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Die Zeiten der "Eisernen Faust" sind doch nun schon seit den 80ern spätestens vorbei. Dies ist keine Option mehr, dachte ich eigentlich. Seit dem Zeitalter der Information und des Internets kann kein Staat sowas mehr vertuschen. Manche merken es anscheinend immer noch nicht. Siehe Guantanamo, Iraq, Tibet, Mauerfall/Zerfall der DDR, Zerfall Russlands, usw. Sie sollten es mal mit der friedlichen Revolution durch TV, Medien, und anderer Kultur versuchen, dass klappt doch sehr gut. Dadurch wird man besser vom Nachdenken abgelenkt als durch Zwangsmaßnahmen und nicht mehr funktionierender Abschottung vom Rest der Weltöffentlichkeit. Selbst die Bauern auf dem Land im hintersten China haben doch schon TV und www. zumindest kann das auch nicht mehr lange Dauern bis auch der letzte verkabelt ist und dann nur noch still und leise arbeiten geht und den Mund hält und sein Kreuzchen macht. Wo ist doch egal. Das System ist global. Haben wir eine Wahl ? Nicht wirklich.
Da kann man froh sein, dass die rund zweieinhalb Jahrtausende alte europäische Kulturidee des demokratischen Diskurses statt der Tyrannei und der diskutierenden Wissenschaft statt der Alte-Bärte-Dogmatik heute wenigstens innerhalb Europas weitgehend selbstverständlich geworden ist. Technokratische Versatzstücke, zumal wenn von Industriespionen abgekupfert, sind nicht Kultur im Sinne von anerkennenswerter Selbstschöpfung und Eigenständigkeit. Dabei könnte man doch gerade von Chinas uralter Kultur einen positiven Beitrag zur Globalisierung erwarten; vielleicht gibt es sie gar nicht mehr. Genau zu hinterfragen wäre freilich auch das tibetische Mönchtum, ob es mehr zu bieten hat als nur jene suppressive und daher letztlich explosive Moralisiererei, wie man es von Religionen (inklusive von Chinas Marxismus) kennt. Solche Konflikte wie in Tibet/China entstehen ja oft genau deshalb, weil wie bei zwei Hähnen Totalitarismus auf Totalitarismus stößt.
Eine Studie zu Einstellungen bei der Polizei legt jetzt den Abschlussbericht vor. Studienleiterin Anja Schiemann über überraschend positive Befunde – und einige Problembereiche.
Kommentar Chinas Tibet-Politik: Chinas fataler Systemfehler
Pekings Reaktionen auf die Proteste in Tibet aber erinnern an die Mao-Zeit und passen nicht zu Chinas modernem Image. Doch ein Umdenken wäre gleichsam das Ende der KP.
Chinas offizielle Reaktionen auf die Proteste in Tibet stehen in krassem Kontrast zu dem Image, das Peking so gern vom modernen China vermittelt und bei den Olympischen Spielen der Welt zeigen möchte. Bei näherem Blick wird deutlich, dass dieser Kontrast nicht nur Pekings Problem in Tibet ist, sondern das Grundproblem seines politischen Systems beschreibt.
Dabei fühlt sich jeder europäische oder amerikanische Großstädter, der heute etwa in die Metropole Schanghai kommt, umgehend als Vertreter einer veralteten Welt. Die Wirtschaftsmetropole strotzt vor Zukunftsoptimismus und verkörpert klar den Aufbruch einer künftigen Weltmacht.
Pekings Reaktionen auf die Proteste in Tibet aber erinnern an die Mao-Zeit und passen weder zur ultramodernen Architektur Pekings oder Schanghais noch zum Image eines aufgeklärten Mitglieds der Weltgemeinschaft. Peking reagiert völlig unsouverän und kaum anders als in den letzten Jahrzehnten. Da wird ein "Volkskrieg gegen den Separatismus" angedroht, werden die "Dalai-Lama-Clique" und "spalterische Elemente" pauschal verantwortlich gemacht, jedem unzufriedenen Tibeter wird mit großer Härte gedroht. Ausländer komplimentiert man aus Tibet heraus, der Empfang ausländischer TV-Sender wird bei Tibet-Berichten gestört, YouTube zensiert. Eine Debatte über das, was in Tibet schiefläuft, kennt das offizielle China nicht.
Das muss all jene erschrecken, die gehofft hatten, dass China inzwischen weiter entwickelt sei. Doch das dafür benötigte Umdenken kann sich aus denselben Gründen so wenig entfalten, wie eine baldige Lösung des Tibetkonflikts unwahrscheinlich ist. Peking müsste den Tibetern echte Autonomie zugestehen und ihnen so das kulturelle Überleben jenseits des Folklorekitschs ermöglichen. Doch gerade das fällt China so schwer, weil dies sein eigenes politisches System gar nicht vorsieht. Denn in der Volksrepublik gibt es jenseits der Kommunistischen Partei keine Autonomie. Sie zu gewähren hieße, nicht nur die Software für eine wirklich aufgeklärte Gesellschaft zu entwickeln, sondern auch das Ende des Machtmonopols der KP einzuleiten. Die Tragik der Tibeter ist, dass sie nicht so lange warten wollen.
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Kommentar von
Sven Hansen
Auslandsredakteur (Asien)
Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin