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Kommentar CSUFriedrich der Verfilzte

Marlene Halser
Kommentar von Marlene Halser

Immer neue Vorwürfe erschüttern die bayerische Staatspartei. Nun steht auch Bundesinnenminister Friedrich in der Kritik.

S o sehr sich die CSU derzeit bemüht, den Eindruck der alten Amigo-Partei abzuschütteln, es will ihr nicht gelingen. Mit jedem Loch, das Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer in seinem Kahn zu stopfen versucht, tut sich an anderer Stelle ein neues auf.

Doch in fünf Monaten wird in Bayern und im Bund gewählt. Da muss sich eine Partei eigentlich so stark wie möglich präsentieren und nicht wie ein verfilzter Vetternwirtschaftsverein.

Seehofer allein würde das vermutlich gelingen, wäre da nicht sein Spitzenpersonal in München und Berlin, Seit Dienstag steht nun auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) in der Kritik. Er soll bei Neueinstellungen in seinem Ministerium unionsnahe Bewerber bevorzugt haben.

Bild: Kobi Wolf
Marlene Halser

ist Bayernkorrespondentin der taz in München.

Nach einem Bericht der Welt waren aus einer Liste von 470 Kandidaten für die insgesamt 24 zu besetzenden Juristenstellen bei einer Zwischenauswahl nicht wie vorgesehen die Bewerber mit der höchsten Qualifikation ausgesucht worden, sondern vor allem Kandidaten mit CDU- und CSU-Parteibuch oder mit Verbindung zur unionsnahen Konrad-Adenauer-Stiftung. Die Einstellungen waren bekannt geworden, weil die Behindertenvertreterin des Ministeriums in dem Zusammenhang gegen den Personalrat geklagt hatte.

Sonderprüfung im Landtag

Friedrichs Ministerium wies die Anschuldigungen zwar zurück. „Wir vermuten eher ein Wahlkampfmotiv“, sagte Friedrichs Sprecher Jens Teschke am Dienstag. Die Parteimitgliedschaft habe bei der Auswahl keine Rolle gespielt. Auch ein Mitglied der Jungen Liberalen, ein ehemaliger Mitarbeiter der SPD und ein Stipendiat der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung befinden sich unter den erfolgreichen Bewerbern. Dennoch passt dieser Vorwurf gut zu dem, was sich derzeit im Bayerischen Landtag in München abspielt.

Dort plant der Oberste Rechnungshof eine Sonderprüfung im Zuge der Abgeordneten-Affäre des Landtags. In insgesamt 79 Fällen hatten Abgeordnete nach dem Jahr 2000 eine Übergangsregelung genutzt und enge Verwandte als Mitarbeiter beschäftigt. Auch einige zum Teil ehemalige Abgeordnete von SDP, Grünen und Freien Wählern sind darunter. Das Gros der Fälle häuft sich aber bei der CSU.

Zwar waren diese Beschäftigungsverhältnisse aufgrund der Übergangsregelung legal, moralisch aber höchst zweifelhaft. Vor allem dann, wenn man die Fälle im Detail betrachtet: Die bayerische Justizministerin Beate Merk hatte ihrer Schwester Aufträge erteilt, Kultusminister Ludwig Spaenle seiner Frau. Agrarminister Helmut Brunner beschäftigte nicht nur seine Gattin, sondern darüber hinaus auch seine Schwester und Nichte jahrelang mit einem Mini-Job auf Staatskosten. Sie alle sollen die Löhne für ihre Verwandten nun im Zuge von Seehofers Krisenmanagement zurückbezahlen. So sollte die Angelegenheit möglichst schnell befriedet werden.

Kinderarbeit

Nun macht die Prüfung des Rechnungshofs womöglich all diese Pläne zu nicht. Denn bei der Prüfung wird es auch um die Gehaltssummen, die genauen Verträge und die geleisteten Sozialabgaben gehen, die einige Abgeordnete bislang tunlichst verschwiegen. Es ist denkbar, dass einige Kabinettsmitglieder im Anschluss an die Prüfung ein ähnliches Schicksal ereilt, wie den ehemaligen CSU-Fraktionschef Georg Schmid. Schmid hatte die Affäre ausgelöst, weil er seiner Frau bis zu 5.500 Euro monatlich für Bürotätigkeiten überwies. Er trat zurück.

Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft Augsburg beantragt, Schmids Immunität als Abgeordneter aufheben zu lassen. Diesem Antrag wurde vorläufig stattgegeben. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den CSU-Politiker wegen des Verdachts auf Scheinselbständigkeit und Sozialversicherungsbetrugs bei der Beschäftigung seiner Frau.

Nach Schmids eigener Aussage hat er seine Frau „rund um die Uhr beschäftigt“ – wenn dies so war, kann sie aber kaum für andere Auftraggeber tätig gewesen sein. Und noch ein weiterer, bereits zurückgetretener Politiker geriet unter Druck: Das Landtagsamt bescheinigte dem ehemaligen Vorsitzenden des Haushaltsausschusses im Landtag, Georg Winter, dass das Anheuern seiner beiden damals 13 und 14 Jahre alten Kinder im Jahr 2000 verbotene Kinderarbeit war. Nach der Kinderarbeitsschutzverordnung seien in diesem Alter bestimmte Tätigkeiten erlaubt, teilte der Landtag mit – Büroarbeit aber nicht.

Die gesamte CSU erscheint derzeit mal wieder als ein Lehrstück darüber, was geschieht, wenn eine Partei schon zu lange regiert und es sich allzu gemütlich gemacht hat, an der Macht: Ob die Bürgerinnen und Bürger Bayerns daraus bei den Wahlen endlich die Konsequenzen ziehen?

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Marlene Halser
Freie Autorin
Geboren 1977 in München, war von 2011 bis 2019 zunächst als Bayernkorrespondentin, dann als Redakteurin und später als Ressortleitung im Ressort taz2 (Gesellschaft und Medien), sowie als Content SEO bei der taz. Jetzt ist sie wieder als freie Autorin unterwegs.
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15 Kommentare

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  • S
    seppl

    Die letzte Frage scheint mir - gerade für Bayern - eher eine rethorische Frage zu sein.

  • RB
    Rainer B.

    @ tommy

     

    Eine gute Bildungspolitik führt nicht zwangsläufig zu guten Bildungsleistungen. Was nutzt das schönste Schulsystem, wenn die Kinder gar nicht erst zur Schule kommen, weil es den Eltern gleichgültig ist. Angesichts von Facharbeitern, die aufstocken müssen, um über die Runden zu kommen und Hochschulabsolventen, die jahrzehntelang in der Arbeitslosigkeit gefangen gehalten werden, bevor man sie dann in die Psychiatrie einweisen muss, kann man diese Eltern sogar verstehen. Nicht Bildung ist der Schlüssel zur Teilhabe, sondern vor allem 'soziale Vererbung'. War der Papa Chefarzt, macht es Sinn, dass der Sohn Medizin studiert, weil die weiterführende Infrastruktur schon vorhanden ist. War der Papa Maurer, wird der Sohn auch nach einem Medizinstudium nicht glücklich werden, wenn er nicht sehr masochistisch veranlagt ist. Das deckt sich mit den wesentlichen Ergebnissen der Pisa-Studien. Die bildungspolitischen Differenzen zwischen den Bundesländern sind letztlich nur marginal und haben bei weitem nicht das gesellschaftspolitische Potenzial, um diese Strukturen aufzuweichen. An Diskussionen, die nur darüber hinwegtäuschen wollen, beteilige ich mich nicht mehr.

  • T
    tommy

    @Rainer B.

     

    Ich verstehe Ihren Beitrag nicht - Sie wissen schon, dass es auch in Baden-Württemburg Ballungszentren gibt? So wie es auch in NRW ländliche Regionen gibt? Der Unterschied zwischen der Bildungsleistung beider Länder kann nicht durch unterschiedlichen Urbanisierungsgrad erklärt werden, er ist eine Folge der Bildungspolitik.

    Und Studiengebühren von 500 Euro pro Semester halte ich für vertretbar, vorausgesetzt natürlich, dass Studenten aus einkommensschwachen Verhältnissen bei der Finanzierung unterstützt werden.

  • RB
    Rainer B.

    @tommy

     

    Wenn man die Dorfschule in Baden-Würtemberg mit Schulen in Ballungszentren wie NRW oder Schulen in den Stadtstaaten vergleicht, dann vergleicht man Äpfel mit Birnen. Die Heile-Welt-Schule vom Dorf ist leider kein praktikables Modell für Ballungszentren, in denen nicht nur viele Menschen leben, sondern auch viele Probleme in die Schulen getragen werden, die es auf dem Dorf so (noch) nicht gibt. Deshalb von "Bildungsruinen" zu sprechen, zeugt nicht gerade von Bildung und Durchblick.

     

    Dass Studiengebühren die Situation der Studierenden verbessern würde, wird zwar gerne behauptet, läßt sich aber nirgends belegen. Der "Sinn" von Studiengebühren ist es allein, Jugendliche aus finanziell schlechter gestellten Elternhäusern vom Studium fernzuhalten.

  • T
    tommy

    @robbyy

     

    Ich lebe auch in Baden-Württemberg und bin mit grün-rot nicht zufrieden! Einfach nur eine Katastrophe! Was diese Regierung bereits jetzt im Bildungssektor angerichtet hat (Abschaffung der sinnvollen Studiengebühren, dafür Abbau dringend benötigter Lehrerstellen an den Schulen) bzw. beabsichtigt ("Einheitsschule") wird das Ländle bald auf das Niveau von Bildungsruinen wie NRW oder Bremen herabdrücken. Kretschmann ist und bleibt ein Wolf im Schafspelz.

  • R
    robbyy

    Liebe Bayern,

     

    habt keine Angst und seit ohne Sorge...

     

    Wir in Baden-Württemberg sind mit grün-rot mehr als zufrieden. Auch wir hatten schwarzen Filz und Vetterwirtschaft, abgehobene Poltiker und man behandelte uns nur als Stimmvieh..... Doch nach 60 Jahren (länger als Fidel Castro an der Macht war) hat uns der Regierungswechsel wirklich gut getan.

     

    Es liegt an euch es auch in Bayern zu ändern...

  • V
    vic

    Der Freistaat ist so frei. Das war so, ist so und wird so bleiben. Eh wurscht.

  • C
    Celsus

    Jetzt schreiben da einige ganz verzweifelt, dass doch Bayern so schön floriere. Lässt sich das mal an nachweisbaren Folgen von Gesetzen und Taten der Landesregierung belegen?

     

    Da wird dann schnell ein verlegenes Hüsteln kommen, weil die wichtigste Aufgabe der Bundesländer doch bekanntermaßen in der Bildung liegt. Das lässt sich dann natürlich auch an Erfolgen wie zum Beispiel denjenigen messen, wieviele Akademiker_innen ihre Promotion mit summa cum laude bestanden haben und anschließend Spitzenpositionen im Staat wahrnahmen. (Ironie off)

     

    Und jetzt haben wir ungenierteste Selbstbedienung, bei der sich auch fragt, was die wohl auch über Vitmain ins Amt gekommene Landtagsverwaltung da treibt, wenn selbst Kinderarbeit nicht beanstandet wurde. Und waren das gemäß der Verfassung die ausschließlich nach Eignung und Befähgiung ausgesuchten besten Bewerber? Dann haben die Landtagsmitglieder also strafrechtlich nichts zu befürchten und ihre Eide auf Gott und die Verfassung gehalten?

     

    Hoeneß bezahlte viele Mitarbeiter_innen untertariflich. Wie schaut es bei den allseits geliebten Abgeordneten aus? Haben die 30 % und mehr über Tarif gezahlt. Auch da könnte es um die Veruntreuung öffentlicher Mittel gehen. Und sind das wirklich die gleichen Leute, die dauernd gegen Gehaltserhöhungen für Arbeitnehmer-innen durch gute Tarifabschlüsse waren?

     

    Liegt der PR-wirksam behauptete Erfolg Bayerns dann im Nichtstun einiger Landtagsabgeordneter und deren Beschäftigten? Denn es könnte ja sein, dass die Kinder von Abgeordneten nicht wirklich gearbeitet haben. DIe Abgeorndneten arbeiteten vielleicht so wenig, dass sie Mitarbeiter_innen gar nicht so nötig hatten.

     

    Und der Ministerpräsident kannte die Mitarbeiter_innen der Abgeordneten der CSU und seiner Minister_innen anscheinend nicht. Er stellt erst jetzt schockiert die Mitarbeit von engen Angehörigen fest. Hat der Mann auch so wenig gearbeitet, dass ihm nichts auffiel?

     

    Entsteht der bayerische Erfolg durch Filz und Nichtstun? Nun gut. Es gab eine Reihe unrühmlicher Vorgänge vom Medienimperium Leo Kirch, der Landesbank, der HRE, auch von der Landesregierung eingefädelte und vom Käuferland nicht bezahlte überdimensionierte Waffenexporte nach Griechenland, ... Wie oft mussten da der Bund und der Steuerzahler für Kosten aufkommen? So toll waren die bei der CSU nicht. Aber die PR war bislang klasse.

  • T
    tommy

    @ von und zu

     

    Politische Gegner für geisteskrank und psychiatrischer Behandlung bedürftig zu erklären, ist eine typische Vorgehensweise in totalitären Bewegungen - für den wahren Gläubigen gibt es eben nur EINE Wahrheit, EINE legitime Weltsicht. Schön zu sehen, wie sich in den taz-Kommentaren immer wieder "aufgeklärte", "tolerante", "progressive" Linke selbst demaskieren und die Fratze des Hasses auf alles Abweichende offenbaren.

  • K
    Kini

    Bayern war und ist die Waffenfinanzierungsdrehscheibe der Welt. Banktrack und andere belegen dieses eindeutig. Gerade die BayernLB, KfW und Deutsche Bank deren Hauptaktionäre wohl in den Öl Regionen zu finden sind.

    Der damalige Amigo-Lokheed Skandal, zig tote Bundeswehrsoldaten zum Wohle privater Taschen, setzt sich ungehindert fort.

    Nicht umsonst sind Angehörige der globalen Despoten in bayerischen Krankenhäuser bevorzugte Organempfänger, manche Söhne der Despoten fuchteln mit Pistolen in Bayern herum und bedrohen Bürger ähnlich wie der Fahrer von Strauß Senior.

    Nur auf Drängen der Öffentlichkeit wurde der Vertrieb des Buches "Mein Kampf" rund um den Mittelmeerraum unterbunden.

    Das mag machen Amigos im bayerischen Finanzministerium ärgern wenn Geldeinkünfte versiegen.

    Zu der Scheinselbstständigkeit kommen wohl diverse Tarnfirmen die dem deutschen/EU Recht nicht entsprechen.

     

    Die Partei NPD wird aus dem Grund nicht verboten, weil sonst die Konrad Adenauer und andere Stiftungen ebenfalls verboten werden müssten.

    Konsequenzen sind fehl am Platze, die merken nichts mehr.

    Ist Bayern der Übergang vom Österreicher zum Mensch?

  • P
    Petro

    und dirk niebel von der fdp stellt auch nur parteinahe leute ein ggg

    gggg

     

    und die in bay wieder csu wählen die machen sich mitschuldig,landesbank,filz wo man hinschaut,kanal,donau ausbau ,gehts noch ,

    arbeitsscheu aber der kirche treu

     

    es reicht

  • T
    tommy

    Ich finde die CSU trotzdem klasse, die haben was drauf und Bayern floriert. Man vergleiche das mal mit NRW: Die Sozen dort sind mindestens genauso korrupt und verflizt wie die schlimmsten CSUler. Und nebenbei haben sie noch das Land ruiniert!

  • UZ
    und zu

    Bei aller Liebe, die genannte Behindertenvertreterin des Ministeriums sollte sich mal überlegen, ob es nicht bereits auf eine bedeutende psychologische Störung oder gravierende mentale Dysfunktion schließen lässt, wenn jemand ein Parteibuch der Union besitzt oder für die unionsnahe K-A-Stiftung arbeitet...

  • S
    spiritofbee

    Funktioniert nicht ein Großteil dieses Landes ( nicht nur dieses) an entscheidenden Stellen nach diesen Mechanismen?

    Im Kleinen wie im Großen stößt mensch immer wieder auf Namen, die generationenübergreifend auf ähnlichen Posten agieren und sich natürlich für entsprechende Aufgaben auch aus eigenen (gesinnungstreuen?)Netzwerken bedienen.

    Wäre dem nicht so, könnten sich die vorherrschenden Eliten über längere Zeiträume gar nicht an der Macht halten.

    Hier gilt vor allem der Grundsatz:

    Folgt der Spur des Geldes und vor allem den Namen die damit verknüpft sind!!

    Bin alles andere als ein CDU Fan, aber mit Verlaub, dies sind kurzfristig angelegte, publizistisch wirksame Aufdeckungen für uns als Wahlvolk.

    Wirksame Nebelkerzen mit gelungenem Ablenkungsfaktor.

  • H
    Hasso

    Es wird zeit, dass diese Regierung endlich aus Europa verschwindet. Sollten sich Nester in den Ärschen der Lobbyisten bauen.