Kommentar EU-Atomsubventionen: Dr. Seltsams letzte Tat
Sollte die EU-Kommission britischen Atomsubventionen zustimmen, würde ein Präzedenzfall geschaffen. Andere Länder dürften dann folgen.
An dieser Stelle eine Wette: Der scheidende EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia bekommt als nächsten Job einen in der französischen oder britischen Energiewirtschaft: In einem Monat scheidet der spanische Vertreter im Brüsseler EU-Zentralorgan aus. Eine seiner letzten Taten könnte sein, der Atomindustrie einen goldenen Weg in die Zukunft zu pflastern: Großbritannien will seine Atomkraftwerke durch neue ersetzen.
Weil keine Firma der Welt bereit ist, das finanzielle Risiko zu tragen, plant London Subventionen in zweistelliger Milliardenhöhe. Im konkreten Fall des AKW Hinkley Point C würde der französische Staatskonzern EDF profitieren. Das aber widerspricht sämtlichen EU-Wettbewerbsregeln. Mit Blick auf ebendiese brachte Almunia seine halbe Amtszeit damit zu, die Förderung erneuerbarer Energien in Deutschland zu torpedieren.
In Berlin erklärte er stets unschuldig, dass er nicht anders könne, als das deutsche EEG zu kritisieren, die Subventionen verzerrten den Markt, es gebe Beschwerden aus anderen Mitgliedsländern. Die EU-Kommission verfasste zudem Positionspapiere, in denen stand, dass nur neue Technologien gefördert werden dürften, später müssten sie sich dem freien Markt stellen – für die 60 Jahre alte Atomkraft will Almunia das nun nicht mehr gelten lassen und die Subventionen durchwinken.
Noch hat die Kommission dem Vorstoß Almunias nicht zugestimmt. Sollte sie es tun, würde sie einen Präzedenzfall schaffen. Auch andere Länder würden auf Atomsubventionen pochen und damit Firmen wie die russische Rosatom alimentieren, die ebenfalls in Großbritannien AKWs bauen will. Doch das Problem ist noch umfassender: Wenn schon freien Markt über alles, dann bitte neutrale Wettbewerbshüter. Diesen Grundpfeiler der EU reißt Almunia ein.
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