Kommentar Drohnenkrieg der USA: Obamas dunkle Seite
Der Drohneneinsatz der USA zeigt: Es steckt mehr Bush im Friedensnobelpreisträger Obama, als man je gedacht hätte. Es müssen Grenzen gesetzt werden.
E s geht nicht um Mitleid mit Terrorverdächtigen oder Terroristen. Es geht schlicht und einfach um die Frage, ob eine westliche Demokratie in ihrem „Krieg gegen den Terror“ alle Mittel einsetzen darf, die ihr geeignet erscheinen.
US-Präsident Barack Obama hat den Einsatz von Drohnen zur Tötung (mutmaßlicher) Mitglieder al-Qaidas und anderer Militanter in Pakistan massiv ausgeweitet. Mehr als 250 Angriffe ließ er dort in den ersten drei Jahren seiner Präsidentschaft fliegen – mehr als fünfmal so viele wie sein Vorgänger George W. Bush. Obamas Drohnenkrieg ist geheim, geräuscharm, gnadenlos – und hoch umstritten.
Deshalb ist es gut, dass die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe nach eineinhalb Jahren des Prüfens nun im Fall Bünyamin E. ermittelt und die Frage klären will, ob es sich hier um ein Kriegsverbrechen handeln könnte. Der Wuppertaler Islamist war am 4. Oktober 2010 in der pakistanischen Bergregion Nordwasiristan beim Angriff durch eine US-Drohne getötet worden – als erster deutscher Staatsangehöriger überhaupt.
ist Redakteur im Inlandsressort der taz.
Es ist ein heikles Verfahren, das noch zu diplomatischen Verwerfungen mit den USA führen kann. Vergleichbar vielleicht mit den Haftbefehlen, die die Staatsanwaltschaft München 2007 gegen die mutmaßlichen CIA-Entführer des Neu-Ulmers Khaled El Masri erwirkte. Aus Gründen der Staatsräson hatte die deutsche Regierung hier zwar nie um eine Auslieferung der US-Agenten ersucht – aber ein Zeichen war es allemal. Und das ist auch die Aufnahme von Ermittlungen wegen des Todes des 20-jährigen Wuppertalers Bünyamin E.
Zufällig zur selben Zeit haben nun auch die Angehörigen von im Jemen durch Drohnen getöteten Islamisten mit amerikanischer Staatsbürgerschaft mithilfe prominenter US-Bürgerrechtsorganisationen Anzeige erstattet. Bei den Getöteten handelte es sich nicht um Chorknaben, sondern um zwei im Namen der al-Qaida im Jemen agitierende Terrorpropagandisten: Anwar al-Awlaki und Samir Khan. Aber auch hier stellt sich die Frage: Können die USA einfach entscheiden, Männer wie sie auf eine „Kill“-Liste zu setzen?
Obama war angetreten mit dem Versprechen, die dunklen Bush-Jahre zu beenden. Doch bei den Mitteln der Terrorbekämpfung steckt mehr Bush in ihm als man von einem Friedensnobelpreisträger erwartet hätte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund