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Kommentar Bündnisse in NRWKeine Chance für Rot-Rot-Grün

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

SPD, Grüne und Linkspartei haben aus je eigenen Kalkülen kein Interesse an einer gemeinsamen Koalition. Mit unterschiedlichen Konsequenzen.

I n NRW scheint greifbar nahe, was in Hessen und im Saarland, in Hamburg und in Thüringen misslang: eine Reformregierung aus SPD, Grünen und Linkspartei. Das wäre ein unüberhörbares Signal für den Bund. Es würde die Skeptiker bei den Sozialdemokraten und Grünen in die Defensive drängen und bei der Linkspartei die trostlose innerparteiliche Frontstellung zwischen West-Fundis und Ost-Realos auflockern.

Bild: taz

STEFAN REINECKE ist politischer Korrespondent der taz. Er bschäftigt sich vor allem mit der SPD und der Linkspartei.

Doch es gibt drei Gründe, die gegen Rot-Grün-Rot in NRW sprechen: SPD, Grüne und Linkspartei. Auch in NRW fehlen für Rot-Rot-Grün elementare Voraussetzung-- nicht weil die politischen Ziele so völlig verschieden sind, sondern wegen mentaler Blockaden. Die SPD hat sich noch immer nicht mit der Existenz der Linkspartei abgefunden.

In ihrem Innersten ist noch immer in der Illusion gefangen, dass die Linkspartei wie ein böser Spuk wieder verschwinden wird. In NRW redet sich die SPD derzeit mit beachtlicher Energie ein, dass es ja auch für Rot-Grün reichen kann, wenn es nur die Linkspartei nichts ins Parlament schafft. Ganz ausschließlich will Hannelore Kraft Rot-Grün- Rot aber auch nicht.

Rational wäre es, wenn die SPD einen klaren Kriterienkatalog für eine Regierungsbeteiligung der Linkspartei vorlegen würde. Doch rational ist die SPD nicht. Sie reagiert auf die linke Konkurrenz mit einer Mixtur aus Angst und Arroganz.

Die Linkspartei hat gewissermaßen das komplementäre Problem. Ihre Frontleute wiederholen wie ein Mantra, dass die SPD erstmal wieder sozialdemokratisch werden muss, ehe man an eine Koalition überhaupt denken kann. Die SPD müsse sich von Hartz IV, der Rente mit 67 und dem Afghanistankrieg verabschieden und damit die Kernforderungen der Linkspartei erfüllen.

Das ist doppelt töricht. Denn wenn die Gabriel-SPD all dies täte, ständen Klaus Ernst & Co vor der ungemütlichen Frage, wofür es die Linkspartei im Westen eigentlich noch geben muss. Kurzum: Solange die SPD die Linkspartei eigentlich vernichten und die Linkspartei die SPD eigentlich erziehen will, wird es Rot-Rot nicht geben.

Zu diesen eher psychotherapeutisch beschreibbaren Missverständnissen kommen in NRW noch ein paar Schwierigkeiten. Die Linkspartei scheut nicht aus fundamentalistischer Verbohrtheit eine Koalition. Sie verfügt über keinerlei parlamentarische Erfahrung. Es gibt in NRW auch keine Kommune, in der Rot-Grün-Rot regiert. Die Linkspartei ist in Machtspielen unerfahren und fürchtet nicht zu Unrecht, gegen den seit Jahrzehnten gut geölten SPD-Apparat keinen Stich zu machen. Deshalb setzen die Vernünftigen in der Linkspartei auf eine Tolerierung von Rot-Grün.

Das wiederum haben die Grünen clever, ausgeschlossen. Rot-Grün-Rot -ja vielleicht, aber nur als Koalition. Mit dieser Linie sind die Grünen fein raus und versenken Rot-Grün-Rot elegant nebenbei. Sie können mit der Linkspartei, aber auch mit der CDU. Die Grünen scheinen sich mittlerweile den Wahlspruch der Horst-Schlämmer-Partei zu eigen gemacht zu haben: "Wir sind liberal, konservativ und links". Wo sie stehen, weiß man nicht, auf jeden Fall nicht in der Schusslinie.

Und wenn aus Rot-Grün-Rot leider nichts wird, dann müssen die Grünen eben mit Rütters regieren. Das werden auch die linken Grünen akzeptieren, deren Neigung zur SPD sowieso getrübt ist. Wer die Arroganz von Wolfgang Clement ertragen hat, den kann Rüttgers nicht mehr schockieren.

So haben SPD, Grüne und Linkspartei aus je eigenen Kalkülen kein Interesse an einer gemeinsamen Koalition. Mit unterschiedlichen Konsequenzen. Den Grünen geht es prima. Wenn sie mit Rüttgers und Laschet regieren, haben sie via Bundesrat auch in Berlin viel zu sagen. Und sie können ihren linken Wähler sogar einigermaßen erklären, warum sie so handeln. Die Linkspartei muss nicht regieren. Kommt sie ins Parlament, wird sie stabiler werden -- das ist für eine wacklige Organisation wichtiger als alles andere.

Richtig mies sieht es nur für die SPD aus. Mit den Grünen wird es kaum reichen, mit den Linken kann sie nicht. Mit Grünen und FDP würde sie wollen, aber Grüne und FDP können sich nicht ausstehen. Außerdem will die FDP in zentralen Punkten, wie der Hochschulpolitik, das glatte Gegenteil von der SPD. So ist der Traum von der Ampel bei der SPD mal wieder ein sicheres Zeichen, dass sie gar nicht mehr weiß. wo es lang geht.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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14 Kommentare

 / 
  • UN
    Uwe-Jürgen Ness

    Ihren Kommentar hier eingebenMan muss sich von der Gewohnheit verabschieden, die Grünen einfach dem "linken Lager" zu zuschlagen. So sehr der Vorsprung des linken Lagers in der Demoskopie einen freuen mag, werden die Grünen aus einer etatistischen Position heraus, welche inzwischen tief in der Partei verwurzelt ist, lieber bürgerliche Koalitionen eingehen als "linke Experimente" mit SPD und der LINKEN zu wagen. Das gilt für die Bundesländer und in erhöhtem Maße natürlich auch für den Bund.

    Wenn selbst in NRW der Widerstand gegen schwarz-grün gebrochen ist, was wird erst nächstes Jahr in Ba.-Wü. passieren? Der Landesverband in NRW galt schließlich nach dem Abgang der meisten Linken Ende der 80er / Anfang der 90er Jahre noch als Hochburg des Linken Forums (F. Schmidt, L. Volmer, V. Beck) und verhielt sich bei der Bildung der ersten Koalition mit der SPD noch recht widerspenstig. Insofern überrascht mich die Offenherzigkeit der NRW-Grünen für schwarz-grün in gewisser Weise. In Ba.-Wü. hingegen wird schon seit Ende der 80er Jahre, vor allem befördert durch W. Kretschmann, R. Schlauch und C. Özdemir und Co. auf Grund der strukturellen Schwäche der SPD schon so lange gebetsmühlenartig schwarz-grün ohne nennenswerten Widerstadt das Wort geredet, dass diese Koalition zur self-fulfilling prophecy wird. Der grüne Landesverband in NRW will auf Grund der momentanen Schwäche der FDP genau die Scharnierfunktion zwischen den Lagern erfüllen, die der grüne Landesverband in Ba.-Wü. längst anstrebt und vermutlich nach der Wahl im kommenden Jahr auch einnehmen wird. Was in Hamburg und im Saarland als Laborexperiment ausprobiert wurde, kann in NRW und Ba.-Wü. leicht zum Feldversuch werden. Wie gesagt, wer grün wählt wird sich schwarz ärgern.

     

    www.uweness.eu

  • J
    joHnny

    ...nicht die SPD weiß nicht, wo es lang geht, sondern die wählerinnen und wähler bzw. die nichtwählerinnen und nichtwähler haben keine orientierung...

  • S
    Stephan

    "Wo sie [die Grünen] stehen, weiß man nicht, auf jeden Fall nicht in der Schusslinie."

     

    kleiner Tipp: ins Wahlprogramm und in den Wahlaufruf schauen! Denn während die taz fleißig die Grüne Bürgerlichkeit herbeischreibt ist das NRW Programm original sozial-ökologisch. Wie das mit JR gehen soll hat nicht einmal die taz bis jetzt verraten...

  • V
    vic

    Sie werfen der Linken fehlende parlamentarische Erfahrung vor.

    Wie zum Teufel sollten sie die auch jemals erlangen, wenn sie von SPD und Grünen gemieden werden als hätten sie Ebola und Beulenpest gleichzeitig?

    Was Grüne und SPD planen ist weder vernünftig, noch pragmatisch. Es ist nichts als die pure Machtgeilheit.

    Wer mit Rüttgers oder noch schlimmer mit der FDP regieren würde, sollte zu hause erst alle Spiegel abhängen.

  • BG
    Bernd Goldammer

    So kann man Demokratie lächerlich machen.Und was wird aus unserem Land?

  • DH
    Dr. Harald Wenk

    Der Kommentator scheint ein echter GRÜNEN Freund zu sein.Der Kommentator scheint ein echter GRÜNEN Freund zu sein.

    Links und Sozialabbau zugunsten großer Kapitale, nichts anderes sind Hartz IV und Rente bis 67, sowie völlig unnötige Verwicklung in Kriege – Schröder hat mit Anti-Irak Krieg seine Wiederwahl stark mit gewonnen - schließen sich logisch existentiell aus.

    Das gilt für GRÜNE und SPD, die beide aus genuin linken Massenbewegungen entstanden sind.

    Das zerreibt die SPD zu recht, was Andrea Nahles mit ihrem „Schröder ist die Abrissbirne der SPD“ vollkommen klar und richtig schon lange artikuliert hatte.

    Es sollte, müsste und dürfte die GRÜNEN auch zerreiben, aus logisch existenziell politischen Gründen. Die GRÜNEn, die Rot-Grün fest mit ihrer politischen Identität verbunden hatten, neben der immer gemäßigteren linken Ökologie, drücken sich um ihre „Nahles“ herum. Der Grund liegt darin, dass Kompromisse nach rechts eigentlich immer eher als Zugeständnisse an die SPD aufgefasst wurde, als „Schwanz des Hundes, der mit diesem nicht wedeln kann“. Selbst Koalitionen mit der CDU werden mit Nachklang des Hundeschwanz Arguments eher taktisch begründet und durch bekommen.

    "Wir habe über ihn umlernen müssen, das rechnen wir ihm hart an" (Nietzsche). Die SPD merkt das schon, für die GRÜNEn steht das noch ein wenig aus.

    Was die „Regierungserfahrung“ angeht, täte eine unverbrauchte linke Änderung der eingeschliffenen strukturell recht konservativen bis repressiven Praxen allenthalben, die der TAZ ihren übergroßen „zu recht Empörung“santeil an der Berichterstattung „sichern“[ ganz ganz bitter] mehr als NOT. WIRKLICHE NOT. Die LINKE ist der einzig authentische parlamentarisch vertretene Sozialabbau- und Neoliberalismus Gegner sowie Lohnabhängegenvertreter. Die politischen Gegner versuchen intern und extern mit extrem viel Raffinesse - “man muss die jungen Füchse fangen“ - den unvermeidlich undurchsichtigen und störanfälligen Aufbau möglichst schnell zu stoppen.

    Links und Sozialabbau zugunsten großer Kapitale, nichts anderes sind Hartz IV und Rente bis 67, sowie völlig unnötige Verwicklung in Kriege – Schröder hat mit Anti-Irak Krieg seine Wiederwahl stark mit gewonnen - schließen sich logisch existentiell aus.

    Das gilt für GRÜNE und SPD, die beide aus genuin linken Massenbewegungen entstanden sind.

    Das zerreibt die SPD zu recht, was Andrea Nahles mit ihrem: „Schröder ist die Abrissbirne der SPD“, vollkommen klar schon lange artikuliert hatte.

    Es sollte, müsste und dürfte die GRÜNEn auch zerreiben, aus logisch existenziell politischen Gründen. Die GRÜNEn, die Rot-Grün fest mit ihrer politischen Identität verbunden hatten, neben der immer gemäßigteren linken Ökologie, drücken sich um ihre „Nahles“ herum. Der Grund liegt darin, dass Kompromisse nach rechts eigentlich immer eher als Zugeständnisse an die SPD aufgefasst wurden, als „Schwanz des Hundes, der mit diesem nicht wedeln kann“. Selbst Koalitionen mit der CDU werden mit Nachklang des Hundeschwanz-Arguments eher taktisch begründet und durchbekommen.

    "Wir haben über ihn umlernen müssen, das rechnen wir ihm hart an" (Nietzsche). Die SPD merkt das schon, für die GRÜNEn steht das noch ein wenig aus.

    Was die „Regierungserfahrung“ angeht, täte eine unverbrauchte linke Änderung der eingeschliffenen strukturell recht konservativen bis repressiven Praxen allenthalben, die der TAZ ihren übergroßen „zu recht Empörung“santeil an der Berichterstattung „sichern“[ ganz ganz bitter] mehr als NOT. WIRKLICHE NOT. Die LINKE ist der einzig authentische parlamentarisch vertretene Sozialabbau- und Neoliberalismus-Gegner sowie Lohnabhängegenvertreter. Die politischen Gegner versuchen intern und extern mit extrem viel Raffinesse - “man muss die jungen Füchse fangen“ - den unvermeidlich undurchsichtigen und störanfälligen Aufbau möglichst schnell zu stoppen.

  • P
    P.Haller

    Mann oh mann, Herr Bovier, was haben sie denn mit der guten Frau Kraft vor ?

    So ne Traumfrau würde ich auch wählen, wenn denn alle Attribute, welche sie ihr zuschreiben auch zutreffen würden :

    charmant, kompetent, fleissig, liebenswert, sympathisch.....

    Können sie uns eigentlich mit diesem Gelaber nicht mal in Ruhe lassen ?? Bitte !!

     

    mfG

    Ein rot-grün-blutrottriefender Ballast !

  • A
    Amos

    Der SPD ist doch eigentlich egal mit wem sie regiert-,

    Hauptsache sie regiert. Auch wenn dabei nichts raus kommt. Die Parteien sind heute nicht mehr wählerisch.

    Sie nehmen was kommt. Wenn der Wähler etwas verändern will. muss er "extrem wählen". Bei den Klüngel-Parteien wird nichts herauskommen.

  • F
    Fritz

    Wenn jemand in NRW beabsichtigt, die CDU in die Opposition zu schicken, dann hat er ein Problem. Die Grünen haben sich die Option Schwarz-Grün demonstrativ offen gelassen. Sind also nicht wählbar. Die SPD äussert sich nicht zum Thema (was sowas bedeutet, weiss man.). Nicht wählbar. Und wählt man die Linke, so besteht eine reale Gefahr, die Chancen für Schwarz-Rot bzw. Schwarz-Grün zu erhöhen, weil irgendwelche "Taktiker" bei SPD und Grünen meinen, es wäre besser die Linke nicht an der Macht zu beteiligen

    Fazit: Feine Situation für Herrn Rüttgers. Er hat alle Chancen, MP zu bleiben. Dank Grünen oder im Notfall SPD.

  • R
    runzbart

    "Wer die Arroganz von Wolfgang Clement ertragen hat, den kann Rüttgers nicht mehr schockieren."

     

    oder auf gut deutsch übersetzt: wessen rachen von roten kröten geweitet ist, der hat auch kein problem damit schwarze kröten zu schlucken.

    natürlich alles zum wohle des verbrauchers.

     

    das einzig gute ist, dass sich grüne und fdp nicht ausstehen können... fragt sich nur wie lange noch.

    vielleicht findet man ja gefallen am kröten schlucken, wenn es im gegenzug pöstchen regnet.

  • RD
    Richard Detzer

    SPD hat keine Chance rationale Partei zu sein, solange es die Linkspartei gibt. Es wird langsam Zeit, dort nicht ein einziges Zugeständnis mehr zu machen.

  • K
    Katev

    Gute Analyse

  • JB
    Joachim Bovier

    Sie haben Recht, die parteien sind das Problem. Denn: Hannelore Kraft ist schon eine beeindruckende Frau, charmant, kompetent und fleissig. Gäbe es eine Personenwahl, ich würde keinen Moment zögern, diese liebenswerte Dame zu wählen. Das Problem ist nur der ganze rot-grün-blutrote Ballast, der sie als Galionsfigur missbraucht und seine postkommunistischen Ideologie hinter ihrem Rock versteckt. Wird die sympathische Frau Kraft stark genug sein, standhaft zu ihrer Ablehnung der Linkspartei zu stehen, wenn es zum Schwur kommt? Das macht diese Wahl so schwierig - nichts anders.

  • FK
    felix krull

    die Chance zu einer "Reformregierung"? "Reformregierung" mit Grünen, Linken und SPD?

     

    Was soll das denn für eine Reform werden? Stalinismus mit eingebauter Öko-Dikatur?