Kommentar Cannabis und Polizeidienst: Pflichtkiffen für Polizeianwärter!
Ein Bewerber darf in Berlin nicht Polizist werden, weil er THC geraucht hat. Das ist doch einfach nur albern und unwürdig.
A ls der US-amerikanische Schriftsteller und Gonzo-Journalist Hunter S. Thompson 1970 für das Amt des Sheriffs in Aspen, Colorado kandidierte, sicherte er den WählerInnen zu, dass er im Dienst kein Meskalin konsumieren würde. „Freak Power“ war das Motto der Zeit, die politische Relevanz jener Kampagne unbestritten.
Mit seiner Wahlplattform, die sich auch gegen die damals beginnende Gentrifizierung Aspens wandte, wurde Thompson knapp geschlagen. Das politische Establishment aus Republikanern und Demokraten bündelte alle Kräfte, um den prominenten Drogenfreund an der Übernahme des Sheriffsamts zu hindern.
In Berlin braucht es fast 50 Jahre später nicht einmal ein offensives Bekenntnis zum Konsum, um vom Polizeidienst ausgeschlossen zu werden. Eine reguläre Blutuntersuchung vor der Einstellung beweist die private Nutzung von Cannabis – und schwups ist es vorbei mit dem Traum von der Karriere in Uniform.
Es lässt sich natürlich fragen, ob wir wirklich Ordnungshüter brauchen, die nicht einmal wissen, wie viele Tage sie nach einem Joint warten sollten, bis sie ihr Blut unter ein Mikroskop geben. Warum privater Alkoholkonsum aber weniger einschränkend sein soll als ein bisschen THC, das bleibt, wie so oft, unbeantwortet.
Keine Waffen, dafür Dope
Gewiss, Schusswaffen sollten weder Betrunkene noch Bekiffte mit sich führen. Aber auch hier lässt sich von Thompson, immerhin einem echten Waffennarren, lernen. In seinem Wahlprogramm hieß es: „Der Sheriff sollte in der Öffentlichkeit niemals bewaffnet sein. Jede Ausschreitung, Schießerei und jedes Blutbad in der jüngeren Vergangenheit wurde von schießgeilen Bullen in Angstzuständen ausgelöst.“
Unbewaffnete Beamte, warum nicht? Dazu ließe sich in einer Steigerungsform der gelegentliche Genuss bestimmter Substanzen vielleicht nicht als Hinderungsgrund, sondern eher als Voraussetzung für die Zulassung zum Polizeidienst definieren. „Entspannt euch“ statt „Rührt euch“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja