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Kommentar CIA-ProtokolleOhne Verurteilung keine Versöhnung

Ines Pohl
Kommentar von Ines Pohl

Es enttäuscht, dass Obama erst nach der erzwungenen Veröffentlichung einen Sonderermittler zur Aufklärung der CIA-Folter ernennt. Die politisch Verantwortlichen muss er jetzt in die Pflicht nehmen.

W er ein besseres Morgen will, muss nach vorn blicken, nicht zurück. Dieser kurze Satz fasst einen Gutteil des amerikanischen Selbstverständnisses. Als Barack Obama im Wahlkampf versprach, er wolle nicht zurückblicken im Zorn auf jene, die Krieg und Gewalt zu verantworten haben, spielte er perfekt auf dieser Klaviatur. Amerika müsse sich stattdessen - einmal mehr - neu erfinden.

Bild: Bernd Hartung

Ines Pohl ist Chefredakteurin der taz.

Mit dieser Strategie hoffte der Demokrat wichtige republikanische Stimmen bei der Umsetzung von Großprojekten wie der Gesundheitsreform zu gewinnen. Der Deal: Ich lasse eure Taten ungeahndet, und ihr erlaubt mir, Amerika zu einem besseren Land zu machen. Obama hatte schon als Wahlkämpfer ein feines Gespür dafür, was der politischen Klasse, in die er sich hineinwählen lassen wollte, zupasskommt. Ein Präsident hackt dem anderen kein Auge aus. Um das Amt nicht zu beschädigen, versteht sich.

Jetzt aber droht Obama unter seiner Politik der zugeschütteten Schützengräben selbst begraben zu werden. Der Druck auf ihn wächst und wächst. Es ist ernüchternd, dass er erst einen unabhängigen Sonderermittler beruft, nachdem Gräueltaten des CIA bekannt geworden sind, die selbst den überzeugtesten Amerika-Freund das Fürchten lehren. Im Namen der Vereinigten Staaten wurde gefoltert und sogar damit gedroht, Angehörige zu vergewaltigen und zu ermorden. Unfassbar - das mag die erste Reaktion sein. Vor allem, wenn man hört, mit welcher Kaltschnäuzigkeit Dick Cheney die Gewaltexzesse bis heute verteidigt.

Bei kühlerer Betrachtungsweise aber erstaunt es letztlich wenig, dass so etwas in dieser privatisierten Politik der Bush-Regierung passieren konnte. Losgelöst von demokratischer Kontrolle und getrieben von Profitgier, konnte sich ein System etablieren, in dem humanitäre Grundsätze keinerlei Rolle spielten.

Ob Obama will oder nicht: Als Präsident der USA trägt er die Verantwortung für sein Land nicht nur im Heute und Morgen, sondern auch für dessen jüngste Vergangenheit.

Daher muss er jetzt die Verbrechen der CIA mit aller Härte aufdecken. Und er muss die Verantwortlichen in die Pflicht nehmen, auch wenn sie seiner eigenen politischen Klasse angehören. Wenn Obama es wirklich ernst meint mit einem Neuanfang, muss er alles dafür tun, dass Cheney, immerhin das Gehirn des Grauens, zur Rechenschaft gezogen wird.

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Ines Pohl
Ines Pohl (Jahrgang 1967) war von Juli 2009 bis Juni 2015 Chefredakteurin der taz. Bevor sie als politische Korrespondentin für die Mediengruppe Ippen in Berlin arbeitete, leitete sie das politische Ressort der Hessischen /Niedersächsischen Allgemeinen. 2004/2005 war sie als Stipendiatin der Nieman Foundation for Journalism für ein Jahr an der Harvard University. Im Dezember 2009 wurde ihr der Medienpreis „Newcomerin des Jahres“ vom Medium-Magazin verliehen. Seit 2010 ist Ines Pohl Mitglied im Kuratorium der NGO „Reporter ohne Grenzen“. Außerdem ist sie Herausgeberin der Bücher: " 50 einfache Dinge, die Sie tun können, um die Gesellschaft zu verändern" und "Schluss mit Lobbyismus! 50 einfache Fragen, auf die es nur eine Antwort gibt" (Westend-Verlag)
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6 Kommentare

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  • HU
    Hinz und Kunz

    Sehr geehrter Wolfgang Stein,

     

    Wer wie sie die brutale, an Menschenverachtung den islamistischen Terroristen in nichts nachstehende Politik Dick Cheneys als "verantwortungsvoll" bezeichnet, kann nicht im Ernst erwarten, für voll genommen zu werden. Mit Folter, Krieg und zigfacher Missachtung der Menschenrechte tut er nichts anderes als die, die er zu bekämpfen vorgibt. wenn sie das allen Ernstes verteidigen möchten, dann verbreiten sie ihren geistigen Dünns***** doch bitte woanders!

  • T
    Torben

    Lieber Werner,

     

    Sie versuchen hier Unrecht mit Unrecht aufzuwiegen, Unrecht summiert sich aber stets.

     

    Es geht nicht um "entweder... oder", die generalsstabsmäßig geplanten Verbrechen gegen die Menschlichkeit der US-Administration gehören aufgeklärt und abgeurteilt. Ansonsten haben die USA auf lange Sicht ihr Selbstverständnis und ihre Außenwirkung verspielt.

     

    Ebenso gehören natürlich Terroristen verfolgt und dingfest gemacht, das muss man aber wirklich nicht jedes Mal erwähnen, das versteht sich von selbst.

     

    Gruß

    Torben

  • WS
    wolfgang stein

    Dick Cheney hat eine verantwortungsvolle Politik

    gemacht. Sein Problem war , dass er es mit einem

    dummen Präsidenten zu tun hatte. Cheney hat in

    Antiterrorkampf den richtigen Weg eingeschlagen,

    den er leider nicht fortsetzen konnte. Das Weichei

    Obama hat nicht die Kraft, diesen Weg weiterzugehen.

    Den USA ist zu wünschen, dass dieser Präsident auf

    der ganzen linie scheitert. Zur zeit sind die Zeichen dafür sehr ermutigend.

  • D
    Doris

    Richtig,Frau Pohl.

    Cheney muss zur Rechenschaft gezogen werden.

    Endlich spricht es mal jemand aus in der taz.

    Schritt 2 wäre eine neue,unabhängige Untersuchung von 9/11,denn dort liegen die Wurzeln der Bush/Cheney Verbrechen.

  • W
    Werner

    "Cheney, immerhin das Gehirn des Grauens, zur Rechenschaft gezogen wird" -

     

    Wer zieht diejenigen zur Rechenschaft, die auf Bazaren Bomben legen? Wer ist das Gehirn des Grauens dieser Bomben auf den den Bazaren? Warum haben Sie diese Opfer in Ihrem Artikel nicht erwähnt?

  • G
    gregor

    Es ist wohl eine Art PR-Maßnahme der CIA zur Verbesserung des Images. Es muss doch zugestanden werden, dass man etwas foltert, damit sich der Glaube nicht breit macht, dass es keine Kontrolle über diesen Laden gibt. Und ist auch kaum nachzuvollziehen, warum dieser Laden nicht zumindest anstandshalber umbenannt wird, damit es nicht so verbrecherisch klingt?