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Kommentar "Bild"-HetzeKonservativer Gesinnungsterror

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Der umstrittene "Zeit"-Blog war vielleicht nicht geschmackvoll. Doch es gibt viele Gründe, sich gegen die selbstgerechte Empörung von "Bild" und "FAZ" zu stellen.

E inen ungewöhnlichen Beitrag zur aktuellen Debatte um jugendliche U-Bahn-Schläger lieferte jüngst der Feuilletonchef der Zeit, Jens Jessen. In seinem Videoblog stellte er die Frage, ob es hierzulande nicht "zu viele besserwisserische deutsche Rentner gibt, die den Ausländern hier das Leben zur Hölle machen und den Deutschen auch".

taz

Daniel Bax ist Meinungsredakteur der taz.

Nein, besonders geschmackvoll war das nicht, zumindest nicht mit Blick auf den Vorfall in München. Aber auch kein Skandal, zumal ja einiger Grund zu der Annahme besteht, dass Jessen seinen Kommentar ironisch gemeint haben könnte. Dabei hätte man es bewenden lassen können.

Überhaupt keinen Spaß verstanden jedoch der FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher, der sich als Erster auf Jessen stürzte, sowie die Bild-Zeitung, die das Zitat zum Anlass nahm, um ihn öffentlich an den Pranger zu stellen. Nur wenigen Lesern der Bild-Zeitung dürfte Jessen bislang bekannt gewesen sein oder dass er einen Videoblog betreibt. Nun wirft ihm ausgerechnet das Blut-und-Sperma-Blatt vor, das Opfer einer Gewalttat zu verhöhnen.

Es gibt viele Gründe, sich gegen diese selbstgerechte Empörung zu stellen. Nicht nur, weil sie von Bild-Chef Kai Diekmann und seinem Männerfreund Frank Schirrmacher gezielt geschürt wird, um einen alten Intimfeind zu denunzieren. Mit ihrem konzertierten Vorgehen stellen sie in Frage, ob es - zumal im spezifischen Rahmen eines Blogs - erlaubt ist, Ansichten zu äußern, die dem vermeintlichen Mehrheitsgeschmack widersprechen. Im Grunde richtet sich ihr Eifer damit gegen alle liberalen Stimmen, die nicht gewillt sind, in die von Bild, FAZ und Koch befeuerte Hysterie um "kriminelle Ausländer" einzustimmen. Das ist nichts anderes als konservativer Gesinnungsterror.

Jeder hat das Recht, Nonsens zu reden- auch Zeit-Redakteure. Andere tun das schließlich ständig. Gerade FAZ und Bild-Zeitung gehen in der aktuellen Debatte um Jugendgewalt ja selbst gerne bis an die Grenze des Zumutbaren, wenn nicht Justiziablen, indem sie rassistische Ressentiments bedienen. Dass hier die Empörung ausbleibt, sagt viel über die Stimmung im Lande.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er wurde 1970 in Blumenau (Brasilien) geboren und ist seit fast 40 Jahren in Berlin zu Hause, hat Publizistik und Islamwissenschaft studiert und viele Länder des Nahen Ostens bereist. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und anderswo, mit Fokus auf Migrations- und Religionsthemen sowie auf Medien und Meinungsfreiheit. Er ist Mitglied im Vorstand der Neuen deutschen Medienmacher:innen (NdM) und im Beirat von CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit. Er hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Für die taz schreibt er derzeit viel über aktuelle Nahost-Debatten und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW).”
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26 Kommentare

 / 
  • L
    Lars

    Es ist eine Schande das die TAZ einen geistigen Brandstifter wie Jessen den Rücken stärkt.

     

    Was soll der Kölner Familienvater der im Beisein seiner kleinen Kinder letztes Jahr in Köln von brutalen Schlägern fast ermordert wurde dazu sagen? Was ein Ausländer der von Skins ins Koma geschlagen wurde? Ach ja und die Juden waren es ja auch selbst schuld das man sie vernichten wollte. Die USA haben den 11.9. selbst verschuldet ... usw usw.

     

    Wer Gewalt und einen versuchten oder begangenen Mord an Menschen egal welcher Hautfarbe, Alter, Geschlecht, Herkunft oder Meinung (freihes Recht auf Meinungsäußerung!) mit den Argumenten eines Herrn Jessen zu rechtfertigen sucht DARF NIEMALS von der TAZ !gerade der TAZ !in Schutz genommen werden.

     

    Oder geht es nur nach dem Prinzip -"der Feind meines Feindes (Springer-Presse und FAZ) ist immer mein Freund - egal was für einen Stuss er schreibt.

     

    Muss ich demnächst Angst haben, wenn ich einen Raucher in einer Gaststätte an das Rauchverbot erinnere, von ein Weizenbierglas das Auge ausgestochen zu bekommen. Mit der Begründung "du blöder Spießer ... nimm dass ...."

     

    So eine Schande.

    Gruß

    Lars

  • K
    kayman

    @ nein

    Schön, dass sich das Lesen sämtlicher Kommentare

    doch noch gelohnt hat, denn Ihrer ist erfrischend

    gehaltvoll und bringt die Sache auf den Punkt.

    Wir Deutschen sind eben nicht für übermäßige Toleranz in die Geschichte eingegangen.

    Und genau darüber sollten wir langsam mal beginnen, nachzudenken.

  • N
    nein

    Natürlich ist der Vorfall in München nicht zu entschuldigen, und natürlich ist der Rentner auch nicht selber schuld daran, dass er verhauen wurde. Aber das hat Herr Jessen doch auch überhaupt nicht gesagt, wenn man ihm richtig zuhört!

     

    Wenn man vernünftig über dieses Thema reden will muss man mal einen Schritt zurücktreten und nicht nur über Einzelfälle wie in München, so schlimm diese auch sind, reden. Stattdessen muss man sich doch fragen: Gibt es wirklich so viel Gewalt von Ausländern gegen Deutsche, und falls ja: Woher kommt diese Gewalt? Is ja schließlich nicht genetisch vorprogrammiert...Und genau das ist es, was Herr Jessen getan hat.

     

    Natürlich hat er mit seinem Erklärungsansatz provoziert, aber immerhin versucht er der Sache auf den Grund zu gehen im Gegensatz zur Masse der sonstigen Kommentare...

  • N
    n.n

    Brillianter Kommentar Herr Bax. Das Gebaren von Diekmann und "Kameraden" ist lediglich das altbekannte Strampeln der glattgegelten Spießergören gegen die erwachsene, interlektuelle Avantgarde dieser Nation. Ich liebe Deutschland für Menschen wie Sie und Herrn Jessen und immer noch ist der positive Einfluss Ihresgleichen schwerwiegender als die pathologischen BILD-Aussetzer Diekmanns und seiner Leser"truppen". Weiterhin intelligentes und produktives Schaffen!!!

  • RA
    Reinhard A.

    Konservativer "Gesinnungsterror"

     

    Und was ist mit dem Umweltschutz-"Gesinnungsterror".

    Dosenpfand, Mülltrennung, Umweltplakette, autofreie Innenstadt, Benzinschleudern, den Oberklassewagen die Reifen plattmachen... das ist auch "Gesinnungsterror". Den konservativen Kreisen Gesinnungsterror unterstellen, aber für den eigenen "Gesinnungsterror" blind sein.

     

    Ich will damit Umweltschützer nicht als Gesinnungsterroristen abstempeln, aber genausowenig lasse ich Rentner pauschal als Blockwarte und Gestapozuträger denunzieren!

    Die Rentner, allgemein Menschen, die auf Anstandsregeln bestehen, handeln im Grunde genauso wie die Umweltschützer.

    Von den Umweltschützern fordert die taz niemals, daß sie Toleranz üben sollen, dass sie mal fünf gerade sein lassen sollen.

     

    Nebenbei: Ich möchte auch eine saubere und gesunde Umwelt, trage dazu auch meinen Beitrag bei.

  • RA
    Reinhard A.

    Lieber taz-Leser, lieber Jessen- und Opferversteher:

     

    Wie hättest DU im Fall des Rentners reagiert? Ängstlich geschwiegen? In einem anderen Waggon abgewandert? Haben nicht die Fahrgäste ein Recht auf einen qualmfreien Sitzplatz? Ist die Aufforderung, das Rauchen einzustellen, schon Grund genug, den Schädel zu zertrümmern?

     

    Dem Videokommentar voraus ging der Fall in Heilbronn, in dem ein Rentner drei Jugendliche davon abhalten wollte, eine Gedenkstätte zu schänden. Dafür wurde er bewusstlos geschlagen.

     

    Oder der Fall in Berlin, bei dem ein 46-jähriger Ghanaer deutsche Jugendliche davon abhalten wollte, Feuerwerkskörper auf die Haltestelle zu werfen, weil sich dort eine Mutter mit einem verängstigten Kleinkind aufhielt. Daraufhin wurde der Mann niedergestochen.

     

    Jetzt, nach dem Überfall in München haben wir plötzlich ein Rentnerproblem. Merkwürdige Interpretation. Was ist mit den Rentnern, die überhaupt nichts sagten, aber trotzdem Raub- und Gewaltopfer Jugendlicher wurden. Sind die auch selbst schuld?

     

    Außerdem: In der Regel sind es die Berufstätigen, die von Berufs wegen Jugendliche auffordern, etwas zu tun oder zu lassen, wie die BVG-Busfahrer oder Polizisten, und deswegen angegriffen werden. Und fast jeden erleidet ein Busfahrer eine Körperverletzung von einem Fahrgast, meistens Jugendliche.

    Ja, ich habe auch versucht, die Jessen-Aussage ironisch zu lesen. Es bleiben trotzdem Stellen offen, die man so oder so auslegen kann.

  • S
    Sojan

    Man stelle sich die Situation mal andersherum vor:

     

    Ein türkischer Opa wird von zwei Deutschen fast zu Tode geprügelt nachdem er diese daraufhin gewiesen hat nicht zu rauchen oder ähnliches. Und nun kommt jemand daher, der sinngemäß wiedergibt, daß doch die pöbelnden und respektlosen Türken eigentlich schuldig sind.

    Na fällt Ihnen was auf? Wäre ganz schön rassistisch oder?

    Genauso ist es auch hier. Ich wähle schon lange keine linken Parteien mehr weil dort nun Rassismus gegen Ausländer als Vergehen angesehen wird. Rassismus gegen Deutsche ist entschuldbar.

    Welche Heuchelei, die letzten Endes dem Rassimus der Rechten in nichts nachsteht.

    Nebenbei, keine Worte, egal welche, rechtfertigen körperliche Gewalt.

    Gekränkte Ehre hin oder her...

  • D
    David

    Giovanni di Lorenzo folgend, könnte man tatsächlich zu dem Schluss kommen, dass die Linke, von Liberalen wollen wir doch wohl nicht sprechen, die Situation vollkommen falsch eingeschätzt hat.

     

    Es hat sich etwas geändert und die Deutungshoheit der Kulturmarxisten, wie z.B. der enervierend arrogante Jessen im besagten Video, schwindet aufgrund der festgestellten Widersprüche. Ideologie (?Vereine gegen Rechts?) und kann auf Dauer die Realität nicht ausblenden.

     

    Die Integrationspolitik, so fern es die überhaupt gibt bzw. gab, hat sich doch nur xenophil definiert und jegliche Integration als ?Zwangsgermanisierung? abgetan und die Diskussion darüber immunisiert. Der böse Deutsche mit Erbschuld, selbst in der Enkelgeneration und der sich selbsthassende ?gute? deutsche Kulturmarxist mit seinem Multikultiverständnis.

     

    Zentral verantwortlich dafür ?Grüne? und SPD. Sie haben Deutschland in die jetzige Situation gebracht. Fischer Worte ? Deutschland ausdünnen, einzäunen, etc.? sprechen eine deutliche Sprache und welchen wahren Wert Deutschland für den Ex-Außenminister mit seiner extremistischen Vergangenheit hat (Körperverletzung, Frankfurter Putztruppe, etc.) darstellt.

     

    Der SPD kommt ein besonderer Stellenwert zu. Machtgelüste und eine stetige Linkswendung seit des DDR-Bankrotts, siehe Franziska Dröhsel, hat die SPD in eine sozialistische Partei transformiert. Die SPD ist nicht mehr Godesberg, sie ist stramm auf den Weg nach Linksaußen.

     

    Was soll di Lorenzo als machen, um Jessen beizuspringen. Möglichst von einem Kampagnendesaster der Linken sprechen und ihm inhaltlich die Hand reichen.

     

    Sauber, nur was ist mit Michael Naumann. Immerhin ist er Spitzenkandidat in Hamburg und beurlaubter Herausgeber der ?Zeit?. Sozusagen beurlaubter Supervisor von Herr Jessen.

     

    Frage also, identifiziert sich Herr Naumann mit den Inhalten von Herrn Jessen? Wenn ja, dann ist ja alles in Ordnung, für die Linken, aber auch klar für die ehrlichen und ?anständigen? Staatsbürger.

  • A
    alpha_bln

    Also ich empfand den Videoblog vom Herrn Jessen als den absoluten SuperGAU an Geschmacklosigkeit.

     

    Nimmt dieser Mann die tagtäglich erfahrbare Realität denn noch wahr? Auf ZEIT.online stellt sich dieser Mensch nun noch als beleidigtes Opfer dar; es werden nur solche Reaktionen von Lesern veröffentlicht die zweifellos unter der Gürtellinie sind. Moderatere, wie meine, und ich weiß von noch 2 aus meinem Bekanntenkreis, sind dort nicht zu lesen.

     

    Es ist im übrigen nicht richtig, dass Deutsche, egal ob Rentner oder nicht, sich im ÖPNV wie "Herren und Gebieter" (wie hier in einem Leserbrief zu lesen) aufführen. Das ganze Gegenteil ist der Fall! Deutsche trauen sich heute fast nicht mehr den Mund aufzumachen, doch es ist ja echt schon so weit gekommen, dass Zivilcourage lebensgefährlich sein kann.

    In Berlin zum Beispiel töten Migranten vor Monaten einen jungen Mann, weil er sie aufforderte, am Badesee nicht ihren Müll zurückzulassen, um nur ein Beispiel zu nennen.

     

    In solchen Fällen vermisst man leider den Sturm im deutschen Blätterwald, der bei Vorfällen mit rechtsextremem Hintergrund richtigerweise losbricht.

     

    Dieses mit zweierlei Maß messen ist das, was viele inzwischen nicht mehr verstehen.

  • DA
    DER ANDERE

    Ich habe mein TAZ-Abo gekündigt weil immer mehr (nur noch?) Artikel wie dieser hier von Herrn Bax veröffentlicht werden.

     

    Ein Rentner wird fast tot geschlagen und dann wird von Jessen (durch die Blume) unterstelllt er sei mehr oder weniger selber schuld???

     

    Die rentner müssen schlimmer sein als ich dachte, ist doch zumindest einer der Schläger Intensivtäter.

    Klar, was soll er auch machen, wenn ihm einer blöd kommt haut man ihm aufs Maul, - selber schuld - was guckt er auch so blöd.

     

    WO ist der Unterschied wenn ein Deutscher einem Ausländeroder ein Ausländer einem Deutschen gegenüber gewalttätig wird?

     

    Für mich macht es KEINEN UNterschied, für die TAZ und ihre Berichterstattung wohl schon...

  • W
    Wolter

    Dieser "konservative Gesinnungsterror" ist wirklich ganz doll schlümm, jawollja! ;-)

     

    Herr Bax, mal ganz unverbindlich zwei Fragen!

     

    1) Wenn Sie im Videokommentar des Herrn Jessen tatsächlich noch Ironie entdecken... haben Sie sich mit seiner Mimik und Körpersprache denn wirklich beschäftigt? So richtig aufmerksam hingekuckt und hingehört?

     

    2) Haben Sie - oder einer Ihrer taz-Kollegen - während der Medienauftriebe in Sebnitz, Mügeln oder Mittweida jemals von einem PROGRESSIVEN GESINNUNGSTERROR gesprochen, um der Pauschalvorverurteilung ganzer ostdeutscher Gemeinden eine differenziertere Darstellung des dortigen Rechtsextremismusproblems entgegenzusetzen?

     

    Aber nein, "Gesinnungsterror" kommt qua definitionem nur von den politisch "Bösen" wie Eva Herman oder Roland Koch (siehe oben, "honkitonk").

     

    Aber trösten Sie sich, Herr Bax: IHRE linksverträumte Realitätsverkennung stößt mir längst nich so sauer auf wie die von Hern Jessen.

     

    MfG

  • A
    anke

    In ihrer aktuellen Ausgabe lässt die Zeit (wohl in Abbitte für den auch in der taz kommentierten Kommentar von Jens Jessen) Giovanni di Lorenzo zu Wort kommen. Der wirft "Linken und Liberalen" ganz pauschal vor, sie würden Koch erst richtig "groß" machen mit ihren Reaktionen auf seine kruden Vorschläge. Sie hätten, behauptet er, "wenig Gefühl für die fatale Wirkung, die sie damit bei den Menschen erzielen." Bei DEN Menschen, schreibt der Mann, und meint damit ohne Zweifel auch mich. Linke und Liberale (wer auch immer das im Einzelnen sein mag) würden "gleichgültig" erscheinen gegenüber dem "Leid der Opfer", aber "voller Verständnis" für die "Nöte der Täter". Als gäbe es ausschließlich diese beiden Kategorien und als wäre Mitleid etwas, womit man Probleme zum Verschwinden bringen könnte. Die in diversen Medien vorgetragene Behauptungen, Gewalt sei in erster Linie ein Unterschichten-Problem und das vorhandene rechtliche Instrumentarium reiche durchaus zu dessen Bekämpfung aus, nennt er einen Beschwichtigungsversuch. Er rät, lieber mit statistischen Zahlen zu kontern. Wohl wissend, dass es die Zahlen, die man für eine ernsthafte Debatte bräuchte, mit Rücksicht auf ihre unbestrittene Missbrauchsanfälligkeit gar nicht gibt. Kochs Kampagne, behauptet di Lorenzo, außerdem würde gut funktionieren. Woran er das erkennt, sagt er nicht. Er behauptet statt dessen lediglich, die Tatsache hätte ihre Ursache darin, dass Linke und Liberale den Wahrheitsgehalt der Feststellung, dieses Land hätte ein Problem mit der Gewalt jugendlicher Migranten, ignorieren würden. Mir scheint, di Lorenzo gewinnt seine Erkenntnisse nicht nur aus den Zeit- sondern auch aus den taz-Kommentare zu diversen einschlägigen Artikeln. Er wünscht sich jedenfalls, der "wahnsinnige Wahlkampf" möge bald enden. Amen, kann man da nur sagen. Und dass Jens Jessen womöglich doch Recht hat mit seiner Überlegung, junge "Ausländer" wären womöglich deswegen besonders aggressiv, weil sie sich von manchem all zu autoritär auftretendem Besserwisser geärgert fühlen.

  • TS
    Thomas Schlosser

    Ja ja, liebe TAZ: Migranten sind IMMER Opfer und die Ureinwohner unseres Landes ( "Deutsche" traue ich mich gar nicht zu schreiben... ) sind natürlich IMMER die Täter. Wie konnte der Rentner in München die beiden Jugendlichen auch um die Einhaltung von Regeln bitten..?? Kein Wunder, dass die Jungs zugeschlagen und getreten haben. Hätte ja jeder andere genauso gemacht, nicht wahr...?

  • D
    Dowanda

    Die mögliche Erklärung, er habe den Blog-Beitrag "ironisch gemeint" kommt immer dann wenn man nicht zugeben will, dass man sich für eine Aussage, wie die von Jenssen eine ist, nur fremdschämen kann. Aber da sie von einem kommt, den man sonst gerne hoffiert, handelt man nach dem Motto der Katholischen Kirche "Was nicht sein darf, kann nicht sein".

    Die einen sind auf dem rechten Augen blind, die anderen auf dem linken. Unterm Strich ists dasselbe.

  • J
    jep

    Rechtsradikaler Gesinnungsterror?

     

    Da prügeln zwei junge Ausländer einen alten Mann fast zu Tode, und dann konzentriert der Feuilleton-Chef der ?Zeit? seinen Videokommentar zum Gewaltverbrechen auf die Frage, ob es nicht ?zu viele besserwisserische deutsche Rentner gibt, die den Ausländern hier das Leben zur Hölle machen?. Wie verdreht muss man sein, um so zu argumentieren?

     

    http://www.axel-springer-akademie.de/blog/2008/01/17/von-giftpilzen-und-poblern/#more-948

  • V
    Volker

    An den Kommentator "Rashid1972" gewandt, sage ich, dass es sich bei den damaligen Rentner aus den 60er - 80er Jahren nicht mehr um dieselben Rentner handelt, die heute leben. Die Rentner von damals sind größenteils noch in der Nazizeit groß- und damit leider auch verdorben worden. Ich kenne das, was Sie sagen, auch als "Ursprungsdeutscher" und weiß, wie muffig die Zeit damals war und wie häufig gedacht wurde (Bin Jahrgang 53) Wir haben uns allerdings in Deutschland jahrezehntelang bemüht, von diesem "Denken" abzukommen.

    Und ich denke eigentlich, mit ziemlichem Erfolg, wenn man sich vergegenwärtigt, in welch "dunkler" Zeit Eltern und Großeltern groß geworden sind und in ihrem Denken erzogen wurden. Es gibt heutzutage -und leider wohl auch in der Zukunft- immer wieder Menschen, die extrem denken und handeln.

    Sie sollten sich jedenfalls nicht bemühen, auch nur den Funken von Verständnis für die jugendlichen "Deutschenhasser- und Schläger" aufbringen, in dem Sie sagen, dass Sie ja nicht wüssten, ob es einen ähnlichen Vorlauf gegeben hätte, wie Sie ihn selbst als Jugendlicher erlebt haben. Es GIBT keine Rechtfertigung für solch hinterhältige Gewalt.

    Die gesamte Diskussion zeigt ganz deutlich, dass das Thema "Migrantenkriminalität" ein eigenes Thema ist und dies längst hätte diskutiert werden müssen. Es ist meines Erachtens nur ein Thema von

    bestimmten Ausländergruppen, die ihre Jungen zu reinen Machos erziehen, die dann später nicht in der Lage sind, auf Meinungsverschiedenheiten verbal zu reagieren. Das ist ein Thema, die auch in bestimmten Migrantenkreisen eigentlich längst hätte diskutiert werden müssen, statt ständig die hiesige Gesellschaft, insbesondere die Deutschen , für ihre eigenen Verfehlungen verantwortlich zu machen. Das hatte ja jahrzehntelang geklappt, da sich Politiker und Journalisten gerne als "Gutmenschen" zeigen wollten, in dem jedes "Ausländerproblem", das versucht wurde, zu besprechen, gleich mit der Rechtsradikalitätskeule erschlagen wurde.

    Es wird auch noch einige Zeit ins Land gehen, bis

    ein gewisses Maß an Normalität eingetreten sein wird. Ich bin da jedenfalls sehr hoffnungsvoll, gerade wegen unserer Geschichte in den Jahren 33-45 und dem Wissen, eine solche Rückkehr unter allen Umständen zu vermeiden !

    Meine Maxime ist es, Menschen danach zu beurteilen, was sie tun und was sie sagen und nicht danach, woher sie kommen und wie sie aussehen.

    Es ist mir persönlich vollkommen rätselhaft, weswegen Menschen andere hassen, und zwar nur weil sie schwarz, jüdisch, behindert oder "wasweißichnichtalles" sind.

  • R
    renekoeller

    Die Erregungsgesellschaft will jegliches induzieren und potenzieren. Dabei sind die Mittel auf allen Seiten gut kalkuliert. Auf der Strecke bleibt dabei das Thema, denn das ist gerade recht dazu, Aufmerksamkeit zu erzeugen. Und nützt gar nichts mehr, aus dem Schatten hervorzutreten, dann wird der Nazi - Vergleich bzw. (neu!) der Bolschewismus - Vergleich bemüht.

    Das sich zunehmend Politiker und seriöse Medien dieser Strategien bedienen, ist dabei der eigentliche Skandal und lässt tiefe Einblicke zu, welcher Relevanz - Druck hier bereits vorhanden ist. Aber genau so arbeitet man an der Abschaffung der Qualitätsstandarts, die für einen nüchternen Journalismus unverzichtbar sind.

  • T
    Thomas17

    "Konservativer Gesinnungsterror"-ich glaubs ja nicht.

    Im Austeilen war die linke Presse in den vergangenen Tagen auch nicht gerade zimperlich. Und nun plötzlich einen auf sensibel machen und von Gesinnungsterror zu schwadronieren ist schon ziemlich dreist.

  • NM
    nur mal so

    Zitat:"Jeder hat das Recht, Nonsen zu reden- auch ZEIT-Redaktuere"

     

    nicht nur Zeit Redakteure, auch taz Kommentarschreiber, die in wilder Art auf alles, was anders denkt ein"bax"chen.

     

    Wenn ich den Kommentar von Jessen richtig verstanden habe, dann ist an der deutsche Rentner ("nette" Verallgemeinerung) schuld an allem (naja bisher nur daran, dass Ausländern das Leben zur Hölle gemacht wird).

     

    In selber Weise könnte man (nicht ich!!!) auch sagen, wer als Frau Miniröcke trägt provoziert geradezu ein sexistisches Vorgehen der Männer, oder schlimmeres.

     

    Es scheint in Dtl. leider Mode zu sein, das Opfer naträglich zum Täter zu machen. Dies hatte der eine (beinahe Tot-)schläger aus München ja schon versucht: "Der sieht doch, dass ich besoffen bin."

     

    Noch eine Frage an den werten Herrn Bax, wer entscheidet eigentlich, ob eine Empörung selbstgerecht ist? Macht dies der Linke Gesinnungs-Tüv?

  • TD
    Tomaso di Campanella

    Einem alten Mann der von jugendlichen Brutalos halbtot geschlagen wird hinterher zu rufen "selber schuld Du Spiesser" ist doch wohl der Gipfel der Perfidie und der Niedertracht. Der Versuch die berechtigte Kritik von FAZ und Bild an dem geehrten Kollegen als Männerkumpanei abzutun um Jessen klar zu spülen ist peinlich und lächerlich. Als Rentner in Berlin wurde ich schon öfters ohne die geringste Provokation von den Jungs mit den gölten Haaren und camouflage baggy pants angepöbelt, allerdings noch nicht zusammengeschlagen. Ich empfehle den notorischen Selbst- und Deutschenhassern die Lektüre von A Clockwork Orange von Anthony Burgess oder die Verfilmung von Stanley Kubrick (1971). Visionär und hoch aktuell!

  • H
    heinrich

    Die Bezeichnung "konservativ" klingt eher verharmlosend. Mitsamt den Leserbrief-Reaktionen handelt es sich um rechtsradikalen Gesinnungsterror.

     

    Umso befremdlicher ist es, dass Jessen zu dessen Charakterisierung keine Faschisten, sondern Lenin und den Bolschewismus bemüht. Soll hier wohl trotz allem eine klammheimliche Übereinkunft mit den Rechten erzielt werden?

  • KS
    Konstantin Schneider

    Schirrmacher macht sich doch lächerlich. Wenn ausgerechnet der Erfinder des "Methusalem-Komplotts" alten Spiessern plötzlich aller erlaubt, dann beweist das doch nur, wie entsetzlich selbstgerecht dieser Mann ist. Ist natürlich nichts Neues.

  • R
    Rashad1972

    Wieso soll das Nonsens sein, was Herr Jessen von der ZEIT da geschrieben hat? Ich selber "Migrant" (in Wirklichkeit gebürtiger Bremer) mit schwarzer Hautfarbe weiß ganz genau was es bedeutet als kleines Kind (und später als Jugendlicher)in der Straßenbahn oder dem Bus als einziges unter weißen, deutschen Kindern regelmäßig Schikanen oder rassistiscnen Beleidigungen ausgesetzt gewesen zu sein. Und ich rede hier über die siebziger und achtziger Jahren im angeblich so liberalen Stadtstaat Bremen.

     

    Mal waren es die Omis die auf dem Platz auf dem ich saß beharrten, obwohl einige andere Plätze freigewesen wären, dann wiederum männliche Rentner, die wenn wir etwas lauter gewesen sind, herumgealbert und gerangelt haben mich gleich nach Afrika zurückschicken wollten. Wiederum andere, die in einer propenvollen Bahn erwarteten, daß man als "Ausländer" sofort und unverzüglich für die Herren und Gebieter aufstehen müsste und wenn das nicht unmittelbar geschah erntete man bitterböse Blicke - und das war das mindeste. Von Höflichkeit keine Spur viele machten sich nicht mal die Mühe ihre Herrenmenschenattitüde zu verbergen.

     

    Das sind keine Schauermärchen oder irgendwelche Hirngespinste - es hat sich so zugetragen.

     

    Ob das bei dem hinterhältigen Angriff auf den Rentner in München auch der Vorlauf war, kann ich nicht natürlich nicht sagen, aber ausser aus dem Zusammenhang gerissene Sprachfetzen kommen die jugendlichen Angreifer ja nicht zu Wort.

     

    Da hat es das Opfer, was diesen Fall und seine zukünftige Gesschichtsschreibung betrifft, mit der BILD im Rücken schon einfacher.

  • J
    JOE

    Nein, Jessen redet keinen Nonsens, sondern das glatte Gegenteil. Offensichtlich haben die Stürmer-Nachfolgeblätter die öffentliche Wahrnehmung so verzerrt, dass die Ausländerhetze zum Normalempfinden mutiert ist, dabei werden in Deutschland täglich mehr Ausländer von "Deutschen" beleidigt und tätlich angegriffen als die hier absichtvoll hoch gekochten und zu bedauernden Einzelfälle. In der Tat ist nicht auszuschliessen, dass Provokationen absichtsvoll oder absichtslos von selbsternannten "Ordnungshütern" geschürt werden. Schon in den Sechzigern wurde Beetle-Köpfen angedroht, sie in ... zu stecken oder noch Schlimmeres.

  • H
    honkitonk

    Klar darf jeder mal etwas Blödsinn reden. Ausser er heisst Eva Hermann oder Roland Koch.

    Aber die sind ja böse.

     

    Ostdeutsche die Ausländer als solche beleidigen haben natürlich keinen Grund dazu, aber Ausländer die Deutsche als "Scheissdeutsche" bezeichnen, haben sicher noch nachvollziehbare Gründe.

     

    Die deutschen Spiesser sind schließlich furchtbar. Natürlich sind die anderen die Spiesser. Der normale Leser dieser Zeitung ist hingegen ganz progressiv. Das diese Selbstgewissheit eigener moralischer Spießigkeit ist, kann natürlich sein.

     

    Vielleicht sollte man doch besser überhaupt nicht versuchen solche Gewalttaten nachzuvollziehen und noch zu verstehen.

     

    Jemand wie Herr Jessen wird wahrscheinlich von Münchener Schläger Serkan viel verständnisvoller behandelt werden. Und die Deutschen Rentner sollen gefälligst den Waggon wechseln, wie es Frau Zypries kürzlich vorgeschlagen hat.

  • PP
    paul panther

    du lieber himmel, haben sie auch was zur sache selbst zu sagen, was über "nicht geschmackvoll" hinausgeht? oder bleibt es bei polemischen ausführungen über die "gesinnungsterroristischen" kollegen von bild und faz? wird hier nicht von ihnen der überbringer der nachricht für den inhalt derselben verantwortlich gemacht? immerhin sind jessens worte der stein des anstoßes, nicht die der bild oder der faz.

    dazumal geht es zumindest in dem schirrmacher- artikel nicht - wie von ihnen begauptet - darum, ob und inwiefern minderheitenmeinungen geäußert werden dürfen. es geht um ihren gehalt.

    hochachtungsvoll

    paul panther