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Kommentar EU-Gutachten zu WeblinksVerlinken ohne Reue

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Der EuGH muss sich mit Verlinkungen beschäftigen. Das Urteil könnte auch das deutsche Internetrecht ändern. Ein Gutachten gibt erste Hinweise.

Wie geht es weiter? Foto: thotti / photocase

A m Europäischen Gerichtshof ist ein Fall anhängig, der auch das deutsche Internetrecht verändern könnte – vor allem wenn sich die Lösung durchsetzt, die der unabhängige Generalanwalt jetzt in seinem Schlussantrag vertrat.

Konkret geht es um einen Fall aus den Niederlanden. Der TV-Star Britt Dekker ließ sich für den Playboy fotografieren. Doch noch bevor das Heft am Kiosk lag, waren die Dekker-Bilder schon auf einer australischen Webseite zu sehen. Auf diese Quelle verlinkte die niederländische Webseite geenstijl.nl (übersetzt: „Kein Stil“), wogegen der Playboy-Verlag prozessierte.

Dass die australische Webseite das Urheberrecht des Playboy verletzt hat, ist nicht umstritten. Der EuGH muss nun aber klären, ob auch geenstijl mit seinem Link rechtswidrig handelte.

Der Generalanwalt schlägt eine einfache Auslegung des EU-Rechts vor: Die Urheberrechtsverletzung begehe nur der, der das geschützte Werk unerlaubt zugänglich macht. Hierfür genüge ein Link nicht. Dieser erleichtere es zwar, die Seite mit der Urheberrechtsverletzung zu finden. Öfffentlich, das heißt für jeden abrufbar, wäre deren Inhalt aber auch ohne einen Link. Auf die Intention des Linksetzers komme es nicht an, so der Generalanwalt. Schließlich soll das Internet praktikabel bleiben.

Man könnte meinen, hier spräche ein Pirat. Die deutsche Justiz ist da bisher nicht so liberal. Beim Bundesgerichtshof kommt es noch darauf an, ob sich der Linksetzer den verlinkten Inhalt zu eigen macht. Wenn ja, dann haftet er mit. Das wirft natürlich die Frage auf, wann man sich eigentlich einen den verlinkten Inhalt zu eigen macht. Genügt eine formelhafte Distanzierung, wie sie häufig noch auf Websites zu finden ist?

EU-Gutachten zu Links

Ein Internet-Link zu Inhalten, die Urheberrechte verletzen, ist nach Einschätzung eines wichtigen EU-Gutachters nicht rechtswidrig. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Person, die den Link setzt, von dem Verstoß weiß oder nicht, argumentiert Melchior Wathelet in einer am Donnerstag veröffentlichten Stellungnahme für den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Ein Urteil dürfte erst in einigen Monaten fallen (Rechtssache C-160/15). Meist halten sich die Luxemburger Richter dabei an die Empfehlungen des sogenannten Generalanwalts.

Anlass des EuGH-Verfahrens ist der Rechtsstreit zwischen dem Medienkonzern Sanoma, der dort das Magazin Playboy herausgibt und GS Media, die die Website „GeenStijl“ betreibt. (dpa)

So schwierig ist die Unterscheidung allerdings auch wieder nicht. Wenn jemand gezielt auf eine Seite gelockt wird, weil es dort Inhalte gibt, für die er andernorts zahlen müsste, dann wird das aus dem Gesamzusammenhang meist deutlich. Andererseits soll natürlich niemand auf Links verzichten, nur weil unsicher ist, ob alle Texte, Illustrationen und Photos auf der Zielseite urheberrechtlich sauber sind. Um niemand unnötig einzuschränken, würde es genügen, wenn die Gerichte das Prinzip „im Zweifel für die Linkfreiheit“ anwenden.

Ein völliges Freistellen von Verantwortung lädt dagegen zum Missbrauch geradezu ein, etwa wenn der Urheberrechtsverletzer und der Linksetzer unter einer Decke stecken und sich die Werbeeinnahmen teilen, die mit einer verlinkten illegalen Seite erzielt werden können.

Der Schutz des Urheberrechts gilt natürlich nicht nur für Nacktfotos, sondern auch für Kunstpostkarten, Romane und Indie-Rocksongs. Es gibt genügend Inhalte, die auch diejenigen für schützenswert halten, die wenig Sympathie für den Playboy empfinden.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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