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Kommentar Britische GeheimdiensteDie nette 007-Show

Ralf Sotscheck
Kommentar von Ralf Sotscheck

Bei der Anhörung der drei britischen Geheimdienstchefs kam nichts raus. Oder doch? Schuld an allem sind die Whistleblower. Und die Medien.

Hier glaubt man, snowden helfe „Kinderschändern“: GCHQ-Zentrale in Menwith Hill, North Yorkshire. Bild: dpa

E s war eine Fernsehshow, wie sie eigentlich ins Unterhaltungsprogramm gehört. Aber sie lief auf dem Nachrichtenkanal der BBC.

Zum ersten Mal konnte die britische Öffentlichkeit die Chefs der drei Geheimdienste bestaunen. Angekündigt war eine Anhörung vor dem Unterhaus-Ausschuss. Doch John Sawers vom MI6, Andrew Parker vom MI5 und Iain Lobban vom geheimsten Geheimdienst „Government Communications Headquarters“ (GCHQ) gestalteten die Sache in eine Werbeveranstaltung um. Alles, was man tue, diene dem Wohl der Bevölkerung, machten sie einem weis.

Von Massenüberwachung keine Spur. Spionage-Einsätze im Ausland? Nur ganz wenige, nicht der Rede wert. Beteiligung von Folter an Verdächtigen? Ist gegen das Gesetz und findet deshalb nicht statt. Die Bösen sind die Whistleblower und die Medien.

Es gehört zum Geschäft der drei Top-Spione, andere hinters Licht zu führen. So konnten sie behaupten, was sie wollten - niemand kann ihnen an den Karren fahren.

Vom Premier ernannte Aufseher

Und die neun Mitglieder des Geheimdienst- und Sicherheitsausschusses (ISC), der 1994 eigentlich zur Kontrolle der Schnüffler gegründet worden war, wollten das auch gar nicht. Normalerweise werden Ausschuss-Mitglieder von den Abgeordneten gewählt. Beim ISC müssen sie zuerst vom Premierminister nominiert werden, der Vorsitzende wird direkt von ihm bestimmt.

David Cameron machte Malcolm Rifkind zum Vorsitzenden. Der war früher Verteidigungs- und Außenminister und deshalb für Aktionen der Geheimdienste mitverantwortlich. Der sollte nun die Schnüffler durch die Mangel drehen?

Die Show diente dazu, die britische Öffentlichkeit zu beruhigen: Von den drei adrett gekleideten Herren gehe doch keine Gefahr aus, wollte man suggerieren.

Das war zu erwarten. Oder hat jemand ernsthaft geglaubt, die Geheimdienstler würden reumütig eingestehen, dass sie die alte Tante Mary aus Midsomer bespitzelt, auf britischen Botschaften im Ausland Lauschanlagen installiert und libysche Dissidenten an Gaddafi ausgeliefert haben?

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Ralf Sotscheck
Korrespondent Irland/GB
Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net
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3 Kommentare

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  • PH
    Peter Haller

    @BLECHSTEIN

    Dann muss es aber schon ganz schön übel bestellt sein um den Fisch !

  • B
    Blechstein

    Was man als Bremerhavener gelernt hat ist, dass der Fisch zuerst vom Kopf stinkt.

    • @Blechstein:

      dem kann ich nur zustimmen ... ND