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Kommentar CannabiswirtschaftWhere the flavour is

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Ein Tabakkonzern will wohl einen Cannabisproduzenten übernehmen. Das ist zwar kapitalistisch – aber trotzdem ein Fortschritt.

Keep rollin' rollin‘ rollin' rollin‘ Foto: unsplash/Wesley Gibbs

W irklich bestätigt ist die Meldung nicht, die seit einigen ­Tagen durch die Kanäle geistert: Dass also der Tabakkonzern ­Altria, der unter anderem für Marlboro steht, an der Übernahme des kanadischen Cannabisproduzenten Cronos interessiert ist. In die Zeit passen würde die Nachricht allerdings.

Denn überall dort, wo Cannabisprodukte auch als Genussmittel endlich legal sind, also in immer mehr US-Bundesstaaten und eben in Kanada, und Produktion und Vertrieb zwar unter staatlicher Lizenzierung, nicht aber wie in Uruguay unter staatlicher Ägide stattfinden, drängt privates Kapital aus anderen Sparten in den aufstrebenden Markt. Was für ein Fortschritt, wenn solche Übernahmeverhandlungen jetzt Kurssprünge provozieren und nicht blutige Kämpfe konkurrierender Kartelle!

Anhand öffentlicher Umsatzzahlen und Börsennotierungen wird jetzt allmählich der gesamte Umfang dieses Geschäftsfeldes sicht- und messbar, das vor der Legalisierung unverantwortlicherweise einfach der organisierten Kriminalität überlassen worden war.

Denn die Steigerungsraten, die etwa die legale Cannabisindustrie im US-Bundesstaat Colorado verzeichnet, gehen nach Daten der dortigen Gesundheitsbehörden nicht etwa auf einen Konsumanstieg zurück, sondern offenbar ausschließlich darauf, dass der legale Markt dem vorher allein herrschenden Schwarzmarkt immer mehr Anteile abjagt.

Dass in so einer Situation Traditionskonzerne mit schwindenden Umsätzen wie eben aus der Tabakindustrie in diesen Markt investieren, kann nicht verwundern. Mancher Kiffer mag das blöd finden – aber das ist eine ziemlich dämliche Position.

Denn kapitalistisch organisiert war der Drogenmarkt auch vorher – in der brutalsten Form des Raubtierkapitalismus überhaupt, ohne Qualitätskontrolle, Verbraucherschutz, Umweltauflagen, Arbeitsschutzbestimmungen und Besteuerung. Wenn der Preis dafür, das alles endlich zu haben, in der mangelhaften Coolness einer Übernahme durch Marlboro besteht – super! Come to where the flavour is.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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2 Kommentare

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  • Ja, Alkohol ist schädlicher, zumindest gesellschaftlich bedenklicher. Ja, alles ganz unfair. Aber jetzt bitte nicht glorifizieren das Zeug. Ich möchte weder Nikotin noch THC passivrauchen, also spritzt Euch das Zeug im stillen Kämmerlein, wenn Ihr es so nötig habt.

  • Schädlich bleibt es immer. Dosis facit venenum 😂