Kommentar Einigkeit von Pegida und AfD: Alle müssen weg
Der gemeinsame Auftritt von Pegida und AfD am Montagabend in Dresden war keine Demonstration der Einigkeit – sondern der Zwietracht.
Getrennt marschieren, vereint schlagen!“ Seit der Schlacht von Königgrätz 1866 gilt dieses Moltke-Zitat als geflügeltes Wort. Mit ihrer „historischen“ Einigkeitsbekundung vom Montag in Dresden scheinen die Rechtsaußen des deutschen Meinungsspektrums dieser preußischen Strategie folgen zu wollen. Nur ein paar Meter zwischen zwei Lautsprecherwagen trennten AfD und Pegida noch, und die Hinweise auf den Unterschied zwischen einer Bürgerbewegung und einer Partei klangen sehr bemüht.
Eine Demonstration der Stärke aber war das nicht. Der Verlauf der gemeinsamen Kundgebung mit der Beschwörung einer künftigen Bundestagsmehrheit der AfD klang eher wie das sprichwörtliche Pfeifen im Walde. So, wie die Behauptung des AfD-Seniors Alexander Gauland am vergangenen Wahlsonntag, die Flügelkämpfe der AfD seien mit dem Kölner Parteitag ausgestanden.
Nichts weniger als das. Die Verlobung von AfD und Pegida am 8. Mai in Dresden ließ geradezu körperlich spüren, wie relevante Teile der Parteibasis dem Petry-Flügel immer dreister in den Rücken fallen. Frauke Petry gilt ihnen als Bremserin des unaufhaltsamen Rechtsdralls der AfD und muss deshalb weg, wie auf dem Neumarkt vor der Frauenkirche zu hören war. Alle müssen „weg“, die dem „gesunden Volksempfinden“ einen Funken Ratio entgegensetzen.
Das hätte sich Frauke Petry wohl nie träumen lassen, dass sie mal mit Kanzlerin Merkel gemeinsam eine Zielscheibe abgeben würde. Wie lange wird sie diesem AfD-Trend noch trotzen? Das Potenzial für diesen Trend hatte übrigens einer schon 2011 erkannt, der zuerst als NPD-Bundesvorsitzender und dann als Kneiper auf Mallorca scheiterte. Holger Apfel meinte mit seinem Schlagwort von der „seriösen Radikalität“ genau diesen bieder-spießigen Extremismus der Mitte, den er für seine Partei gewinnen und sie damit vom Image der Nazi-Schlägertruppe wegführen wollte.
Von Pegida und ihrer wöchentlichen „Widerstandsparty“ mit knapp 2.000 Stammgästen aber nimmt auch kaum jemand noch Notiz. Sogar der „Lügenlutz“ sollte schon mal weg, als der Tatjana-Festerling-Flügel von Pegida gegen Pegida demonstrierte. Wer bleibt eigentlich übrig, wenn alle, die „wegmüssen“, entsorgt sind? Hoffentlich ein paar Demokraten!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands