Kommentar Brasiliens Amazonas-Fonds: Unverschämter Griff in die Kasse
Brasilien möchte Geld, das für den Schutz des Regenwaldes vorgesehen ist, zweckentfremden. Doch die Ressourcen-Konflikte wird das nicht entschärfen.

Brasilianischer Regenwald: vorher – nachher Foto: dpa
Der brasilianische Umweltminister Ricardo Salles träumt davon, die Probleme im Amazonas-Gebiet mit norwegischem und deutschem Geld zu lösen. Diesen Plan bezeichnet er als „kühn und kreativ“. Kühn ist sein Vorhaben in der Tat. Mit den Steuergeldern anderer Länder Grundbesitzer für die Ausweisung von Schutzräumen zu entschädigen, also Klientelpolitik zu betreiben, das könnte man auch unverschämt nennen.
Großgrundbesitzer, die nach wie vor von der Agrarreform verschont werden, gehören im Land ohnehin zu den stärksten Gruppen. Noch sind sie auch eine wichtige Stütze für die amtierende Regierung. Insofern ist der Salles-Plan durchaus auch kreativ. Die Bolsonaro-Regierung wird derzeit zwischen zwei Polen zerrieben und die wirtschaftliche Situation im Land entwickelt sich noch immer nicht zum Besseren. Dem Agrarbusiness Geld zuzuschieben, das eigentlich für die Rettung des Regenwaldes vorgesehen ist, könnte deren Unterstützung wieder verstärken.
Doch die Konflikte um Ressourcen im Amazonas wird das nicht entschärfen. Im Gegenteil: Der Großteil der dort lebenden Bevölkerung ist auf Erlöse aus illegalem Holzraubbau und Minengeschäften angewiesen. Für sie müsste Geld ausgegeben werden, um alternative Einnahmequellen zu entwickeln. Dazu ist der Amazonas-Fonds auch gedacht: für kleine dezentrale Projekte, die etwa indigenen Frauen Verdienstmöglichkeiten eröffnen, damit ihre Männer nicht ihre eigene Lebensgrundlage zerstören müssen. Das wäre wirklich kreativ. Das wäre zukunftsweisend.
Norwegen, das 94 Prozent des Fonds finanziert, aber auch Deutschland sollten den „kühnen, kreativen“ Vorstoß der Bolsonaro-Regierung zum Anlass nehmen, um ein komplettes Umsteuern zu fordern. Viel zu lange nämlich wurden die Mittel aus dem Fonds dafür zweckentfremdet, beispielsweise Kontrollen der Umweltbehörde Ibama zu bezahlen – eine Aufgabe, die eigentlich der brasilianische Staat übernehmen müsste. Darin bestünde die Chance, eine umweltfeindliche, auf Gewinnmaximierung ausgerichtete Politik zumindest etwas abzumildern.
Kommentar Brasiliens Amazonas-Fonds: Unverschämter Griff in die Kasse
Brasilien möchte Geld, das für den Schutz des Regenwaldes vorgesehen ist, zweckentfremden. Doch die Ressourcen-Konflikte wird das nicht entschärfen.
Brasilianischer Regenwald: vorher – nachher Foto: dpa
Der brasilianische Umweltminister Ricardo Salles träumt davon, die Probleme im Amazonas-Gebiet mit norwegischem und deutschem Geld zu lösen. Diesen Plan bezeichnet er als „kühn und kreativ“. Kühn ist sein Vorhaben in der Tat. Mit den Steuergeldern anderer Länder Grundbesitzer für die Ausweisung von Schutzräumen zu entschädigen, also Klientelpolitik zu betreiben, das könnte man auch unverschämt nennen.
Großgrundbesitzer, die nach wie vor von der Agrarreform verschont werden, gehören im Land ohnehin zu den stärksten Gruppen. Noch sind sie auch eine wichtige Stütze für die amtierende Regierung. Insofern ist der Salles-Plan durchaus auch kreativ. Die Bolsonaro-Regierung wird derzeit zwischen zwei Polen zerrieben und die wirtschaftliche Situation im Land entwickelt sich noch immer nicht zum Besseren. Dem Agrarbusiness Geld zuzuschieben, das eigentlich für die Rettung des Regenwaldes vorgesehen ist, könnte deren Unterstützung wieder verstärken.
Doch die Konflikte um Ressourcen im Amazonas wird das nicht entschärfen. Im Gegenteil: Der Großteil der dort lebenden Bevölkerung ist auf Erlöse aus illegalem Holzraubbau und Minengeschäften angewiesen. Für sie müsste Geld ausgegeben werden, um alternative Einnahmequellen zu entwickeln. Dazu ist der Amazonas-Fonds auch gedacht: für kleine dezentrale Projekte, die etwa indigenen Frauen Verdienstmöglichkeiten eröffnen, damit ihre Männer nicht ihre eigene Lebensgrundlage zerstören müssen. Das wäre wirklich kreativ. Das wäre zukunftsweisend.
Norwegen, das 94 Prozent des Fonds finanziert, aber auch Deutschland sollten den „kühnen, kreativen“ Vorstoß der Bolsonaro-Regierung zum Anlass nehmen, um ein komplettes Umsteuern zu fordern. Viel zu lange nämlich wurden die Mittel aus dem Fonds dafür zweckentfremdet, beispielsweise Kontrollen der Umweltbehörde Ibama zu bezahlen – eine Aufgabe, die eigentlich der brasilianische Staat übernehmen müsste. Darin bestünde die Chance, eine umweltfeindliche, auf Gewinnmaximierung ausgerichtete Politik zumindest etwas abzumildern.
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Kommentar von
Sunny Riedel
Redakteurin taz1
Interessiert sich für Brasilien, Bayern, Balkan. Studium Lateinamerikanistik in Berlin und Buenos Aires, danach Ausbildung an der DJS.
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