Kommentar Biodiversitätskonferenz: Naturschutz braucht Geld und Macht

Der Verlust von Arten schreitet rapide voran. Den Umweltschutzgremien der UNO fehlt es an realer Macht und an Ressourcen, um sich von Blockiererstaaten nicht aufhalten zu lassen.

An schönen Worten wird es nicht fehlen. Vom dramatischen Artensterben wird bei der UN-Konferenz in Bonn von heute an die Rede sein, vom unersetzlichen Wert der Natur und von der Verantwortung der Welt, den Verlust aufzuhalten. Jedes Wort davon ist wahr. Und schon seit Jahrzehnten bekannt.

Beim Weltgipfel in Rio de Janeiro wurde der drohende Verlust der biologischen Vielfalt 1992 offiziell auf die Agenda der Politik gesetzt. Seit 1994 bemüht sich eine internationale Konvention um die Umsetzung des Ziels. Doch die Natur zeigte sich von den wortreichen Erklärungen unbeeindruckt: Im krassen Gegensatz zum Schneckentempo der Verhandlungen schreitet der Verlust von Biotopen und Arten mit rapider Geschwindigkeit voran.

Zweierlei ist nötig, um diesem Missverhältnis zu begegnen: Zum einen müssen die Industriestaaten ernsthafte Geldsummen auf den Tisch legen. Die zumeist armen Länder, die über die größte Artenvielfalt verfügen, sind auf Unterstützung angewiesen. Nicht nur, um die wichtigsten Gebiete effektiv zu schützen. Sie haben auch ein Anrecht auf Entschädigung, wenn sie auf mögliche wirtschaftliche Nutzungen verzichten.

Zum anderen brauchen die Umweltschutzgremien der UNO reale Macht. Sie dürfen sich nicht länger von einzelnen Blockiererstaaten aufhalten lassen. Und sie müssen ihre Entscheidungen - ähnlich wie etwa die Welthandelsorganisation - notfalls mit Sanktionen durchsetzen können.

Sobald es aber um Geld und Macht geht, ist es mit der globalen Einigkeit schnell vorbei. Viele Industriestaaten lehnen rechtlich verbindliche Regeln für Konzerne, die Naturressourcen nutzen, oder finanzielle Verpflichtungen entschieden ab.

Umweltminister Sigmar Gabriel hat im Vorfeld der Konferenz viel getan, um die Aufmerksamkeit auf das Thema Artenschutz zu lenken und damit den Druck, sich zu einigen, zu erhöhen. Nicht gelungen ist es ihm aber bisher, innerhalb der Bundesregierung mehr Geld für den globalen Naturschutz lockerzumachen. Auch Deutschland hat in den nächsten zwei Wochen also noch die Gelegenheit zu zeigen, wie ernst die schönen Worte gemeint sind, wenn es konkret wird und ans Zahlen geht.

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Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

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