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Kommentar EU-ReformpläneRiskante Kapitulation

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

EU-Ratspräsident plant verbindliche Verträge, in denen sich die Mitgliedsstaaten zu Reformen verpflichten. Eine Lösung der Krise wird damit verhindert.

D as Interessanteste am neuen Fahrplan für die Zukunft der Eurozone, den EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am Donnerstag vorgelegt hat, ist, was darin plötzlich fehlt. Noch im Oktober hatte Van Rompuy einen weitreichenden Entwurf präsentiert, der neben schärferer Bankenaufsicht langfristig auf eine gemeinsame Verantwortung für einen Teil der europäischen Schulden gesetzt hatte.

Das war vor allem in Deutschland auf so scharfen Widerstand gestoßen, dass Van Rompuy nun nachgab: Im neuen Papier, das als Grundlage für den EU-Gipfel in der nächsten Woche dient, tauchen Eurobonds und Schuldentilgungsfonds nicht mehr auf. Stattdessen ist viel die Rede von verbindlichen Verträgen, in denen sich die Mitgliedstaaten zu Strukturreformen verpflichten sollen.

Merkel mag diese Umkehr als Triumph empfinden – für Europa ist es eine schlimme Nachricht. Eine dauerhafte Lösung der Eurokrise wird damit verhindert. Die Spaltung der Eurozone in jene, die unter der Krise leiden, und jene, die davon profitieren, geht weiter. Dabei ist es eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass Mitglieder einer auf Dauer angelegten Währungsunion die gleichen Zinsen bezahlen.

Bild: taz
MALTE KREUTZFELDT

ist Leiter des taz-Ressorts Wirtschaft und Umwelt.

Innerhalb von Deutschland stellt niemand infrage, dass für Bremen und Bayern der gleiche Satz gilt, doch innerhalb von Europa werden einheitliche Zinsen, die auf gemeinsamer Haftung beruhen, als „Zinssozialismus“ geschmäht.

Dieses Einknicken bei einem entscheidenden Ziel lässt auch bei anderen Fragen nichts Gutes erwarten. Dass Van Rompuy einen finanziellen Ausgleich zwischen Staaten oder deren Sozialversicherungen vorschlägt, ist eine gute Idee. Dass sie gegen den auch hier zu erwartenden Widerstand aus Berlin viel Erfolg hat, scheint hingegen wenig wahrscheinlich.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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6 Kommentare

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  • E
    EMI

    Nun,

    was sollen auch gleiche Zinsen? Da werden die einen bestraft, die es geschafft ihre Wirtschaften und Systeme in Ordnung zu bringen und andere werden nicht gezwungen, dies endlich zu tun!

    Die PIGS hatten über 10 Jahre Zeit dank dem Euro zu recht günstigen Zinsen ihre Systeme in Ordnung zu bringen, mal von den Milliarden Subventionen abgesehen, die sie durch die Strukturhilfe-Fonds bekommen haben, abgesehen und haben sich statt dessen eher weiter Verschuldet bzw. haben jeweils einen Riesen Reformstau.

    Von daher wären Euro-Bonds, die die PIGS mit einbeziehen, eher ein Anreiz nach dem Motto: "weiter so" zu agieren, als es wirklich helfen würde.

    Die Euro-Bonds sollten eher für die Geberländer geben, damit diese sich besser Refinanzieren können, da es sicherlich nicht bei den bisherigen Rettungspakten bleiben wird.

  • NR
    Natascha Rademacher
  • SB
    Siegfried Bosch

    Was für ein Märchenartikel:

    1. Niemand in der Eurozone profitiert von ihr; es gibt zwar Länder, die davon profitiert haben (v.a. Spanien, Irland, Griechenland und Portugal, welche hohes Wachstum nd günstige Zinsen hatten; und auch Italien, welches günstige Zinsen hat), aber aktuell profitiert davon niemand. (Das Argument mit dem günstigen Wechselkurs zieht übrigens auch nicht: Die Schweiz hat enorm aufgewertet und wächst dennoch schneller als D -- sowohl aktuell als auch Prognosen zufolge in der Zukunft.)

    2. "Dabei ist es eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass Mitglieder einer auf Dauer angelegten Währungsunion die gleichen Zinsen bezahlen.": Nein, das ist es nicht. Dass dies lange Zeit der Fall war, war ein durch die Regulierungsbestimmungen und -behörden befördertes Marktversagen. Es gibt nämlich die No-Bailout-Klausel, welche leider ignoriert wurde und wird.

    3. "Innerhalb von Deutschland stellt niemand infrage, dass für Bremen und Bayern der gleiche Satz gilt": Vollkommener Blödsinn! Die Länder bezahlen heute nämlich schon unterschiedliche Zinsen!

  • T
    TürlichTürlich

    "Innerhalb von Deutschland stellt niemand infrage, dass für Bremen und Bayern der gleiche Satz gilt,..."

     

    Es gilt nicht der gleiche Satz. Bundesländer, die Anleihen begeben, haben unterschiedliche Zinssätze. Deshalb wollen Bayern und Baden-Württemberg bei dem geplanten Deutschlandfonds auch nicht mitmachen.

     

    Es wird also andersherum ein Schuh: Wenn es nicht einmal innerhalb von Deutschland gilt, warum soll das dann auf europäischer Ebene gelten.

  • SS
    Svetozar Schnuckelberger

    Dass "Mitglieder einer auf Dauer angelegten Währungsunion die gleichen Zinsen bezahlen" ist nur dann eine "Selbstverständlichkeit" wenn man unterstellt, dass jedes einzelne Mitglied unabhängig von den anderen nach Belieben Geldproduktion betreiben kann. Dann wird diese Währungsunion aber kaum von Dauer sein, weil sie sich binnen kurzem in Hyperinflation auflöst...

  • K
    Karl-August

    "Dabei ist es eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass Mitglieder einer auf Dauer angelegten Währungsunion die gleichen Zinsen bezahlen."

     

    Nein, das ist keine Selbstverständlichkeit. Wenn souveräne Staaten autonom wirtschaften, dann sollten sie auch in einer Währungsunion länderspezifische Zinsen zahlen. Das verlangt schon das Haftungsprinzip.

     

    "Die Spaltung der Eurozone in jene, die unter der Krise leiden, und jene, die davon profitieren, geht weiter."

     

    Ja, leider. Besser wäre eine Spaltung in eine Nord- und eine Südeurozone.