Kommentar Deutsche Zustände-Studie: Dummer Hass nach oben

Antisemitische Vorurteile und Ressentiments gegen Homosexuelle nehmen in Deutschland zu. Sollte die Wirtschaftskrise noch schlimmer werden, wird sich das Poblem verschärfen.

Die Reaktion ist wie im Lehrbuch: Sobald es eine Finanz- und Wirtschaftskrise gibt, für die "die Wall Street" verantwortlich ist, sollen es eigentlich im Hintergrund die bösen Juden gewesen sein. Das antisemitische Vorurteil hat in Deutschland wieder Konjunktur - und dass im Gegensatz dazu die meisten Vorurteile etwa gegen "Ausländer", Frauen oder Obdachlose stagnieren oder abnehmen, macht die Zunahme in Sachen Judenfeindschaft umso beunruhigender.

Auffällig ist auch, dass neben dem Antisemitismus nur ein anderes Vorurteil statistisch ebenfalls häufiger geworden ist: das Ressentiment gegen Homosexuelle. Die Frage ist, woran das liegt.

Eine Erklärung, die bei der Vorstellung der "Deutsche Zustände"-Studie angedeutet wurde: Sowohl bei Juden wie bei Homosexuellen handelt es sich um Gruppen, denen vorurteilsbeladene Menschen einen hohen sozialen Status andichten. Die aber, die angeblich ganz oben in der sozialen Hierarchie stehen, müssten nach dieser Logik die eigentlichen Verantwortlichen oder Profiteure der Krise sein.

Angesichts der Tatsache, dass die Krise bisher noch recht milde verlief, kann einem angst und bange werden, wie Juden und Homosexuelle von solchen Leuten betrachtet werden, sollte sie sich in den kommenden Monaten verschärfen.

Erfreulich immerhin ist, dass die Ressentiments gegen Muslime in der Bundesrepublik laut dieser Studie im zu Ende gehenden Jahr nicht zugenommen haben - die Stimmung in unserem Nachbarland Schweiz ist also bisher nicht herübergeschwappt.

Bei einer weiteren Desintegration der Gesellschaft und zunehmender Angst vor dem eigenen oder kollektiven Abstieg ist aber viel Hoffnung nicht angebracht, dass dies so bleiben wird: Die jüngsten Zahlen zum Muslimenhass in Europa werfen schwarze Schatten voraus.

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