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Kommentar De MaiziereDer Luftikus

Ulrike Winkelmann
Kommentar von Ulrike Winkelmann

Einige hundert Millionen Euro hat der Verteidigungsminister für eine Drohne versenkt. Das Hauptproblem ist die zynische Normalität der Rüstungsbeschaffung.

B ald, in nicht allzu ferner Zukunft, wird in einem Hangar abseits eines deutschen Flugplatzes ein bucklig und blind aussehendes Fluggerät mit 40 Meter Flügelspannweite stehen. Unter diesen Flügeln werden Spinnweben hängen. Der einzige Euro Hawk, der es aus den USA nach Deutschland geschafft hat.

Einige hundert Millionen Euro hat das Bundesverteidigungsministerium für einen amerikanischen Flieger versenkt. Denn dieser wurde als Vehikel gebraucht, um eine deutsche Überwachungstechnik fertig zu entwickeln. Die Drohne diente bloß als Hülle für eine Überwachungstechnik aus Bayern, von EADS. Die Technik wird dann wahrscheinlich in ein blinkendes Flugzeug mit Pilot eingebaut, das hoch am Himmel Daten aller Art aufsaugt. Sie wird sich zweifellos auch gut in alle Welt weiterverkaufen lassen.

Der Verteidigungsminister Thomas de Maizière hat den harschen Vorwurf, die Entscheidung über die Drohne zugunsten von EADS verzögert zu haben, in sein Gegenteil verkehrt: Wenn der amerikanische Vogel nicht fliegt – seid doch froh, dass ich euch die schöne bayerische Technologie sichere! De Maizière wird damit durchkommen. Denn dem Wunsch der Bundeswehr nach dieser Technik wurde von SPD und Grünen zugestimmt, nur die Linkspartei im Bundestag lehnte regelmäßig ab.

Bild: taz

ist Koleiterin des taz-Inlandsressorts.

Wenn de Maizière jetzt noch ein Bauernopfer folgen und einen Staatssekretär oder Abteilungsleiter seinen Hut nehmen lässt, hat er gute Chancen auf eine rasante Beförderung in der öffentlichen Wahrnehmung: Vom verwirrten Chaotiker zum starken Entscheider in zweieinhalb Tagen. Natürlich ist der Mann die ganze Zeit derselbe. De Maizière steht einer Behörde mit 250.000 Mitarbeitern vor. Die Bundeswehr ist als bürokratischer Riese ein Überbleibsel der alten Bundesrepublik: Vorn steht zwar ein Minister, aber der weiß wenig. Der Apparat verwaltet vor sich hin.

Kompetenzzuschreibungen gehören zum ganz normalen zynischen Wahnsinn des politischen Geschäfts. Dahinter aber steht die ganze zynische Normalität der Rüstungsbeschaffung. Über Zeiträume, länger als jede ministerielle Amtszeit, werden Rüstungsprojekte befördert, deren Nutzen an außenpolitischen Unwägbarkeiten hängt, an deren Entwicklung ein Industriestandort aber seine Konkurrenzfähigkeit misst. Da kommt es auf die paar hundert Millionen Euro nicht an.

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Ulrike Winkelmann
Chefredakteurin
Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.
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10 Kommentare

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  • E
    Eiskugel

    Wer hat denn eigentlich diese Drohnen bestellt?!

    Waren es nicht die Sozen und die Grünen unter Schröder, hä?!

    Fragen über Fragen...

  • RB
    Rainer B.

    "Die Bundeswehr ist als bürokratischer Riese ein Überbleibsel der alten Bundesrepublik: Vorn steht zwar ein Minister, aber der weiß wenig. Der Apparat verwaltet vor sich hin."

     

    Stellt sich doch die Frage, wozu man in der "neuen Bundesrepublik" dann noch einen Verteidigungsminister braucht? Da ist doch jede Menge Einsparpotential!

     

    Der Drohnen-Flop soll also mal wieder eine der Pannen gewesen sein, wie sie halt vorkommen in unserer komplizierten Welt!? Leute, die die Hose mit der Kneifzange zu machen, glauben sowas vielleicht. Erinnert mich irgendwie an den NSU-Komplex.

     

    Es kristallisiert sich doch allmählich heraus, dass Die Linke die einzige noch glaubwürdige Partei im Bundestag ist.

  • V
    vic
  • N
    Navigator

    Die TAZ hat keine Ahnung von solchen Themen, also raushalten!

    Nach Nuhr:

    "Wenn man keine Ahnung hat..."

  • B
    bempo

    @Halios:

    Vergessen Sie meine Frage aus dem Kommentar zu den Grünen. Ihr Pfleger HAT Ihre Tabletten vergessen!

  • R
    ralphbb

    ....das ganze Gerede um die im Vergleich zu sonstigen Aufwendungen im Rüstungsbereich lächerlichen 500 Mio Euro kommt mir an den Haaren herbeigezogen vor. Es soll wohl vertuschen, dass die Drohne offensichtlich ohne Zulassung bereits im Deutschen Luftraum geflogen ist. Das können auch die großzügigen Sperrgebiete, in denen das statt gefunden haben soll nicht heilen. Damit setzt sich wieder einmal eine Wehrmacht in bester Tradition als Staat im Staate über Deutsche Gesetze hinweg. Dafür gehört der Verteidigungsminister in die Wüste geschickt.

  • S
    storch

    @halios

    Bizarrer kommentar

  • D
    dschenzen

    @Halios: "Bizarrer Beitrag"? - da wäre wohl ein Doppelpunkt die angemessenere Interpunktion gewesen, dann wäre die Selbstetikettierung deutlicher geworden...

  • H
    Halios

    Bizarrer Beitrag. Die taz und ihre Lobby-Kumpane aus den Zeitungsredaktionen Deutschland hinterziehen jährlich Milliarden Euro an Steuern, da sie anstelle der eigentlich laut Gesetz fälligen 19 % Umsatzsteuer nur 7 % Umsatzsteuer abführen. Und was macht die taz? Anstatt hier offen zur Steueerhinterziehung zu stehen und die geschätzten ca. 100 Milliarden EUr hinterzogener Steiern abzuführen, wird vom ultra-rechten Rand gegen einen Minister mit ausländischem Nachnamen gehetzt. Ein müder Wahlkampf-Modus und das immer gleiche Suchen nach Lesern aus derm rechten Sumpf. Sehr absonderlich.

  • C
    Celsus

    Ein guter Artikel. Und mich wundert an der ganzen Geschichte, warum die Euro Hawk GmbH diesen Auftrag je bekommen konnte, der indierekt ja mal wieder der bayerischen Rüstungsindustrie mit hohen Summen unter die Arme greift - für ein militärisch sinnloses Projekt.

     

    Wenn ich das richtig sehe, bot sich von Anfang an ein Bild, dass den Euro Hawk nicht gerade zum Traumflieger machte. Da wandte doch schon Gesine Lötzsch im Haushaltsausschuss vor (!) Abschluss des Vertrages ein, dass der Euro Hawk mindestens einmal im Irak abgestürzt war. Sie zweifelte an Technik und Sicherheit. So jedenfalls das vom Stern wiedergegebene interne Protokoll des Haushaltsausschusses. Warum war das den anderen Ausschussmitgliedern nicht einmal eine Überprüfung wert?

     

    Jetzt fragt sich, wie die anderen Mitglieder des Haushaltsausschusses von allen anderen Parteien zu dem Ergebnis kommen konnten, dass das Projekt auszuwählen und erfolgsversprechend sei. Der Skandal beginnt nicht erst beim verspäteten Ausstieg aus dem Projekt.

     

    Geht da bei der Vergabe derartiger Aufträge wirklich alles mit rechten Dingen zu? Wann wird daran gedacht, an den Zuständen etwas zu ändern?