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Kommentar EU-Parteitag der LinksparteiWeg mit der Buchhaltermentalität

Anna Lehmann
Kommentar von Anna Lehmann

Mühsam hat sich die Linkspartei zu ein bisschen mehr Europa-Freundlichkeit durchgerungen. Gegen Rechts gewinnt man mit so wenig Herz aber nicht.

Mehr Herz, bitte Foto: reuters

I n knapp drei Monaten werden 400 Millionen Menschen in der EU ein neues Parlament wählen. Die beiden großen Fraktionen, Konservative und Sozialdemokraten, werden laut Umfragen die absolute Mehrheit verlieren, es kommt künftig wohl auf die Kleinen an.

Gerade noch rechtzeitig hat es die Linkspartei geschafft, sich auf ihrem EU-Parteitag von ihrem bisherigen, schrill EU-kritischen Kurs zu verabschieden und zu signalisieren, dass sie die EU als Plattform sieht, um ihre Forderungen nach Mindestlöhnen, Weltfrieden und Klimaschutz für alle durchzusetzen. Es hat viel innerparteilichen Zuredens bedurft, um einen Teil jener GenossInnen zu überzeugen, die die EU für das absolut Böse halten. Insofern ist das Wahlprogramm mit seinem gemäßigt EU-freundlichen Sound schon ein kleiner Sieg. Aber das wird nicht reichen.

Die Linke muss klarer, profilierter werden, wenn sie, wie sie gern betont, tatsächlich ein Bollwerk gegen rechts sein will. Sie muss ihr bequemes, innerparteilich prima zu verkaufendes „Ja, aber“ zugunsten eines beherzten „Ja, und zwar genau für das und das“ aufgeben. WählerInnen gewinnt man nicht mit verschwiemelter Rhetorik. Die Linke muss besser erklären, an welcher Stelle sie die EU verändern, aber auch was sie bewahren möchte.

So hätte man auf dem Parteitag mehr an klaren Botschaften und Zukunftsentwürfen arbeiten sollen, statt sich in kleinteiliger Wortexegese zu ergehen. Künftig wird es darauf ankommen, zu vermitteln, dass und wie Mindestlöhne in der EU durchgesetzt werden sollen. Das geht nur, wenn die Partei offen ist für Kompromisse. Sie muss verstärkt mit Sozialdemokraten und Grünen zusammenarbeiten. Sich an beschlossene Formulierungen im Wahlprogramm zu klammern ist da nicht hilfreich.

Die Linke muss ihre Buchhaltermentalität ablegen. Und mehr Begeisterung wecken. Aber auf dem Parteitag herrschte bestenfalls Selbstzufriedenheit. Gegen Ressentiments der Rechten kommt man nicht mit Hunderten Seiten Papier an. Dazu braucht es auch Herz.

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Anna Lehmann
Leiterin Parlamentsbüro
Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.
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5 Kommentare

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  • Am besten wäre es, diese Sozialisten und Umverteiler treten nie wieder bei einer Wahl an. Wer braucht solche Parteien?

    • @sigema:

      Sie klingen ja ein Bisschen wie AfD 1.0. Sie wissen schon, die Partei der Erbsenzähler. Als hätte sich das Gespenst Bernd Luckes aus irgendeinem kalten Hauch materialisiert.

      Amüsant.

    • @sigema:

      Wer braucht solche Kommentare?

  • "Begeisterung wecken" können die linken für ihr programm unabhängig davon wie gut und vernünftig es sein mag nur wenn sie eine reale machtperspektive haben und dass was sie versprechen auch halten können.dass ist aber unrealistisch solange die heutige neoliberale eu der entfesselten standortkonkurrenz und der marktkonformen nationalen pseudodemokratien im irreversiblen niedergang weiter existiert und weiter jede chance für andere als reaktionäre reformen killt.die souveränität ist tot.die demokratie keine real existierende mehr.wofür soll man sich da begeistern.



    das problem ist nicht primär darin zu sehen dass die linke mit sozialdemokratischen verrätern und opportunisten und bestenfalls sozialliberalen grünen kompromisse machen müsste ,um eine mehrheit zusammenzubekommen sondern darin dass eine politik gegen den markt in der heutigen eu gar nicht möglich ist,weil diese kein staat und keine demokratie ist.sondern ein objektiv reaktionärer mechanismus zur .zerstörung von demokratischen staaten durch hemmungsllose standortkonkurrenz .



    in einer solchen historischen situation der absoluten ohnmacht kann man sich auf einem linken parteitag nur darüber streiten ob man eine ehrliche kritik des status quo oder eine anbiederung an den bürgerlichen mainstream will.auf dem europaparteitag der linken wurde nur um worte gestritten.in der heutigen eu ist nichts von dem was die linken wollen umsetzbar.



    im übrigen war es schon ein fehler dass die linken ihren europaparteitag nicht zusammen mit allen anderen linken parteien in europa gemacht haben.



    stattdessen wurde ein nationaler parteitag zu europa gemacht ,bei dem nette aber leere phrasen gedroschen wurden.dass bringt bei den wahlen bestenfalls ein paar prozente mehr als eine ehrliche kritik des status quo gebracht hätte.



    die meisten potentiellen wähler eines linken programms für europa werden gar nicht wählen gehen-



    die heutige eu ist ein antipolitisches monstrum,dass man in keiner weise unterstüzen sollte.

  • Ja, bitte!

    Zusammen mit Syriza, Podemos, DiEM und wie die alle heissen. EU ist einerseits das neoliberale Projekt, in dem ausgerechnet Juncker eine Steueroase mittendrin eröffnet hat.



    In dem Griechenland brutal die Schäublenomics aufgedrückt wurden. In dem Deutschland (immer wieder Deutschland) zickt, wenn Google & Co besteuert werden sollen, Deutschlands Druck (immer wieder Deutschland) zu verdanken ist, wenn die FranzösInnen die Vermögenssteuer abschaffen.



    Aber es ist auch das EU der Freizügigkeit, der Umweltgesetze (Hambi steht immerhin noch dank eines EU-Gesetzes -- ginge es nach DE, wäre es schon längst platt!), des Erasmus-Programms.



    Überlasst die "Utopie Europa" bitte nicht den Orbáns, Salvinis, Le Pens, Höckes und... ja, Bannons.