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Kommentar Der RassebegriffWeiß sein ist nicht normal

Ines Kappert
Kommentar von Ines Kappert

Den Begriff "Rasse" aus dem Grundgesetz zu streichen und stattdessen von "rassistischen Benachteiligungen" zu sprechen, ist eine längst überfällige Zäsur.

G emäß dem allgemeinen, auch deutschen Hausverstand hat wahlweise Gott, die Natur oder die Evolution ihrem Wesen nach unterschiedliche Menschengruppen geschaffen: Weiße, Schwarze, Gelbe. Um vom Mindesten zu reden. Der Fehler liege nun darin, dass Schwarze als minderwertig und Weiße als kulturell überlegen bewertet würden.

taz

Ines Kappert ist Redakteurin im taz-Meinungsressort.

Doch schon diese vermeintlich politisch korrekte Haltung ist grundfalsch: Unterschiedliche Rassen sind nicht der Ausgangspunkt von Rassismus, sondern ihr Ergebnis. Diskriminierung ereignet sich dort, wo sich an Hautfarben von Menschen die Zuschreibung knüpft, all diese Menschen mit der gleichen Hautfarbe hätten etwas Wesentliches gemeinsam. Wo also die Hautfarbe oder das Schlitzauge alle Unterschiede in Sachen Landeszugehörigkeit, Kultur, Alter, Herkunft, Bildung, Charakter neutralisiert. In dieser Perspektive ist eine Person, die keine rosige Hautfarbe ihr eigen nennen kann, in erster Linie ein Schwarzer und erst in zweiter ein Deutscher, US-Amerikaner oder Senegalese und erst in dritter ein Bänker, Präsidentschaftskandidat oder ein Kindergärtner.

Umso wichtiger ist daher der Vorschlag des Deutschen Instituts für Menschenrechte, den Begriff "Rasse" aus dem Grundgesetz zu streichen und stattdessen von "rassistischen Benachteiligungen" zu sprechen. Das Institut schlägt damit vor, die Logik des Rassismus zum Gegenstand der Bestrafung zu machen. Eine notwendige Zäsur.

Denn hierzulande, wo im Vergleich zu Großbritannien, Frankreich oder den USA - kaum Nichtweiße leben, wird das Problem des Rassismus vielfach unterschätzt. Dabei blüht es gerade dort, wo Weißsein selbstverständlich für normal, folglich Nichtweißsein für die Ausnahme gehalten wird. Um sich über diese rassistische Normativität klar zu werden, ist diese vom Institut für Menschenrechte vorgeschlagene Korrektur am Gesetzestext, also die Arbeit an unseren sprachlichen Konventionen unerlässlich.

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Ines Kappert
Gunda-Werner-Institut
leitet seit August 2015 das Gunda-Werner-Institut für Feminismus und Geschlechterdemokratie der Heinrich-Böll-Stiftung.   Mich interessiert, wer in unserer Gesellschaft ausgeschlossen und wer privilegiert wird - und mit welcher kollektiven Begründung.   Themenschwerpunkte: Feminismus, Männlichkeitsentwürfe, Syrien, Geflüchtete ,TV-Serien.   Promotion in Allgemeiner und Vergleichender Literaturwissenschaft zu: "Der Mann in der Krise - oder: Konservative Kapitalismuskritik im kulturellen Mainstream" (transcript 2008).   Seit 2010 Lehrauftrag an der Universität St. Gallen.
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4 Kommentare

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  • T
    Todde

    Die Entscheidung über die Existenz von Rassen sollte man wohl lieber den Biologen überlassen und nicht den Ideologen.

  • V
    vic

    Der Begriff Rasse gehört ebenso wenig in den Sprachgebrauch wie Neger.

    Nennen wir die Menschen doch einfach nach ihrer kontinentalen Abstammung, wenn man so etwas schon braucht. Europäer, Afrikaner, Australier u.v.A.

    In USA bezeichnet man Weiße noch immer als Kaukasier, was auch nicht besser ist. Denn damit gäbe es auch wieder Arier, Semiten und andere.

  • MM
    Markus Mobius

    Diese Diskussion erinnert mich an Orwells "Brave New World" - dort werden unliebsame Gedanken einfach verbannt, indem Worte wie "Freiheit" einfach abgeschafft werden.

     

    Nicht einmal die political-correctness Bewegung in angelsaechsischen Laendern hat versuch das englische Wort fuer Rasse, "race", abzuschaffen (warum auch - Unterschiede in der Hautfarbe sind schliesslich offensichtlich).

     

    Wem das Wort "Rasse" nicht passt, sollte konsequenterweise auch das Wort "Juden" abschaffen - schliesslich wurde dieses Wort in der deutschen Geschichte auch grotesk missbraucht.

  • AT
    Andreas Thomsen

    Die Autorin ist sich offensichtlich gar nicht bewusst, dass der Rassismus nicht im Gebrauch des Wortes "Rasse" besteht, sondern in dem von ihr - wie übrigens vom allergrößten Teil der Medien ganz unreflektierten Gebrauch von Kategorien wie "weiss", "schwarz", "farbig" und weiss der Teufel was noch. Genau darauf beruht der Rassismus - und nicht auf dem dummen Wort "Rasse". Man schlage einmal "dia de la raza" oder "plaza de la raza" auf, um festzustellen, dass der Begriff "Rasse" noch ganz andere Konnotationen haben kann.

     

    Wer aber die Menschen in "Weisse", "Schwarze", "Gelbe" einteilt, wer freudestrahlend verkündet, was die Abstammungsforschung im Verein mit der Genetik wieder über "Kelten", "Afrikaner", "Juden", "Ureinwohner" herausgefunden hat: der steht zumindest in der unmittelbaren gefahr, rassistisch zu argumentieren. Und kein Sprachverbot wird das ändern.

     

    Ob ich einen z.B. Barack Obama einen "Neger" oder einen "Schwarzen" nenne, ändert nichts an dem rassistischen Blickwinkel - der dazu noch nicht einmal eine Farbe korrekt erkennen kann.