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Kommentar "Costa Concordia"Die Lüge vom Luxus für alle

Edith Kresta
Kommentar von Edith Kresta

Den Betreibern der "Concordia" sind keine Sicherheitsmängel vorzuwerfen. Doch Massenbetrieb und schlechte Arbeitsbedingungen bleiben Risiken.

K reuzfahrtschiffe sind imposante Statussymbole. Sie künden vom guten Leben. Traumschiffe eben. Wenn sie laut trompetend ihren Kapitänsgruß entrichten, erhalten sie an Land bewundernden Zulauf. Der Kapitän der "Concordia" scheint sich dieser Faszination bewusst gewesen zu sein. Mit seiner waghalsigen Annäherung an die Insel hat er seine Kapitänsherrlichkeit möglicherweise angeberisch, letztendlich katastrophal ausgereizt.

Der Kreuzfahrtmarkt ist der boomende Sektor touristischer Versprechungen. Verwöhnung zwischen Sonnendeck und Spa, ein verlogener Hauch von Kapitänsdinner in goldverzierten Riesensalons. Auch wenn dieser Pomp von der Stange kommt, er schmeichelt den Urlaubern. Er suggeriert Luxus für alle.

Mit Billigangeboten werden Touristen auf die Schiffe gelockt, um an Bord möglichst viel Geld auszugeben - an Land bleibt ihnen nur wenig Zeit dafür. So verdienen nicht die Leute in den Kreuzfahrtdestinationen, sondern allein Multis wie die US-Reederei Carnival, zu der die "Concordia" letztendlich gehört.

Bild: taz
Edith Kresta

ist Reise-Redakteurin der taz.

Es zählt die Rendite – und die erhöht sich auch durch schlecht bezahltes und schlecht ausgebildetes Personal, das im ausgereizten Schichtdienst in der Unterwelt der Schiffe haust. Die Flaggschiffe des Konsums leben von der schönen Oberfläche, am Tiefgang aber wird gespart: Der Teil unter Wasser soll nur ein Zehntel eines Kriegsschiffes betragen, damit das Schiff in flachere Wasser fahren, näher an der Küste ankern kann. Das macht es tendenziell instabiler.

Auch wenn der "Concordia" keine Sicherheitsmängel nach internationalen Richtlinien vorzuwerfen sind, so ist doch der Massenbetrieb von 4.229 Personen an Bord plus schlechter Arbeitsbedingungen ein nicht kalkulierbares Sicherheitsrisiko an sich.

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Edith Kresta
Redakteurin
Schwerpunkte: Reise und Interkulturelles. Alttazzlerin mit Gang durch die Institutionen als Nachrichtenredakteurin, Korrespondentin und Seitenverantwortliche. Politologin und Germanistin mit immer noch großer Lust am Reisen.
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5 Kommentare

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  • R
    routier88

    Wen wunderts, die Italiener fahren auch so Lastwagen und beim wegrennen waren Sie auch immer die ersten. Die Ärzte im Krankenhaus sind auch immer im Cafe und nicht bei den Patienten. Je höher die Stellung in Italien, je arroganter das Verhalten. So läuft es nun mal in Italien. Wer weiss denn, ob das nicht ein Versicherungsbetrug ist. Auch typisch Italiener.

     

    ciao

  • Y
    Yadgar

    Mit Peak Oil (genauer, dem auf den Peak folgenden Zusammenbruch der weltweiten Erdölförderung) hat sich das Problem ohnehin erledigt: mindestens die Hälfte, eher drei Viertel auch der deutschen Bevölkerung wird verhungern, erfrieren oder an Seuchen krepieren, der Rest wird zu 98 % als grundhörige Bauern auf Lebenszeit an die Scholle gefesselt sein, und selbst die neuen Feudalherren werden Wichtigeres zu tun haben, als nur zum Vergnügen in der Welt umherzureisen...

  • MO
    Martin Oberfell

    Ein schöner und auch notwendiger Kommentar. Allerdings hat die Tiefgangproblematik und die angedeutete größere Instabilität nichts mit den aktuellen Problemen zu tun. Denn Grundberührungen kommen unabhängig vom geplanten Designtiefgang immer wieder vor. Siehe das Containerschiff "RENA" vor Neuseeland mit ca. 12 m Tiefgang. Und, soweit ich weiß, ist auch noch nie ein Kreuzfahrtschiff aufgrund des geringeren Tiefgangs und dieser Logik folgenden größeren Instabilität irgendwo im Sturm gekentert. Die Grundberührungen (oder Kollisionen mit Eisbergen) sind fast immer auf die Leichtsinnigkeit der verantwortlichen Personen zurückzuführen, seltender auf fehlerhafte Seekarten!

     

    Das wirkliche Problem ist doch, dass man bei Schiffen dieser Größe mit vielen tausend Gästen und nochmehr Besatzung in einem solchen Notfall die Menschen nicht geordnet aus dem Schiff bekommt! Selbst bei ausreichend geschulter Crew! Da muss man sich nichts vormachen.

  • CR
    Christian Riedl

    Das sehe ich alles genauso, nur besonders seltsam finde ich das Verhalten der Reederei, der Kapitän hat sicher manches oder vieles verschuldet, aber er ist auch hier nur mal wieder das Opfer einer geldgierigen Kreuzfahtmafia, wo nur Profit zählt.

    Schlecht ausgebildetes Personal und magelshaftes Management sind doch hier auch ein Grund für die Katastrophe.

    Hier wird doch nur ein Dummer gesucht, um von dem wahren Problem abzulenken. )Billiglöhne, miese Arbeitsbedingungen, usw ).

     

    Wie man sieht wäre eine zweite Titanic nicht unmöglich.

  • A
    ama.dablam

    "Allein die Multis verdienen..." Wenn der Kommentar schon so anfängt, ist der Rest so vorhersehbar wie die Strickliesel in der ersten Reihe des Audimax.

     

    Leider hat der bestbezahlte Mann, der Kapitän, den Unfall verursacht, deshalb wird ihm auch nicht "die Schuld in die Schuhe geschoben", wie die Kommentatorin an anderer Stelle tendenziös bemerkt.

     

    Er hats eben verbockt, um seinem geknechteten Oberkellner einen Freude zu machen oder aus Imponiergehabe oder was weiß ich.

     

    Schon blöd, wenn die Realität so garnicht in die Schablone passen will...