Kommentar Burschenschaften und Parteien: Burschis müssen draußen bleiben
Der SPD-Vorstand schließt Doppelmitgliedschaft in Partei und Burschenschaft rigoros aus. Gilt aber nicht im Nachhinein.
W er im Dachverband der deutschen Burschenschaft Mitglied ist, der hat bei der SPD nichts zu suchen. Der Beschluss des SPD-Parteivorstands vom Montag klingt erstmal gut. Es war lange überfällig auf die rechtsextremen Auswüchse hinzuweisen, die unter dem Deckmantel des Dachverbands wuchern. Mehrere seiner Mitglieder wie die Hamburger Germania oder die Münchner Danubia werden vom Verfassungsschutz beobachtet.
In ihren Räumen bejubeln die Burschenschaftler rechtsextreme Referenten. Im Danubia-Haus in München konnte sich sogar ein von der Polizei gesuchter Skinhead verstecken, nachdem er einen Griechen fast tot geprügelt hatte. Das war 2001. Und trotzdem fand die SPD-Ikone Egon Bahr 2005 nichts daran, vor der umstrittenen Berliner Burschenschaft Gothia zu sprechen. Zu Recht löste das einen Aufschrei bei den Jusos aus.
Parteien dürfen sich mit völkischem Gedankengut nicht gemein machen. Bis das auch beim Parteivorstand ankam, mussten weitere neun Jahre vergehen. Erst jetzt, nachdem 250 Menschen gegen den Fackelzug der Deutschen Burschenschaft in Eisenach demonstrierten und die Wartburg-Stiftung sich weigerte, ihren Burghof für völkische Parolen herzugeben, ringt sich der Parteivorstand durch. Ein langer Anlauf für einen Beschluss, der nicht viel mehr ist als ein Zeichen.
Die Unvereinbarkeit wird nicht rückwirkend gelten. Wer es als deutscher Burschenschaftler einmal in die SPD geschafft hat, den kriegt man auch jetzt so leicht nicht raus. Es müsste wie gehabt ein Ausschlussverfahren geben und da schreibt das Parteiengesetz hohe juristische Hürden vor wie der Fall Sarrazin gezeigt hat. An den Möglichkeiten, Burschenschaftler gar nicht erst rein zu lassen, ändert sich auch nicht viel, denn da hatte der Ortsvorstand schon jetzt sehr hohe Freiheiten.
Vielleicht ist kurzzeitig die Motivation da, genauer hinzuschauen, doch bald werden die Mitgliedsanträge unbesehen durchgewunken wie bisher. Für eine wirkliche Überprüfung fehlen die Ressourcen. Deshalb ist der Beschluss des SPD-Parteivorstands nicht mehr als ein politisches Signal, wenn auch das richtige.
Komisch allerdings, dass die Bundesregierung die Deutsche Burschenschaft gerade als „mit der demokratischen Grundhaltung vereinbar eingestuft“ hat. Es wäre schön, wenn Herr Gabriel auch in der Koalition so laut gegen rechts schreien würde, wie in seiner eigenen Partei.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann