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Kommentar BußgeldStrafgeld abschaffen

Kaija Kutter
Kommentar von Kaija Kutter

Bußgelder, die schon ab der kleinsten Verspätung greifen, schaden dem Bemühen um gute Schule.

D ie Hamburger Schulbürokratie hat sich verrannt: Bußgelder, die schon ab der kleinsten Verspätung greifen, schaden dem Bemühen um gute Schule.

Im aktuellen Hamburger Fall hat der Junge gerade nicht geschwänzt, er kam nur manchmal ein wenig zu spät. Das ist nicht schön und stört, aber dafür gibt es ja pädagogische Maßnahmen, die hier offenbar sogar halfen.

Solche Bußgelder fördern sogar das Schulschwänzen. Sie verleiten Schüler, die verschlafen haben, sich lieber ganz krank zu melden.

Die Hamburger Schulbehörde hätte diesen Bescheid nie rausschicken dürfen. Jetzt muss ein Gericht entscheiden, ob das Rechtens war. Eine unnötige Eskalation. Soll bald der Staatsanwalt mit der Stoppuhr hinter der Schultür stehen?

Menschen funktionieren nicht wie ein Uhrwerk, auch Lehrer kommen zu spät. Bei 30 Unterrichtsstunden pro Woche läuft ein Schüler über 1.000 mal im Jahr diese Gefahr. Da zeugen acht Verspätungen im Halbjahr von hoher Zuverlässigkeit.

Doch auch die Geldstrafen für Schulschwänzer sind nicht in Ordnung. Die Schulbehörde nimmt in Kauf, dass Jugendliche, die diese nicht zahlen, in Arrest kommen, ist aber nicht einmal bereit, den Erfolg dieser neuen Strenge zu evaluieren.

Da ist es ein Glück, dass das Bußgeld hier Eltern betrifft, die sich gut artikulieren können. Es wird nicht der einzige von über 800 Bescheiden sein, der nach Willkür riecht.

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Kaija Kutter
Redakteurin taz-Hamburg
Jahrgang 1964, seit 1992 Redakteurin der taz am Standort Hamburg für Bildung und Soziales. Schwerpunkte Schulpolitik, Jugendhilfe, Familienpolitik und Alltagsthemen.
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2 Kommentare

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  • D
    D.J.

    "Da zeugen acht Verspätungen im Halbjahr von hoher Zuverlässigkeit."

     

    Laut parallelen Artikel ging es um die Monate Januar und Februar. Habe mir den Spaß gemacht, durchzurechnen, wie viele Schultage es da in Hamburg gab. Es waren 37. Er ist also an ca. 22% der Tage zu spät gekommen. Konnten Sie mir folgen oder habe ich Sie überfordert?

     

    @Weiße Rose,

     

    jaja, der Sarrazin lässt sich auch für jedes linke Nicht-Argument heranziehen. Sozusagen richtig Autobahn das.

  • WR
    Weiße Rose

    Strafgeld und Arrest für Schulschwänzer sind die ultimative pädagogische Bankrotterklärung der Schulbehörde!

    Der Sarrazin'sche (Un)Geist hat sich in der SPD offenbar virusartig bis in letzte Bürokratenstuben ausgebreitet.

    Was soll als Nächstes folgen - Der Rohrstockeinsatz?

    Eigentlich können Hamburger Schüler nur noch in den Generalstreik treten, einige engagierte Lehrer mit intakten Resthirn könnten sich solidarisieren...