Kommentar Ehec-Entschädigung: Keinen Cent für den Handel!
Die Konzerne und ihr Handelsverband Deutschland müssen sich auf eines der Grundprinzipien des freien Unternehmertums besinnen: Jede Investition birgt ihr Risiko.
W enn Konzerne nach dem Staat schreien, sollte man misstrauisch werden. Zum Beispiel jetzt: Derzeit fordern Lebensmittelhändler wie Metro, Lidl und Rewe Entschädigungen, weil sie weniger Gemüse verkauft haben, das als Überträger des Darmkeims Ehec in Verdacht stand.
Die Konzerne und ihr Handelsverband Deutschland müssen sich auf eines der Grundprinzipien des freien Unternehmertums besinnen: das Risiko, das jede Investition mit sich bringt. Zum Risiko eines Lebensmittelhändlers gehört es eben auch, dass er wegen Infektionsgefahr durch Gemüse weniger verkauft.
Sicher, die Ehec-Warnung der Behörden vor rohen Gurken, Tomaten und Salaten hat sich später als falsch herausgestellt. Aber nach dem damaligen Wissensstand über die Quellen der Infektion war sie gerechtfertigt. So kann der Handel also seine Forderung nicht begründen.
Etwas anderes wäre das, wenn wegen der Warnungen reihenweise Händler pleite gehen würden. Das würde die Konzentration in der Branche fördern, den Wettbewerb schmälern und so dem Verbraucher schaden. Dann gäbe es ein gesellschaftliches Interesse an Entschädigungen für den Handel.
Doch die Konzentration in der Branche war schon weit vor Ehec so hoch, dass der Markt von einer Handvoll Großkonzernen beherrscht wird. Sie machten 2009 jeweils 42 bis 66 Milliarden Euro Umsatz. Es gibt so gut wie keine kleinen Händler mehr, die eine Gemüsewarnung in den Ruin treiben könnte.
Bei den Bauern ist das anders, weshalb die EU vor kurzem Hilfen beschlossen hat. Aber kleine Landwirte sind nicht große Konzerne. Metro, Lidl und Rewe werden wegen Ehec nicht pleite gehen - und deshalb sollte der Staat ihnen wegen Ehec keinen Cent zahlen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trotz widersprüchlicher Aussagen
Vermieter mit Eigenbedarfsklage erfolgreich
Inhaftierte Antifaschist*in in Ungarn
Maja T. tritt in den Hungerstreik
Greta Thunbergs Soli-Aktion mit Gaza
Schräger Segeltörn
Eklat wegen Palästina-Shirt im Bundestag
Schockiert doch mal!
Klingbeils Pläne für Dienstwagen
Neue Vorteile für dicke Autos
Aktion der Neuen Generation
Klimaaktivist:innen blockieren Springer