Kommentar Berlusconi: Morgenluft in Italien
Vielleicht beendet die italienische Linke jetzt endlich ihre Nabelschau und macht wieder Politik. Es ist Zeit: Mit Berlusconis Beliebtheit geht es seit einiger Zeit schon abwärts.
E igentlich war ja das klare Vertrauensvotum des italienischen Parlaments ein schönes Geschenk für Silvio Berlusconi, der am Mittwoch 74 Jahre alt wurde. Dennoch fluchte der Ministerpräsident, er habe "einen Scheiß-Geburtstag" erlebt. Es ist offenkundig, dass seine Regierung vor dem Aus steht.
Geburtstag hatte am gleichen Tag auch Oppositionsführer Pierluigi Bersani, Chef der Demokratischen Partei. Sein Fest war wesentlich schöner als das des Regierungschefs - doch auch Bersani weiß, dass Berlusconis wahrscheinliche Niederlage noch lange nicht den Sieg der Linken bedeuten muss.
Denn während in den Umfragen der Pfeil für Berlusconi seit Monaten konstant nach unten weist, sieht es für die Demokraten nicht besser aus. Statt den erst in Skandalen, dann in seinem Kleinkrieg mit Ex-Partner Gianfranco Fini verstrickten Regierungschef vorzuführen, hatten die Demokraten stets wichtigeres zu tun: ihre Partei-internen Grabenkämpfe zu pflegen.
ist Italienkorrespondent der taz.
Dabei geht es um so bizarre Dinge wie den besten Entwurf für ein neues Wahlgesetz oder die Frage, ob die Demokraten nächstes Mal lieber mit konservativen Kräften in der Mitte oder mit stramm linken Bündnispartnern - oder gar mit allen beiden? - zusammengehen sollen. Erst vor zehn Tagen zettelte so der Ex-Parteivorsitzende Veltroni einen neuen Krach an.
Bersani zeigte dagegen jetzt in seiner Parlamentsrede, dass es auch anders geht. Schonungslos rechnete er mit Berlusconis miserabler Regierungsbilanz ab, sprach er endlich von der Situation des Landes statt von den Befindlichkeiten der eigenen Partei. Er gab den Ton vor, mit dem die Linke viele frustrierte Anhänger zurückgewinnen könnte. Jetzt liegt es an der Partei, ihm zu folgen - sonst bliebe Bersanis Rede bloße Episode im Niedergang der italienischen Linken.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter