskursen. Die deutsche Meinung gibt es ebenso wenig wie die französische, die finnische oder die portugiesische.

Die Autoren

Ulrike Guérot, Jahrgang 1964, ist Politikwissenschaftlerin. Derzeit beschäftigt sie sich für die Open Society Initiative for Europe mit Ideen für die Zukunft der europäischen Demokratie.

Robert Menasse, Jahrgang 1954, ist ein österreichischer Schriftsteller und Essayist und derzeit Fellow der Mercator Stiftung. 2012 erschien von ihm im Verlag Paul Zsolnay „Der Europäische Landbote. Die Wut der Bürger und der Friede Europas oder Warum die geschenkte Demokratie einer erkämpften weichen muss“.

Die komplette Fassung des Manifests der Autoren

.

Das Bestehen auf der Fiktion nationaler Interessen innerhalb einer nachnationalen Entwicklung produziert diesen unproduktiven Widerspruch, der zu keiner vernünftigen Synthese führen kann, bei der die zivilgesellschaftliche Stimme und die Interessen der Bürger aber meistens zu kurz kommen.

Sind wir bereit?

Es geht darum zu erkennen, dass nationale Demokratie so nicht mehr, aber europäische Demokratie so noch nicht funktionieren kann. Und damit geht es um die einzig wichtige Frage, die allen europäischen Bürgern und nicht den Staaten gestellt werden muss: Sind wir bereit und willens, ein wirklich demokratisches, das heißt konsequent nachnationales Europa zu entwickeln? Sind wir bereit, auf der Grundlage des Gleichheitsprinzips der europäischen Unionsbürgerschaft – beginnend mit der Eurozone – ernsthaft zum Beispiel über eine europäische Arbeitslosenversicherung zu diskutieren? Oder über gleichwertige europäische Arbeitsbeziehungen, die den schon längst existierenden, transnationalen Sozialzusammenhängen entsprechen? Sind wir bereit, über gemeinsame Steuern und gleiche Bemessungsgrundlagen zu sprechen?

Würde man Euroland als gemeinsame Volkswirtschaft verstehen, was es längst ist, dann könnte über Transfersysteme nachgedacht werden, die einen Finanzausgleich von einem immer bevorzugten Zentrum zu einer immer benachteiligten Peripherie herstellen würden; oder von städtischen zu ländlichen Regionen, die heute staatenübergreifend von Strukturproblemen betroffen sind.

So ist auch der Begriff Export innerhalb der Eurozone irreführend, bestimmt aber derzeit die Diskussion über die Handelsungleichgewichte. Ebenso wenig wie Exporte zwischen Hessen und Brandenburg gemessen werden, so wenig sollten dies zwischen Deutschland und Spanien Fall sein. Es gibt eine in 18 Staaten gültige einheitliche Währung, aber weiterhin 18 nationale volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen und nationale Haushalte, die der Souveränität der nationalen Parlamente unterliegen.

Unproduktiver Widerspruch

Das ist der unproduktive Widerspruch, der nur eines produzieren kann: Krise! Euroland ist längst Binnenland, nur eben im (sozial)politischen Raum der nationalen Parlamente und Staatshaushalte noch nicht. In der bisherigen Euro-Governance-Struktur müssen die einzelnen nationalen Volkswirtschaften etwa mit Blick auf Produktivität, Export oder Wachstum gleichsam „gegeneinander antreten“: den Staaten werden detaillierte Ziele für Wachstum vorgegeben, die sie auf ihre Art und Weise erreichen sollen, ohne dass aber innerhalb der Eurozone ein einheitlicher ordnungspolitischer Rahmen gegeben ist, zum Beispiel bei der Steuer- oder Sozialpolitik. Es kann nicht funktionieren! Die Eurozone braucht eine europäische Ordnungspolitik!

In Anlehnung an die Vorschläge der Glienicker und Eiffel-Gruppe sowie an das Manifest von Thomas Piketty für eine politische Union könnte so ein zukunftsfähiges Konzept für die Eurozone aussehen, dem die anderen EU-Staaten sukzessive beitreten könnten: Die Eurozone verfügt über ein gemeinsames Budget von etwa drei bis sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Eurozone. Es gibt eine europäische Arbeitslosenversicherung. Der europäische Rettungsschirm ESM wird zu einem europäischen Finanzministerium, dem ein Eurozonenparlament gegenübersteht, das Initiativrecht und volles Budgetrecht erhält.

So könnte die Eurozone zu einem kräftigen Magneten für die anderen Länder der Europäischen Union werden, die dieser Eurodemokratie mit der Zeit beitreten können. Einer starken europäischen Legislative stünde eine europäische Exekutive gegenüber. Das demokratische System der Eurozone würde sich in Richtung Gewaltenteilung mit einem parlamentarischen Zweikammersystem bewegen. In einem solchen Aufbau wäre die europäische Demokratie endlich horizontal angelegt: europäische Legislative versus Europäische Exekutive. Er wäre nicht mehr vertikal: Nationalstaat versus Europa.

Sind wir bereit, den europäischen Schatz der Französischen Revolution ernst zu nehmen, der da sagt: Liberté, Egalité, Fraternité? Sind wir bereit, durch eine europäische Demokratie den Gleichheitsgrundsatz endlich zu verwirklichen, also die ungleich mächtigen Nationen Europas zu überwinden, die den Bürgern Europas ungleiche Chancen geben? Es ist höchste Zeit, darüber nachzudenken, wohin wir die europäische Idee im 21. Jahrhundert weiterentwickeln wollen, wenn sich das bisherige System endgültig systemisch erschöpft haben wird!

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27 Kommentare

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  • "Der Euro garantiert den Wohlstand"? Das dürfen die Bewohner des Mittelmeerraums wohl etwas anders sehen.

    Und gerade die EU- und Eurofanatiker haben sich nicht gerade als Demokraten erwiesen, ganz im Gegenteil. Nach objektiven Maßstäben ist der Euro gescheitert, auch wenn diese Erkenntniss schwer fällt.

  • Nationale Interessen und ihre Konkurrenz werden weder durch eine „Eurodemokratie“ legitimierbar, unsichtbar, wirkungslos noch durch eine europäische Ordnungspolitik abgeschafft.

    „Europäische Arbeitslosenversicherung“, „europäischer Rettungsschirm“ drücken deshalb auch den „unproduktiven Widerspruch“ von einer Erfindung „europäischer DemoIkratie“ aus.

    Denn nicht deren Fehlen ist Ursache nationaler Interessen und ihrer Konkurrenz.

  • Diese ganzen Traumtänzereien gehen m.E. von einer völlig unrealistischen Grundannahme aus, die da lautet: Die Deutschen MÜSSEN (wollen?) nur ihren Wohlstand, der in den avisierten Vereinigten Staaten von Europa (oder reicht ein Bundesstaat überhaupt noch?) einfach so weiter sprudelt, teilen und alles wird gut. Das setzt aber voraus, dass eine entsprechende wirtschafts- und Sozialpolitik gemacht wird, also eine wie bisher hier. Die Stimmmehrh in allen maßgeblichen europ. Institutionen liegt aber bei den Länderen, die für eine ganz andere Politik stehen, welche nicht zuletzt an deren aktueller Situation mit Schuld ist. Diese Rahmenbedingungen würden dann aber auch hierzulande gelten, mit welchen Folgen?

    • @willanne:

      I.Ü. gebe ich meinem Vorredner Recht, es fehlt an einer europäischen Identität, die aber kann man nicht so einfach verordnen und auch nicht gegen die von wohl den meisten (das wird hier sicher bestritten) empfundene nationale Identifikation verordnen. Herbeischreiben wohl auch nicht, jedenfalls nicht mit i haltsleerem Geschwafel...

    • @willanne:

      Stimmmehrheiten sollte das heißen

  • Ein Artikel leider aus dem Elfenbeinturm! Nationen und nationale Identitäte sind in Jahrhunderten entstanden und sie können nicht einfach durch Verienigungen abgeshafft werden. Adenauer und de Gaulle wollten ein Europa der Vaterländer- das war richtig und klug. Alle Staatenbünde, die völlig unterschiedliche Nationen zusammengeschlossen haben, sind gescheitert. Wenn die EU da nicht aufpasst, scheitert sie auch.

    • @Tupaq:

      Welche Nationalstaaten in Europa bestehen denn in der Form, wie sie heute bestehen seit Jahrhunderten?

       

      Da fällt mir maximal Spanien und Portugal ein, wenn ich mal von den Kolonien absehe. Alle anderen, selbst Frankreich (Elsaß/Lothringen und Saarland) sind immer wieder verändert worden. Vor und nach dem Wiener Kongress. Aber evtl. übersehe ich da welche.

      • @Age Krüger:

        Mit Abstrichen: Die skandinavischen, FRANKREICH, England, auch GB, die Schweiz, Österreich, auch wenn es mal größer war, der Vatikan, Lichtenstein, Polen, immer mal wieder...

  • Der Nation braucht man natürlich keine Träne nachweinen . Sie war von Anfang an ein blutbesudeltes Konstrukt der kapitalistischen Konkurrenz , der sozialen Repression und der Ausgrenzung in jeder Hinsicht . Das falsche "Wir" hatte immer der Desorientierung und Domestizierung sozialer Bewegungen gedient , um die Opfer der "schönen Maschine" an eine irrationale Loyalität zu ketten . Im blinden Naturprozess des weltumgreifenden Krisenkapitalismus zersetzen sich jetzt Nation und Nationalstaat : das transnational agierende Kapital entzieht ihnen zusehends die sozialökonomisch notwendigen Grundlagen . An die Stelle des "Wir" tritt das ökonomische Terrorsystem der Betriebswirtschaft ... und dessen Folgen .

  • "Es geht um die Erfindung einer europäischen DemoIkratie mit großem I"

     

    Der Plural "demoi" mit großem I macht´s besser, wie?

    Aus Volksherrschaft wird Völkerherrschaft? Toll. Was wird aus dem Verb "kratein". Machen wie ein Substantiv im Plural draus? "VölkerherrschafteN" oder "DemoIkratieN" Ich krieg nen Lachkrampf, mich legt´s grad um. Ich muss mal rausgehen. Waldluft schnuppern und so.

  • Der Wohlstand "Europas" ist egal. Ebenso wie mir der Wohlstand Deutschlands, Spaniens oder Lummerlands egal ist. Mich interessieren die Menschen dort.

    Und in diesem Kommentar zeigt sich mal wieder, dass derjenige, der nicht von den Menschen dort redet, also eine Alternative für Deutschland oder hier mal eine Alternative für Europa wünscht, damit immer nur das Kapital des Wirtschaftsraumes meint.

    Eine einheitliche Währung nützt dem Kapital, da dadurch die Möglichkeit wegfällt, dass unrentable Wirtschaftszonen durch Abwertung der Währung ihre weniger produktiven Betriebe erhalten und sie dann den anderen immer noch Konkurrenz machen können. Sowas ist ärgerlich z.B. für das deutsche Kapital, das sich doch soviel Mühe gegeben hat durch Lohn- und Sozialdumping aus der BRD ein großes China für die Arbeitnehmer zu machen oder im sozialen Bereich wenigstens annähernd an die USA und Lateinamerika heranzukommen mit im Müll wühlenden Rentnern, die nur so überleben können.

     

    Ich habe selten einen so unqualifiziertes Zeug gelesen wie in diesem Artikel. Eine Einheitlichkeit würde erst mal durch eine gemeinsame Sprache entstehen. Wenn es keine deutschen, französischen oder finnischen Interessen mehr geben würde, wie die Autoren behaupten, warum schreiben dann die Zeitungen wie die BILD nicht in finnisch? Weil die Kapitalinteressen immer noch per Sprache über die Medien vermittelt werden- Ansonsten wären die griechischen Arbeitnehmer nicht mehr gegen die deutschen auszuspielen.

     

    Einverstanden bin ich nur mit dem Vorschlag, die Nationen sofort zu zerschlagen (Schottland, Katalanien und evtl. auch die Ukraine gehen ja diesen Weg. Viel Erfolg!).

    Ich fühle mich als jemand, der an der NL-Grenze lebt, wesentlich eher in der Lage, die Mentalität der Menschen in Drenthe nachzuvollziehen als die der Sachsen oder Bayern. Mit den Niederländern kann ich ohne Schwierigkeiten eine Währungs-, Finanz- und Sozialunion eingehen.

    • @Age Krüger:

      "Ich habe selten einen so unqualifiziertes Zeug gelesen wie in diesem Artikel. "

      Was will man machen !? In d e m Stil werden von "Experten" Bestseller geschrieben ! Und die dann auch noch bei der Taz ein Forum bekommen , sprich : beworben werden .

      Worüber i c h nicht aus dem Staunen heraus komme ist : die Autoren (und auch dieser Thomas Picketty) scheinen keinen Schimmer davon zu haben , wie Kapitalismus funktioniert ! Als hinge es von politischen Willensentscheidungen von einigen Ober-Machern ab , an bestimmten Schrauben zu drehen , um endlich den globalen Krisenkapitalismus wieder flott zu machen , hinaus aufs offene Meer von Wachstum , Arbeit ,"Wohlstand für alle". Als hätte die Welt bis ins sechste Jahr nach Beginn der Krise darauf gewartet , dass diese (pardon) Klugscheißer mit ihrem Weltrettungskonzept aus den Büschen kommen !

      • @APOKALYPTIKER:

        Das lässt sich sehr einfach erklären, wenn man mal einen Blick auf die Wiki-Seite der Organisation wirft, für die diese Guérot arbeitet: Das "Open Society Institute". Das ist nach seiner eigenen Webseite von einem ungarischen (!) Spekulanten(!) gegründet worden, um Länder aus dem ehemaligen Ostblock in den Kapitalismus zu führen. Es steht da auch btw: "Der OSF ist vollständig die International Renaissance Foundation in der Ukraine unterstellt. Diese finanzierte Gruppen der Euromaidan-Opposition, die dem Prawyj Sektor zuzuordnen sind." (Prawy Sektor = Rechter Sektoir)

         

        Man muss also nur schreiben, was dem Kapital gefällt und auch nur die geringste volkswirtschaftliche Bildung ist nicht mehr notwendig, um einen Job in einem Nazinahen Institut zu bekommen und damit in der TAZ erscheinen zu dürfen.

         

        Ich hoffe, dass die TAZ nicht noch Geld dafür bekommt, dass sie sowas veröffentlicht. Zumindest finde ich es seltsam, dass die TAZ so etwas veröffentlicht ohne vorher zu recherchieren, aus welcher Ecke das kommt. Das kommt natürlich gut angesichts der ganzen Debatten der letzten Wochen, in denen der TAZ auch unterstellt wurde, Propaganda für diese Maidan-Bewegung zu machen.

    • D
      D.J.
      @Age Krüger:

      "Einverstanden bin ich nur mit dem Vorschlag, die Nationen sofort zu zerschlagen (Schottland, Katalanien und evtl. auch die Ukraine gehen ja diesen Weg. Viel Erfolg!)."

       

      Diesen Satz einschließlich eingeklammertem Teil verstehe ich leider nicht, Ake. Vielleicht würde mir Ihre Definition von "Nationen" helfen. Meinen Sie größere Nationalstaaten mit Neigung zur Assimilation von Minderheiten? Dann könnte ich Ihnen gut folgen.

      • @D.J.:

        Richtig, ich meinte eher Nationalstaaten. Hier halte ich aber die Assimilation der Minderheiten für nicht das ausschlaggebende Kritierium (zumindest nicht im Sinne der Assimilation im Sinne von Angleichung), sondern eben die kulturelle Herkunft, die eben doch in einem Großstaat wie der BRD zu unterschiedlich ist, als dass man sich hier auch kulturell einigen könnte. (Oder es folgt eben eine Assimilation im o.g. Sinne.) Wenn man eh in einer größeren Einheit wie einem Kontinentalverband bestimmte Entscheidungen treffen muss, die nur da zu treffen sind, sollte die unnötige Verwaltungszwischenebene wie Nationalstaaten entfallen bzw. neu geordnet werden.

  • "Der Euro garantiert den Wohlstand Europas"

     

    Deswegen haben Engländer diesen nie angenommen und halten 2017 ein Referendum über den EU-Ausstieg ab :-)

     

    Deswegen immer der Schrei nach der deutschen Führungsrolle?

     

    http://www.economist.com/news/leaders/21579456-if-europes-economies-are-recover-germany-must-start-lead-reluctant-hegemon

     

    Germany, ziem dich nicht so! Nehm die Führungsrolle an! Wir steigen eh aus und überlassen dir Bundesstaat Europa! Ja, ja, die Seiten http://www.ecfr.eu/ und http://www.cfr.org/ ähneln sich von der Machart schon sehr.

     

    Wär auch zu schön gewesen wenn das geklappt hätte. Ukrainethema, Putinbashing, alle gehen wählen "Wir-Europa-United in Bälde under German leadership" :-)

  • "Der Euro garantiert den Wohlstand Europas"

     

    Wie ist es möglich, dass ein solcher Satz heute noch gesagt werden kann, ohne dass einer dabei rot wird vor Scham?

     

    Ich rate den beiden Autoren dringend, sich einmal die Situation der Menschen in Ländern wie Spanien, Griechenland und Portugal anzusehen, statt in Brüssel mit wohlgenährten Funktionären abzuhängen.

     

    Schon gewusst? In einigen Ländern Südeuropas ist der Selbstmord mittlerweile die häufigstes Todesursache...

     

    Aha, und jetzt soll also für die Rettung des Euros der Nationalstaat aufgegeben werden. (So als gäbe es einen logischen Zusammenhang.)

     

    Dass die Deutschen mit der Idee der Nation so ihre Probleme haben und sich gerne von dieser Bürde befreiten wollen - geschenkt.

     

    Nur - ob die anderen (Franzosen, Spanier, Italiener etc.) wohl auch so jungmädchenhaft ins Schwärmen kommen über die Vision der "Vereinigten Staaten von Europa"?

     

    Um das zu erfahren, sollte man sie vorher vielleicht mal fragen.

     

    DAS wäre immerhin ja mal eine Neuheit in dem ach so demokratischen Europa, das uns mit der Bologna-Reform, der "Energiesparbirne", Genmais, dem Euro und demnächst mit dem Freihandesabkommen beglückt

     

    - ganz ungefragt.

  • D
    D.J.

    Der Nationalstaat ist weltgeschichtlich gesehen eine sehr junge Idee. Anfänglich sogar mal eine eher liberale und keineswegs konservative. In der Umsetzung leider oft eine zutiefst mörderische. Denn das Wir-Gefühl hat seinen Preis. Wie bei Religionen.

    Darum war und ist mir der Gedanke starker übernationaler Einheiten stets sympathisch - jedoch verbunden mit starken Regionen gegen einen nunmehr hypernationalen Nationalismus!

     

    Dennoch: Wer behauptet: "Der Euro garantiert den Wohlstand Europas", sollte das doch bitte sehr begründen, sonst besteht die Gefahr, dass man sich über ihn/sie ebenso lustig macht wie über Merkels "Scheitert der Euro..." Er/Sie hat angesichs einer EG/EU, die jahrzehntelang ohne Euro auskam und in zahlreichen Ländern immer noch auskommt, dafür die Bringschuld.

    • @D.J.:

      "zutiefst mörderische idee": diese gefahr kann theoretisch nur bei grösseren nationalstaaten bestehen, bei mittelmächten; bei kleineren scheidet jede ernstzunehmende aggression nach aussen mangels masse aus.

       

      idealerweise fällt beim nationalstaat sprache (und damit wesentlich auch kultur und mentalität) zusammen mit organisationstruktur und politischer willensbildung. man kann beim nationalstaat also von der grössten sinnvollen verwaltungseinheit sprechen.

      supranationale ebenen darüber können und sollen eine ergänzung sein, den nationalstaat aber niemals ersetzen. die auflösung des eigenen in eine art verwaltungsbezirk europa mitte ist eine spezifisch deutsche marotte, der kein anderes europäisches land folgt.

  • Der Kommentar erinnert mich an Bilder der sog. Naiven . Hier haben sich zwei Naive (Wunschdenker , Wolkenkuckucksheimer) zusammengetan und ein Bild von EU-Europa gemalt , das an keiner Stelle die Wirklichkeit berührt und auch nie berühren wird .

  • Oh, das sind aber Meldungen über das geplante Europa. Ulrike Guérot https://en.wikipedia.org/wiki/Ulrike_Gu%C3%A9rot, direkt aus dem German Marshall Fund of the United States Washington, hi, hi. Ja, man unterhält auch anderwo seine Büros. Auch im European Council on Foreign Relations tätig, ho, ho. Ob es da Verbindungen zum Council on Foreign Relations (CFR) gibt? Global Governance http://www.cfr.org/global-governance/trichet-global-governance-today/p21987?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A%2Bcfr_main%2B%28CFR.org%2B-%2BMain%2BSite%2BFeed%29

    Ein Bundesstaat Europa. Da arbeitet Frau Guérot bereits am Manifest http://diepresse.com/home/presseamsonntag/1379843/Manifest-fur-die-Begrundung-einer-Europaeischen-Republik

    Wir sind begeistert!

  • Meine Antwort ist nein.

    Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Nationen ist viel zu groß, ob bei den Löhnen, Renten oder Sozialleistungen. Das kann nicht per Gesetz und Transferleistung angepasst werden, das Bedarf einer langen Zeit (s. Euro). Wo der Vorteil liegen soll, außer für die wachsende Gewinne der Konzerne ohne Beteiligung der Belegschaften?

  • "Die deutsche Meinung gibt es ebenso wenig wie die französische, die finnische oder die portugiesische."

     

    Super, Schweinchen-Schlau, ich bin sehr gespannt auf die Ausformulierung der europäischen Meinung.

     

    Der Artikel läuft ziemlich ins Leere.

     

    "Der Euro garantiert den Wohlstand Europas und auch Europas Souveränität im globalen Kontext."

    - Wohlstand für die Exportländer (bzw. deren Wirtschaft) sicher; Souveränität? Ein Europa, das Großbritannien einschließt, wird nie souverän sein, ein Europa, das so groß ist, nie handlungsfähig.

     

    "Doch ohne die Überwindung der nationalstaatlichen Strukturen innerhalb der Eurozone wird der Euro nicht zu halten sein."

    - Ist das ein Übersetzungsfehler? Natürlich ist der Euro zu halten, egal bei welcher Krise.

     

    "Denn der Euro ist eine transnationale Währung ohne transnationale Demokratie."

    - Wieso "denn"? Braucht der Binnenmarkt auf einmal Demokratie zum Bestehen? Da besteht kein Kausalzusammenhang. Es wäre allerdings schön, wäre die EU (ou UE, dans le texte original) etwas mehr als ein Binnenmarkt.

     

    Aber: Mit wem soll man diese "Europa" denn bauen? Anders; chère madame Guérot, cher monsieur Menasse, avec qui devons "nous" - les Allemands - construire cette Europe? Mit Franzosen und Briten etwa? Überwindung der Nation als primärem Bezugssystem (siehe E. Hobsbawm; B. Anderson etc.) während Belgien tief gespalten ist und der Begriff "Briten" seinen letzten Wert grade verliert? (Es müsste jetzt heißen "Engländer und Anglo-Waliser + Nordiren und Schotten" - jeweils mit -Innen, pardon)

     

    Bleibt die Frage: was ist Europa und wer hat sich das ausgedacht?

     

    Beste Grüße

  • Die Idee Europas ist richtig und trägt zur Verständigung und Zusammenarbeit bei. Föderale Strukturen, die sich auch im EU-Parlament bemerkbar machen, sind aber sehr sehr wichtig, damit alle Länder, vor allem auch die kleineren, zum Zug kommen. Insofern gefällt es mir nicht,wenn es

    "Die deutsche Meinung... ebenso wenig (gibt) wie die französische, die finnische oder die portugiesische." All diese Meinungen zu hören trägt zu einer echten Demokratie bei. Mag sein, dass es schwieriger ist einen Konsens zu finden. Aber Europa ist nun mal ein Flickenteppich aus vielen verschiedenen Mentalitäten und kulturellen Eigenheiten. Wenn diese Mentalitäten und kulturellen Eigenheiten verloren oder verwischt würden, dann hätten wir eher nordamerikanische Verhälnisse. Eine Gleichbehandlung der Menschen besteht für mich darin die verschiedenen Mentalitäten und kulturellen Eigenheiten zu berücksichtigen. Wenn man so will entspricht das auch einer natürlichen Gewaltenteilung. Ich finde das gut so.

    • @Biggi:

      Der vielfache Missmut gegenüber der EU geht schon vielfach auf die zu starke Vereinheitlichung innerhalb der EU zurück. Gerade diese Vereinheitlichung führt zu einer Stärkung von Rechtspopulisten die die Schafe mit Argumenten wie "die da oben im fernen Brüssel entscheiden über dich da unten..." einfangen. Genauso wie Menschen in einer Stadt, einem Dorf, einer Kommune usw. Entscheidungen vor Ort oft besser treffen können, weil sie eben vor Ort leben und die Menschen vor Ort verstehen, Teil dieser Menschen sind und dazugehören, so verstehen Entscheidungsträger vor Ort in Portugal, Spanien, Griechenland etc., fernab von der Brüsseler Bürokratie die Menschen besser als ein Beamter, der das Land nur von Zahlen, Landkarten, vielleicht einem Urlaub kennt. Eine zu starke Vereinheitlichung würde bestimmt zu einer noch stärkeren Abwehr als Gegenreaktion führen, was sich dann in krankem Nationalismus und Volkstümelei ausdrücken kann, da sich die Menschen ihrer eigenen Identität beraubt fühlen - was sich ja auch beobachten lässt. Ich fände es schöner, wenn man Identitäten, Mentalitäten und kulturelle Eigenheiten miteinander teilt anstatt zu versuchen diese gleichzurichten. Diese Gleichrichtung oder Normierung findet aber statt. Das beginnt bei der Gurkenkrümmung, oder dass der Franzose gefälligst die gleiche Menge Salz ins Brot zu tun habe wie anderswo in der EU. Wenn der Franzose aber gerne eine andere Gurke hat, oder ihm das Brot eben anders schmeckt usw.?! Genau da fangen für mich die Probleme an. Zu starke Normierung und Vereinheitlichung führt zwanghaft zur Abwehrhaltung, weil die Menschen das Gefühl haben, ihnen würde etwas übergestülpt.

      • @Biggi:

        "Für eine wahre Union". Das "große" Vorbild soll eventuell die USA sein. Die Neue Welt musste aber erst von den Europäern (blutig) erobert und besiedelt werden. Der Zusammenschluss, die Kooperation, eine Union waren hier hilfreich um sich besser zu behaupten und seine Kultur oder Leitkultur zu installieren. Die USA oder auch Burgerkultur. Soweit das Auge reicht Fastfood. Europa beherbergt aber Kulturen die weit vor die Antike reichen. Eine Leitkultur muss nicht errichtet werden und würde auf Widerstand stoßen, da sich ein Grieche seiner Kultur bewusst ist, auch ein Italiener etc. und diese nicht zum Wohle einer zu errichtenden belgischen Frittenbudenkultur aufgeben will, die sein kulturelles Empfinden vielleicht mehr verletzt als ihm Gutes zu tun.

  • "Der Euro garantiert den Wohlstand Europas "?!?!? Das sehen aber meine griechischen Freunde ganz anders. Ich glaube dem Autor wäre gut daran getan, nicht nur alles nachzuplappern, sondern mal einen Grundkurs in Volkswirtschaft zu besuchen oder eben die Südländer selbst...

    Und ein Transfersystem als Lösung anzubieten, empfinde ich als sehr vermessen. Meine Freunde zumindest wollen keine Almosen, sondern Arbeit!!