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Kommentar Deutschtest-PflichtUnnütze Schikane

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Es wäre auch politisch klüger, die Deutschtest-Pflicht für Ehegatten schnell wieder abzuschaffen. Gezielte Unfreundlichkeit schafft erst die beklagten Integrationsprobleme.

S icher ist die Beherrschung der deutschen Sprache ein wichtiger Schlüssel zur Integration. Das rechtfertigt aber noch lange nicht, von ausländischen Ehegatten schon vor deren Zuzug nach Deutschland einen Sprachtest zu verlangen: Die EU-Kommission hält dies nun sogar für unzulässig. Doch unabhängig von der Rechtslage wäre es auch politisch klüger, diese 2007 eingeführte Schikane schnell wieder abzuschaffen.

Derzeit wird nur der Nachweis einfachster Sprachkenntnisse verlangt. Fraglich ist, ob die paar Brocken Deutsch tatsächlich die Integration erleichtern. Und da ein Visum meist erst Monate nach dem Test erteilt wird, haben viele ihre "Deutschkenntnisse" bis dahin fast wieder vergessen.

Der Deutsch-Test war vor allem als innenpolitisches Signal gedacht ("die Ausländer sollen sich mal anstrengen"). Hinzu kam eine gewisse Abschreckungswirkung für besonders bildungsferne Schichten. Für die Betroffenen ist er vor allem lästig. Denn nicht überall gibt es Deutschkurse. Oft ist sogar ein Umzug erforderlich, um daran teilzunehmen zu können. Und um wie viel einfacher ist es, die Sprache erst in Deutschland zu lernen, nachdem man zum Ehepartner gezogen ist und das Erlernte im Alltag sofort anwenden kann?

Bild: taz
CHRISTIAN RATH

ist rechtspolitischer Korrespondent der taz.

Jeder halbweg vernünftige Einwanderer wird Deutsch lernen wollen. Die Behörden können das mit guten Angeboten und freundlicher Ermunterung unterstützen. Wir brauchen eine Integrationspolitik, die es ernst meint und signalisiert, dass Deutschland zur Integration bereit ist. Derzeit senden wir zu viele ambivante Signale aus.

Besonders dumm ist es, wenn gerade der größten Migrantengruppe, den Türken, immer wieder signalisiert wird, dass man sie für Einwanderer zweiter Klasse hält: Andere bekommen den Doppelpass, Türken nicht. Andere brauchen keinen Sprachtest, sie schon. Diese Politik der gezielten Unfreundlichkeit hilft kräftig mit, sogenannte Integrationsprobleme erst zu schaffen.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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12 Kommentare

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  • D
    Dilarah

    Sehr geehrter „vantast“, wenn Sie Ihren eigenen Kommentar noch einmal durchlesen würden, müsste Ihnen eigentlich selbst auffallen, dass das Problem wohl eher bei Ihnen lag und nicht beim Lehrwerk. Die Qualität des Kurses kann ich nicht beurteilen, da könnten Sie Pech gehabt haben… aber dass die Wörter „Dach“, „Kante“, „Öl“, „Teppich“, „Wort“, „Satz“, „leihen“, „Station“, Brot“, „Hof“, „wählen“, „Bereich“, „Frau“, „Urteil“ von ihrer Frau nie benutzt werden, finde ich persönlich ungewöhnlich – ich halte diese Wörter für Basiswörter und man muss sie auch nicht übersetzen. Wenn in den ERSTEN Wochen des Kurses zu Hause Vokabeln mitgelernt wurden, müsste Ihre Frau sie nach mehreren Monaten auch verstehen. Gibt es in Ihrer Wohnung kein Öl, keinen Teppich, keine Frau, kein Brot, keine Kante??? Kann es sein, dass Ihre Frau vor lauter Übersetzungen nichts gelernt hat, weil es Ihnen zu Hause zu unbequem war, selbst mit Ihrer Frau Deutsch zu sprechen?

  • WK
    Wolfgang Kluge

    Ich bin als Deutscher mit einer Malaysierin verheiratet.

    Meine Frau spricht Hokkien, Mandarin, Melayu und English.

    Ich spreche Deutsch, English, Franzosisch und Latein.

    Gemeinsame Sprache in meiner Ehe is Englisch.

    Sollten sich bei einer eventuellen Ruckkehr von Amtes wegen fuer die Mitreise meiner Frau igend welche Probleme geben, dann geht das wegen Verfassungbruch sofort nach Karlsruhe mit Antrag auf sofortige Einstweilige Verfuegung, denn das Grundgesetz schreibt dem Staat besonderen Schutz der Familie vor. In einer von Amts wegen verordneten Zwangstrennung der Ehegatten sehe ich einen Verfassungbruch

    Wolfgang Kluge

  • M
    mbl

    Der Kommentator hat völlig recht, es handelt sich um reine Schikane. Mit dem Ehepartner zusammen leben zu können ist ein MENSCHENRECHT und im Grundgesetz verankert. Dabei geht es nicht darum, ob der deutschen Politik der/die EhepartnerIn gefällt.

    Im Übrigen ist es im Gesetz nicht festgelegt, dass die Personen eine Prüfung ablegen müssen, dies wird einfach so gehandhabt als reine Schikane.

    In vielen Ländern gibt es keine Deutschkurse bzw. die verlangten Tests gar nicht, oder nur in entfernten Hauptstädten, in die es nicht immer einfach zu ziehen ist, zumal man erst einmal das Geld dafür haben muss.

     

    Die Regelung trifft im Übrigen nicht nur die Klische Familien die die Politik im Blick hat (Migranten die eine Frau aus dem Heimatland heiraten um diese dann angeblich daheim abschotten wollen) sondern jede/n der einen AusländerIn heiratet, auch Deutsche.

  • U
    Udo

    Es geht hier um den Ehegattennachzug. Der ist auch in den USA und anderen klassischen Einwanderungsländer ohne vorherige Sprachkenntnisse möglich und es wird auch nicht nach der Bildung oder dem Vermögen des nachiehenden Partners gefragt. Der dort lebende Partner muss lediglich "bürgen", ähnlich wie in Deutschland, wo er Wohnraum, Krankenversicherung und Einkommen nachweisen muss.

     

    Im übrigen macht der Ehegattennachzug aus Nicht-Eu Ländern nicht einmal 10% der Zuzüge aus. Die meisten Einwanderer kommen aus EU-Ländern (insbesondere Bulgarien, Rumänien), müssen keine Sprachkenntnisse nachweisen und keine Integrationskurse besuchen. Aber das alles interessiert ja nicht, Fakten haben manche TAZ Kommentatoren noch nie interessiert.

  • L
    lehrerin

    Einige der Kommentatoren - z. B. die Herren Licht und Hasso - machen es sich doch sehr einfach, indem sie ihre (Vor-)urteile verallgemeinern. Ich unterrichte selbst seit Jahren in Integrationskursen und habe ganz andere Erfahrungen. 99% der Teilnehmer sind engagiert und wollen Deutsch lernen, auch wenn einige erst nach über zehn Jahren in Deutschland Anspruch auf die Teilnahme haben. Die Politiker reden immer von Integration, aber kosten sollte das möglichst nichts. Wir bekommen nur zu spüren, wie lästig das alles ist: mieseste Bezahlung und ständig Schikane von oben. Zu Beginn und Ende des Unterrichts müssen die 20 Teilnehmer täglich unterschreiben, wann sie kommen und gehen usw. Uns wird nur Schlechtes unterstellt und dass alles eh nichts taugt. Nicht die besten Voraussetzungen füt erfolgreiches Lernen und Integration.

  • JL
    Jakob Licht

    Vielleicht sollte man das nicht sagen (weil es völlig "unkorrekt" ist), aber - könnte es nicht auch langsam mal genug sein, von den Einwanderern, die erst "integrieren" werden müssen?

    Ich meine, Amerika (als klassisches Einwanderungsland, das NUR aus Zuwanderern besteht) erspart sich von vornherein diese Bemühungen - und nimmt NUR Leute, die entweder Geld, Bildung oder extrem viel Talent haben.

    (Und Englischkenntnisse werden eh vorausgesetzt.)

    Warum muß Deutschland genau den entgegengesetzten Weg gehen? Aus Trotz, aus Dummheit - oder weil die politische Klasse einfach zu eitel ist, ihre Fehler zuzugeben?

    Solange Deutschland die Einwanderung ins Sozialsystem erlaubt, bekommt es genau die "bildungsfernen" Einwanderer, die es verdient.

    Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Unmut des Volks sich in einer "rechten" Partei bündelt, die dieses Problem thematisiert (so wie in Holland, England oder Frankreich).

  • U
    Udo

    Bei meiner Frau ging es so: 2 Monate auf den Kurs warten, 3 Monate Kurs und Prüfung, 1 Monat auf Prüfungsurkunde warten, 2 Monate auf das Visum warten.

    Sie kam 8 Monate nach unserer Zwangstrennung mit Zertifikat A1 nach Deutschland, hatte aber die Hälfte der Wörter in der Wartezeit vor dem Flug wieder vergessen.

     

    Hätte sie sofort mit dem (aufpassen Jakob, Hasso!)VERPFLICHTENDEN Integrationskurs in Deutschland anfangen können hätte sie in dieser Zeit locker das Niveau A2 erreichen können.

    Fazit: Die jetzige Regelung verlangsamt das Deutsch lernen, von Trennungsschmerz, Nervenbelastung und Kosten einmal abgesehen....

  • H
    Hasso

    Wer nicht Lesen und Schreiben lernen will, bleibt sitzen.So gilt es schon in der Schule. Wer hier ankommt und kann kein deutsch, der verbrüdert sich erst mal mit denen, die auch kein deutsch können. Und so werden Ghettos gebildet. Wer unbedingt nach Deutschland will, der sollte sich auch auf deutsch verständigen können. Diese Gefühlsduselei einiger Redakteure geht mir langsam auf den Keks.

  • D
    Dhimmitry

    Lieber Jakob Licht,

    auch unwillige Einwanderer kann man dazu verpflichten nach der Einreise an Kursen teizunehmen. Die Kurse vor Ort sind einfach Schikane, genau wie der Kommentar es beschreibt.

    Sie mögen in einem sozialen Brennpunkt leben und berechtigterweise Kritik an den dortigen Zuständen erheben.

    Es ist aber lächerlich, wenn Sie Menschen vorwerfen die Wirklichkeit zu verkennen, wenn Sie sich selbst weigern, sich in die Situation eines Menschen hinein zu versetzen, der irgendwo im Ausland auf dem Dorf lebt und einen deutschen Ehepartner hat. Diese Leute müssen entweder studenlang in die Metropolen fahren um an den Kursen teilzunehmen, oder gleich ganz dorthin ziehen. Was das bedeutet können Sie sich ja vielleicht noch vorstellen.

    MfG...

  • JL
    Jakob Licht

    Ist das jetzt der "rollback" für Sarrazin - oder reine Satire? "Wir brauchen eine Integrationspolitik, die es ernst meint und signalisiert, dass Deutschland zur Integration bereit ist."

     

    Wie wär's, wenn die TAZ einen Mindeststandard für Artikel und Kommentare beschließt - damit ihr die zahlende Leserschaft nicht wegläuft? Gerade wenn deutlich wird, daß die Mehrheit des Volkes genug hat, von einer "Integration um jeden Preis" - und sich (nach 40 Jahren Integrationsbemühungen) auch gleichartige Anstrengungen von den Einwanderern selbst wünscht, kommt wieder ein TAZ-Redakteur und tut so, als ob es die ganze Diskussion nie gegeben hat.

     

    "Wie viel einfacher ist es, die Sprache erst in Deutschland zu lernen, nachdem man zum Ehepartner gezogen ist und das Erlernte im Alltag sofort anwenden kann?" - das setzt natürlich voraus, daß dieser "Ehepartner" es überhaupt wünscht, daß seine Frau deutsch lernt - und daß es keine türkischen Geschäfte, Banken, Fahrschulen - und Fernsehsender mehr gibt.

     

    Aber vielleicht ist das ja die Welt, in der ein TAZ-Redakteur lebt; fern der Wirklichkeit, in unschuldig linken Kinderträumen. Psst! Nicht stören!

  • V
    vantast

    Meine Frau hat die Kurse mitgemacht. Abgesehen von der politischen/menschlichen Seite: Der Unterricht war eine einzige Katastrophe. Die fing schon beim Lehrbuch an, "Berliner Platz1-3", alles in Deutsch, was macht eine Frau, wenn sie nur Englisch kann? Sie fragt ihren Mann, was da steht. Ich mußte nächtelang Übersetzungen machen, zu Wörtern, die sie nie benutzen wird, z.B. Dachkante, Ölteppich, Wortigel, ,"Rosinen im Kopf haben", Tucholsky, Satzakzent, Leihstation, Brothof, Wahlbereich, Plusquamperfekt, Präteritum, Frauenurteil,usw. Und alles staatlich genehmigt und zu bezahlen. Armes Deutschland!

  • V
    vic

    Ganz Ihrer Meinung!