Kommentar Banken-Stresstest: Der Crash wird geleugnet
Der Stresstest ist ein Witz, weil er die Finanzmärkte "beruhigen" soll. Damit steht vorher fest, was herauskommt. Hauptsache die Investoren kriegen keine Panik.
S ehr merkwürdig: Fast alle griechischen Banken haben den europaweiten Stresstest bestanden. Offiziell sind sie also gesund. Dabei stehen sie vor der Pleite, wie niemand besser weiß als die Griechen selbst. Seit Monaten ziehen sie ihr Erspartes ab und verlagern es ins Ausland.
Der Stresstest ist ein Witz, weil er die Finanzmärkte "beruhigen" soll. Damit steht vorher fest, was hinterher herauskommt: Es müssen ein paar Banken durchfallen, damit der Test realistisch wirkt - aber es dürfen nicht zu viele sein, weil die Investoren sonst in Panik gerieten.
Von den Aufsehern wird also viel Fantasie verlangt: Sie müssen einen "Worst Case" simulieren, der den Worst Case einer zweiten Finanzkrise großräumig vermeidet. Daher wurde zum Beispiel angenommen, dass die Aktienkurse nur um maximal 15 Prozent einbrechen. Das ist lächerlich. Nach der Pleite von Lehman Brothers verloren die Börsen mehr als die Hälfte ihres Werts. Noch lustiger ist es bei den Staatsanleihen: Während Griechenland auf den Bankrott zusteuert, kommt die Pleite eines Eurolandes beim Stresstest nicht vor.
ULRIKE HERRMANN ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.
Unfreiwillig verrät der Stresstest, wie schlecht es um die Banken stehen muss, wenn sie nur in einer geschönten Wirklichkeit überlebensfähig sind. Daraus folgt: Ein zweiter Crash ist jederzeit möglich, bei der die Banken erneut Steuermilliarden benötigen.
Was dagegen hilft? Bestimmt kein weiterer Stresstest, der "strenger" ausfällt. Stattdessen müssten alle Banken ihr Eigenkapital deutlich erhöhen, um Verlusten vorzubeugen. Diese Idee ist nicht neu, wird aber von den Instituten hartnäckig bekämpft. Die Banken wollen weiterhin wie Hedgefonds agieren und mit fremdem Geld den eigenen Gewinn mehren. Das Risiko trägt ja der Steuerzahler.
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