Kommentar Datenschutz, EU und USA: Das Problem beginnt vor Trump
Der US-Präsident schränkt per Dekret den Datenschutz für Ausländer ein. Nun muss die EU reagieren. Sie sollte das Privacy Shield aufkündigen.
J etzt streiten sie. Die Datenschützer, die Anwälte und die Politiker über die Frage, ob das Privacy Shield, das es Unternehmen ermöglicht, persönliche Nutzerdaten aus der EU in die USA zu übermitteln, nun bedroht ist durch eines von Trumps neuesten Dekreten oder eben nicht.
Dabei ist das überhaupt nicht der Punkt. Denn das Problem ist – ausnahmsweise – nicht Trumps leicht sprunghafte Herangehensweise an den Umgang mit Recht und Gesetz. Das Problem beginnt schon lange vor Trump. Es ist die Konstruktion des Privacy Shield an sich.
Abkommen wird es gerne genannt, aber Abkommen ist schon zu viel gesagt. Es sind ein paar Zusicherungen von US-Seite und ein Beschluss der EU-Kommission. Was ist das? Kein Unternehmen würde auf Basis von ein paar Zusicherungen, die je nach Laune oder Wetterlage wieder zurückgenommen, für ungültig oder überhaupt nie da gewesen erklärt werden können, anfangen, sagen wir, eine Fabrik zu bauen. Aber klar, wo es nur um Nutzerdaten geht, reicht auf einmal eine vage Zusage.
Das ist der Konstruktionsfehler. Und die EU-Kommission hat ihn von Anfang an gekannt, natürlich, genauso wie alle anderen auch. Dass sie sich trotzdem darauf eingelassen hat, erzählt viel über den Stellenwert von unternehmerischen Interessen gegenüber dem Stellenwert von Datenschutz, aber auch über eine gewisse Leichtgläubigkeit, positiv ausgedrückt wäre es Vertrauen, in die US-Administration und in die dortigen Unternehmen. Als gäbe es nur in Deutschland Geheimdienste mit Eigenleben. NSA, Snowden, erinnert sich noch jemand daran?
Das Beste, was die EU-Kommission nun tun könnte, wäre, das Nicht-Abkommen aufzukündigen. Ist ja – das ist die Ironie dabei – nicht so schwer. Trumps Dekret könnte ein Anlass sein, das gesichtswahrend hinzubekommen. Und beim nächsten Mal, wenn es das denn gibt: Etwas mehr Verbindlichkeit bitte.
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