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Kommentar Deutscher BurschentagEisenhart in Eisenach

Konrad Litschko
Kommentar von Konrad Litschko

Rechtsextrem, völkisch, auf der Suche nach „Arier-Nachweisen“: Der deutsche Burschentag ist von einem NPD-Parteitag kaum zu unterscheiden.

W enn sich an diesem Wochenende deutsche Burschenschaftler in Eisenach zu ihrem Verbandstag treffen, wird also wieder über einen „Arier-Nachweis“ diskutiert. Entsprechende Anträge, so berichten Medien, stünden auf der Tagesordnung.

Das Thema lässt die Burschen offenbar nicht los: Schon 2011 stand eine Studentenverbindung vorm Ausschluss, weil sie einen chinesischstämmigen Studenten als Mitglied führte. Dass eine solche Frage überhaupt und immer noch Streitpunkt ist, sagt viel über den Zustand der Burschenschaften.

Einst im 19. Jahrhundert als Kämpfer für Freiheitsrechte angetreten, kämpfen die Bünde heute um ihre Rolle in der Gesellschaft. Vorneweg ertönt weiter die Ur-Fanfare: „Ehre, Freiheit, Vaterland“. Unbeugsam gegenüber dem Zeitgeist wolle man sein, heißt es aus den Reihen. Politisch bedeutet das für viele: irgendwo rechts der CDU. Für einige weit rechts davon.

Konrad Lischko

ist Berlin-Redakteur der taz.

Es ist ja nicht nur der „Arier-Nachweis“. Die Wiener Teutonia, Vorsteherin des Dachverbands „Deutsche Burschenschaft“, etwa verschreibt sich der Pflege des „völkischen Wesens“. Und in der diesjährigen Festrede zum Verbandstag ist von „Deutschfeindlichkeit“ die Rede, von „linken Psychopathen“ und Zuwanderung, die zur „Umwandlung des deutschen Volkes“ führe. Nicht viel anders klingt ein NPD-Parteitag.

Dieser unverhohlene Rechtsschwenk ist selbst vielen Burschen zu viel: Rund 20 liberalere Bünde verließen zuletzt den Dachverband. Es ist an ihnen, die Studentenverbindungen in die Moderne zu retten. Denn selbst ohne das rechtsnationale Phrasengedresche bleibt ein Männerverein, der sich in Logenkellern besäuft, mit Degen duelliert und später gegenseitig Posten zuzuklüngeln versucht.

Das klingt nicht nur antiquiert. Das wird auch keinen Platz mehr finden.

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Konrad Litschko
Redaktion Inland
Seit 2010 bei der taz, erst im Berlin Ressort, ab 2014 Redakteur für Themen der "Inneren Sicherheit" im taz-Inlandsressort. Von 2022 bis 2024 stellvertretender Ressortleiter Inland. Studium der Publizistik und Soziologie. Mitautor der Bücher "Staatsgewalt" (2023), "Fehlender Mindestabstand" (2021), "Extreme Sicherheit" (2019) und „Bürgerland Brandenburg" (2009).
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15 Kommentare

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  • P
    petronius

    sorry, hr. litschko, für die verwechslung ihrer geschätzten person mit der des ebenso geschätzten kollegen waibel

  • P
    petronius

    FaktenStattFiktion:

     

    als kulturverweigerer erscheinen mir da allerdings doch die ewiggestrigen schlitzer, die den schuß nicht gehört haben und geistig im engstirnigen nationaldenken des frühen 19. jhdts verharren

     

     

    Soli:

     

    traurig, wenn ihnen keine anderen alternativen einfallen. könnte allerdings bezeichnend sein

     

     

     

    Mentalist:

     

    nun, ihrer auslassung ist noch weniger substantielles zu entnehmen als dem kommentar von hrn. waibel

     

    lassen sie uns doch einfach an ihrer weisheit teilhaben:

     

    was gibts denn wichtigeres zum thema zu sagen?

  • M
    Manni

    Sorry FaktenStattFiktion der Vegleich ist Unsinn. Was hat das mit Saudi-Arabien zu tun?

    Wir haben in unserer Verfassung die Freiheit, die freie Meinungsäusserung verankert. Und jeder Mensch ist gleich. Das hat sich bisher für uns so bewährt.

    LEider giubt es gewisse Burschenschaften, die (wie z.B. auch die katholische Kirche) diese Grundrechte und die Gleicheit mit Füssen treten.

    Wer hält sich da jetzt nicht, an unsere Gesetze/ unsere Kultur?

     

    Gruss Thorsten

  • I
    Insider

    Gut, dass ein Autor der taz, dem bei allen Burschenschaften die Türen weit offen stehen, genau weiß, wie die Nachwuchslage aussieht...

    Herr Litschko, keine Sorge, ihr Arbeitsplatz ist gesichert, denn unsere Nachwuchslage ist seit den letzten Jahren außerordendlich erfreulich - auch dank ihrer tätigen Mithilfe als Multiplikator;)

  • D
    dieter

    Leider wird das funktionieren, solange junge Leute genug Angst haben.

    Angst vor der Zukunft, Angst keine Arbeit zu bekommen, Angst vor Frauen und offen Schwulen, Angst vor Fremden...

    Und diese Ängste nehmen im Zuge der systemimanenten Krise zu. -Werden von den Mittelschichtseltern meist sogar verstärkt.

    Son paar alte Säcke, die einem bei der Karriere helfen, werden da doch gerne mitgenommen.

    Ist ja auch alles "streng hetero" bei diesen Klemmschwestern :-)

    Traurig, das Heinrich Manns "Der Untertan" heute noch so aktuell ist!

  • B
    Bursche

    Gut, dass ein Autor der TAZ weiß, wie viel Zulauf die Burschenschaften haben... Herr Litschko kann sich sicher sein, sein Leib- und Magenthema wird auf lange Zeit erhalten bleiben und damit auch sein Arbeitsplatz;).

  • G
    Gartenzwerg

    Und sollten die fröhlichen Burschen noch ein eigenes Wappen besitzen, unterstehen sie meist dem Corpsgeist der Vergangenheit.

    Die Heraldik der Corpsgemüter sagt einiges aus.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Studentenwappen

     

    Die Urheberrecht des Wappen der Deutschen Burschenschaft ist abgelaufen. Verständlich wenn man sich den Kopfschmuck ansieht. Nun können Cartoonisten dieses nutzen.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Wappen_der_Deutschen_Burschenschaft.jpg

     

    Interessant das internationale Verbindungen bestehen, diese aber in Deutschland diskriminiert werden zeigt deren denken im Hohlraum.

    "Der Bund Chilenischer Burschenschaften unterhält ein Freundschafts- und Arbeitsabkommen mit der Deutschen Burschenschaft (DB)."

    http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Dachverb%C3%A4nde_von_Studentenverbindungen

    Aber so sind sie, inhumane Kleingeister und Gartenzwerge und sollten lieber keine gesellschaftliche Verantwortung tragen.

  • C
    Chesterfield

    Nun rasseln sie wieder mit Säbeln und Worten.

    Am Deutschen Wesen soll die Welt genesen

    Treu Deutsch alle Wege

    Und aus dem Bundestag hört man die Worte von der Deutschen Leitkultur ausgesprochen vom Präsidenten und die Frau Merkel übernimmt das auch noch.

    Leute,wehret den Anfängen,denn wir befinden uns im Status 1930/31 und in zwei Jahren ist es vielleicht zu spät.

  • A
    Allende

    Leider muss ich die Hoffnungen des Autors enttäuschen. Studentenverbindungen aller Couleur haben 2013 Zulauf wie schon lange nicht mehr. Freundschaft und Zusammenhalt sind anders als im Kommentar dargegestellt eben keine antiquierten Werte.

  • A
    Aletheia

    Ich erinnere an den Burschentag 2011 mit dem Festredner Arnulf Baring, der folgendes verkündete: "(...) Wir haben die beiden Weltkriege im Grunde nicht vermeiden können. (...) ei dem Zweiten war unser österreichischer Landsmann, der sich da ins Zeug gelegt hat, sehr schlecht beraten - weil er nun alles auf eine Karte setzte, bei der von vorneherein klar war, dass das nichts werden konnte. (...) Ich habe schon immer gesagt: 'Wenn die Erde noch mal verteilt wird, sollten wir schneller sein, als die anderen (...). Also nicht nur einen Platz in der Mitte [von Europa]. - Das ist kulturell zwar ein ungeheurer Reichtum (...), aber im Kern haben wir meiner Meinung nach Nachteile gehabt - in politischer, in außenpolitischer, in sicherheitspolitischer Hinsicht.' (...) Mit anderen Worten: Unsere Lage ist immer schwierig gewesen, und sie wird es nach meiner eigenen Meinung auch schwierig bleiben, weil wir eben an der Stelle sind, an der wir sind, und weil wir hoffentlich auch in der Zukunft so tüchtig sind, dass wir tüchtig in Europa eine bedeutende ökonomische Macht darstellen, denn unsere Schrumpfung im Raum hat ja gleichzeitig zu tun mit einer gewaltigen Steigerung unserer ökonomischen Potenzen. (...) Das, was ich Ihnen hier vermitteln möchte ist: Dieses Land hat eine goldene Zukunft, wenn es sich selber eine goldene Zukunft zubilligt - wenn es sich nicht einreden lässt, wie von ziemlich negativen, minderwertigen Gestalten, das uns suggeriert: 'Wir seien ein Tätervolk'. - Das ist eine wirkliche Unverschämtheit (...) unseren Eltern und Großeltern gegenüber! Dieses Volk hat den Judenmord nicht gewollt; und schon gar nicht geahnt, dass dieser kommen würde. (...) Im Grunde genommen ist es dem Dritten Reich (...) gelungen, diese Untat geheim zu halten. (...) Und insofern ist das 'Tätervolk' eine Beleidigung, die wir uns wirklich von Niemanden gefallen lassen sollten. (...) Ein selbstbewussteres, ein positives, ein kenntnisreiches, ein handlungsbereites optimistisches Deutschland - das wünsche ich mir! Es lebe die Republik! Es lebe Deutschland!"

     

    Quelle: http://www.youtube.com/watch?v=1LLX4HmBhKo

     

    Insoweit "klingt [das] nicht nur antiquiert.", sondern bleibt entspr. aktuell, solange auch diesem reaktionären Eiferer immer wieder eine (vor allem Talkshow-)Plattform durch das öffentlich-rechtliche Fernsehen dargeboten wird.

     

    Reaktionärer Eiferer, öffetntl-rechtl. Bsp. ZWEI: "Der Hitler hat ja in einem Maße dieses Land in Bewegung gebracht, was man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann. Er hat in den 30er Jahren, was bis in die 40er, 50er – man kann sagen – in die 60er Jahre weitergewirkt hat, den Leuten einen Elan vermittelt, der vollkommen von uns gewichen ist."

    Arnulf Baring am 9. November [*] 2003 im (gebührenfinanzierten) ZDF

     

    [*]

    > http://www-user.uni-bremen.de/~wolli/texte/luebeck/luebeck-txt.htm

    > http://www.duckhome.de/tb/archives/7434-Reichspogromnacht,-9.11.38.html

     

    Reaktionärer Eiferer, öffetntl-rechtl. Bsp. DREI: "Ganz großartig ist ja an dem Film ("Unsere Mütter, unsere Väter", Anm.), dass man sieht, dass die Teilung zwischen Opfern und Tätern, von der wir seit Jahrzehnten reden, dass die nicht hinhaut. Auch die Opfer sind irgendwo Täter und die Täter sind irgendwo Opfer. (...) An jeder Person kann man diese Zwiespältigkeit sehen, auch an dem Juden."

     

    Und weiter: "Die Deutschen hatten (zum Massenmord in Babyn Jar) mit 6000 Juden gerechnet und 36000 kamen."

    Arnulf Baring am 19. März 2013 im (gebührenfinanzierten) ZDF

     

    - "Ich muss sagen, dass unsere Männer, die daran teilgenommen haben, mehr mit ihren Nerven runter waren als diejenigen, die dort erschossen werden mussten."

    Der Kommandeur des Erschießungskommandos in Babyn Jar, Paul Blobel, vor dem Kriegsverbrechertribunal in Nürnberg

     

    >>> Die (bis heute anhaltende!) Stille danach:

    http://ismael2.wordpress.com/tag/19-marz-2013/

  • M
    Mentalist

    Ein köstlicher, witzig geschriebener Beitrag - der Verfasser hat erkennbar keine Ahnung vom Thema, sondern fasst brav in vorauseilendem Gehorsam ein paar dpa-Artikel zusammen, das ganze garniert mit der taz-üblichen "Ihr seid doch alle rechts"-Kreischerei. Schade, gerade bei so einem wichtigen Thema wie dem Rechtsruck der deutschen Burschenschaften bzw. der Burschenschaften in der ganzen Welt hätte die taz mit fundierter Recherche punkten können. Stattdessen die immer gleiche Nazi-Keule. Gähn.

  • DL
    deem lentz

    kann man die nicht jetzt langsam alle wg verfassungsbruch(niemand darf wegen seiner...) auflösen?

    nichts gg traditionspflege und volkstänze für touristen aber die sind ja da angekommen wo ihre schon nicht sehr vortschrittlichen vorgenerationen nie waren.

    damit ist das auch keine brauchtumspflege mehr sondern einfach nur noch das was die katze vergräbt.

     

    müsste sich nur mal einer finden der sich durchklagt

  • K
    Kaboom

    Also jetzt sind wir mal ehrlich: Kein halbwegs normaler Student kommt auf die Idee, in eine Burschenschaft einzutreten. Spätestens nach einer Woche weiss man eins: Wenn man sich vor dem gesamten Studiengang für immer zum Depp machen will, dann muss man nur ständig so ein lächerliches Käppi tragen.

    Das ist heute so, und das war von 20 oder 30 Jahren ebenfalls so.

    Das ist was für politische Wirrköpfe, Leute mit Ansichten von Vor-Vorgestern, sowie Leute die von Beruf Sohn oder Tochter sind, und statt durch Leistung durch Vitamin B Karriere machen wollen.

  • S
    Soli

    Naja, die Alternative ist es sich in "alternativen Projekten" oder "besetzten Häusern" zu besaufen und bei schlechter Musik auf den Soizialarbeiter zu warten während man ab und an versucht ein paar "Aktionen" gegen die Polizei zu starten.

     

    Kein all zu großer Unterschied finde ich.

     

    Wenn die ersten Frauen in den Burschenschaften "willkommen" sind ist das Eis gebrochen würde ich meinen.

  • F
    FaktenStattFiktion

    Was für ein Unsinn. Eine Burschenschaft hat wegen eines Chinesen gemeckert, und der (von Basssam Tibi) geprägte Begriff der Leitkultur hat weder etwas von der NPD, noch ist dieser sonst irgendwie anrüchig.

     

    Wenn ich nach Saudi-Arabien auswandere, muss ich mich auch der dortigen Kultur unterwerfen, statt Bier zu trinken und die Einheimischen wegen fehlender Koedukation in Schulen zu beschimpfen.