piwik no script img

Kommentar ContiGute und böse Heuschrecken

Reiner Metzger
Kommentar von Reiner Metzger

Firmenübernahmen brauchen klare Regeln. Und zu einfach und billig darf man sie auch nicht machen.

Bild: taz

Reiner Metzger ist stellvertretender Chefredakteur der taz.

Die private Schaeffler-Gruppe hat sich geschickt bestimmter Finanzinstrumente bedient und so nach Angaben der beiden Unternehmen Zugriff auf über 30 Prozent der Aktien verschafft. Eigentlich sehen die Börsengesetze vor, dass ab einer Schwelle von 3 Prozent eine Meldepflicht besteht. Die familieneigene Firma hat also eine legale Lücke gefunden für eine weitgehende heimliche Übernahme einer der 30 größten deutschen Aktiengesellschaften. Das ist nicht im Sinne der Börsenvorschriften, und diese Lücke sollte die Politik auch versuchen zu schließen.

Finten und unerwartete Tricks bei Übernahmen wird es aber immer geben. Das liegt in der Natur der Sache. Wer da von Anfang an mit offenen Karten spielt, verschenkt oft viel Geld. Freundliche oder feindliche Übernahmen gehören zum Börsenwesen. Hier kommt es auf den gesetzlichen Rahmen an: Einerseits muss er klar sein, weil er sonst vor Gericht nicht durchsetzbar ist. Außerdem können nur mit klaren Regeln auch Gewerkschaften oder Aktionäre bei Übernahmen ihre Rechte durchsetzen. Andererseits ist die Wirtschaftswelt kompliziert und daher gesetzliche Klarheit nur schwer zu finden oder mit komplizierter Arbeit verbunden, die es nicht in die Massenmedien schafft. Ein Dilemma für Politiker.

Trotzdem gäbe es Möglichkeiten: etwa wirksame Steuern auf Private Equity Fonds, auch Heuschrecken genannt. Im Gegensatz zu Investoren wie der Schaeffler-Gruppe sind sie an den Produkten eines Übernahmekandidaten nicht interessiert, sondern an der Zerschlagung oder dem schnellen Weiterverkauf. Dass diese Equity Fonds und ihre Eigner oft weniger Steuern zahlen als andere, ist ein Skandal. Ebenso wären die Regeln bei der Kreditvergabe von Banken für Firmenübernahmen anzupassen. Und auf die Tobinsteuer, die Ministeuer auf kurzfristige Börsenspekulationen, warten wir seit Jahrzehnten, obwohl immer wieder bis in die höchsten Kreise der diversesten Länder über die "Spekulanten" geklagt wird. Alle diese Regeln würden die Finanzmärkte nicht erdrosseln, aber erträglicher machen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Reiner Metzger
Leiter Wochenendtaz
Reiner Metzger, geboren 1964, leitet taz am Wochenende zusammen mit Felix Zimmermann. In den Bereichen Politik, Gesellschaft und Sachkunde werden die Themen der vergangenen Woche analysiert und die Themen der kommenden Woche für die Leser idealerweise so vorbereitet, dass sie schon mal wissen, was an Wichtigem auf sie zukommt. Oder einfach Liebens-, Hassens- und Bedenkenswertes gedruckt. Von 2004 bis 2014 war er in der taz-Chefredaktion.
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • RG
    Ralph Günther

    mich würde mal interessieren, wie der Autor herausgefunden hat, dass Private Equity Fonds nicht "an den Produkten eines Übernahmekandidten interessiert sind". Gibt es dafür eine Quelle, sind es eigene Rechrechen, die Sie zu dieser interessanten Erkenntnis gebracht haben ?

    Oder sollte es sich dabei bloss um eine populistische Behauptung handeln ....