Kommentar Bildungsgipfel: Wir haben verstanden
Der Bildungsgipfel war keiner. Dem Bund ging es darum, sich die Zustimmung für Steuergeschenke zu erkaufen – die Länder wollen das nun zugewiesene Geld ungehindert ausgeben.
E s ist eineinhalb Jahre her, da brach die Kanzlerin zu einer Bildungsreise auf. Es war ihr ein ernstes Anliegen. Immerhin hatte Angela Merkel erstmals so etwas wie politisches Pathos durchblicken lassen: Bildung sei die Wohlstandsfrage des 21. Jahrhunderts, von der "Bildungsrepublik Deutschland" war die Rede. Merkel bekam Beifall von Eltern und Bildungsforschern - und eine Ohrfeige: Die Ministerpräsidenten ließen sie beim Bildungsgipfel 2008 rüde auflaufen.
Beim Bildungsgipfel 2009 war das nun wieder so. Nur schlimmer. Merkels Pathos ist dem Frust gewichen. Sie soll, als die Länder blockierten, "so ein Scheiß" ausgerufen haben. Die Provinzfürsten verlangen immer mehr Geld für Bildung, nur um es dann für ebenjeden "Scheiß" auszugeben, nur nicht für Schulen oder Hochschulen.
Dieser Bildungsgipfel war keiner. Denn es ging dem Bund darum, sich die Zustimmung für Steuergeschenke zu erkaufen; und den Ländern, die "Bildungs"-Milliarden freihändig verteilen zu können. Dabei wäre ein Gipfel so dringend nötig! Das Land leidet unter bitterer Bildungsarmut, vor allem in den Sonder- und Hauptschulen, die Hunderttausende Jugendliche in die Chancenlosigkeit entlassen; es leidet an einer pädagogischen Armut, wird doch in vierten Klassen, in Turbogymnasien und im Bachelor weitgehend hirnfrei gepaukt.
Christian Füller ist Bildungsredakteur bei der taz.
Dass der Gipfel so verlogen endet, wird schlimmere Folgen haben, als sich die Provinzpolitiker vorstellen. Denn fast alle sind ja irgendwie von heruntergekommenen Schulen, bildungsarmen Kitas oder dem Stopf-Studium betroffen. Und alle diese haben ein feines Gespür dafür, was es bedeutet, wenn jemand statt Studienplätzen Hotelübernachtungen subventioniert.
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