Kommentar El Salvador: Guatemala kann es besser

Kriegsverbrecher haben in El Salvador nichts zu befürchten. Weder das Oberste Gericht noch der Präsident sind an ihrer Verurteilung interessiert. Der Nachbar macht's anders.

Kaum zu glauben, dass in El Salvador vor zwei Jahren ein angeblich "historischer" Machtwechsel stattfand, als der Kandidat der ehemals linken Guerilla FMLN zum Präsidenten gewählt wurde. Dass die Ultrarechte, die das Land zwanzig Jahre lang regiert hatte, das akzeptierte, nahm man zum Zeichen dafür, dass die mörderische Polarisierung des Bürgerkriegs (1980 bis 1992) endgültig überwunden sei und es nun Demokratie und Rechtsstaat gebe.

Doch immer, wenn es darauf ankommt, zeigt sich: So viel geändert hat sich nicht. Die Schlächter von gestern gelten noch immer als Ehrenmänner.

Wie anders soll man den Freibrief des Obersten Gerichtshofs zugunsten von neun ranghohen Militärs verstehen, die 1989 ein Massaker an der damals regierungskritischen Jesuiten-Universität angeordnet und ausgeführt hatten? Weil sie in El Salvador nicht belangt werden, sucht sie ein spanischer Richter mit internationalem Haftbefehl, um sie in Madrid vor Gericht zu stellen.

Es reichte aus, dass sich die neun in einer Kaserne verschanzten und ihre Waffenbrüder damit drohten, den Friedensvertrag von 1992 zu vergessen - und schon kuschte das höchste Gericht und entschied: Der Haftbefehl wird nicht ausgeführt, Kriegsverbrecher haben in El Salvador nichts zu befürchten.

Der Präsident wäscht seine Hände in Unschuld und sagt, das sei eine Sache der Justiz.

Im Nachbarland Guatemala, wo das Justizwesen noch korrupter ist als in El Salvador, wurden Anfang August vier Exmilitärs wegen eines Massakers zu über 6.000 Jahren Haft verurteilt. Eine ganze Handvoll ehemaliger Polizeichefs sitzt wegen Menschenrechtsverletzungen und Korruption im Gefängnis, ein Expräsident in Auslieferungshaft, ein ehemaliger Generalstabschef wartet auf seinen Prozess wegen Völkermord. El Salvador sollte sich daran ein Beispiel nehmen.

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1956 im Hohenlohischen geboren. Hat beim Schwäbischen Tagblatt in Tübingen Journalismus gelernt und dort als Redakteur fast zehn Jahre lang ausgeübt. Danach war er vier Jahre Journalismusprofessor an der Zentralamerikanischen Universität in San Salvador, acht Jahre Korrespondent für Mittelamerika und die Karibik für taz (Berlin) und Weltwoche (Zürich) und vier Jahre Auslandsredakteur beim Schweizer Nachrichtenmagazin Facts. Von 2006 bis 2009 bei der Reportage-Agentur Zeitenspiegel, zuletzt als Mitglied der Geschäftsführung. Er ist Dozent an der Zeitenspiegel-Reportageschule Günter Dahl in Reutlingen und der Burda Journalistenschule in Offenburg. 1987 wurde er mit dem Theodor-Wolff-Preis ausgezeichnet. 2010 Mitgründer von latinomedia - Büro für Journalismus. Er betreut seither das latinomedia-Büro Tübingen und pendelt zwischen Deutschland und Lateinamerika.

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