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Kommentar BachelorEin bißchen Nachsteuern reicht nicht

Wolf Schmidt
Kommentar von Wolf Schmidt

Eine Reform, die mehr Studierende zu Abbrechern macht als zuvor, taugt nichts. Der Bachelor muss als vierjähriges Grundstudium - und weniger spezialisiert - aufgebaut werden

N achsteuern, Feinjustieren, Weiterreformieren: Diese mechanistische Sprache der Bildungsbürokraten verschleiert die Probleme, die der Umbau der Universitäten, der sogenannte Bologna-Prozess, tatsächlich aufwirft. Als ob es um eine Maschine ginge, an der man ein bisschen herumschraubt, und plötzlich produziert sie die gewünschten Ergebnisse. Dabei geht es um eine ganze Generation von jungen Menschen, ihre Karrierechancen und Lebenswege, die durch das Bachelor-Master-Experiment beeinträchtigt sind.

Bild: privat

Wolf Schmidt, geb. 1979, ist Redakteur im Schwerpunkt-Ressort der taz.

Wenn heute mehr Studierende ihr Studium abbrechen als vor der Reform, dann heißt das, dass die Universitäten Menschen zu Versagern machen. Sie versagen ihnen schlicht den gesellschaftlichen und beruflichen Aufstieg. Absolventen, die mit einem Bachelor-Abschluss die Uni verlassen, ohne dass absehbar ist, welches Ziel und welchen Stellenwert dieser Abschluss hat, haben gute Chancen, wichtige Lebenszeit und Geld zu verlieren. Und vielerorts wird nur ein Viertel von ihnen in weiterführende Masterprogramme aufgenommen.

Es sind mindestens zwei große Fehler, die die Bürokraten bei ihrem Großversuch begangen haben. Einer war, eine ausufernde Fülle von neuen Bachelor- und Masterprogrammen zuzulassen, die angehende Studierende heillos verunsichert. Mehr als 8.700 Studiengänge zählt die Hochschulrektorenkonferenz, darunter "Sports Engineering", "Network Computing" oder "Werte & Normen". Welches Wissen und welche Möglichkeiten einem solche Programme eröffnen - wer kann das schon einschätzen?

Noch schwerer wiegt die Fixierung auf ein gequetschtes, dreijähriges, berufsqualifizierendes Bachelor-Studium. Warum kann ein Bachelorstudium nicht vier Jahre dauern? Und warum kann es nicht als ein breit angelegtes akademisches Grundstudium konzipiert sein, mit Elementen eines Studium generale, auf das der Master spezialisierend aufbaut? Antworten auf solche Fragen vernimmt man kaum. Denn damit würden die Bürokraten ja eingestehen, dass es mit ein bisschen Nachsteuern nicht getan ist.

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Wolf Schmidt
Inlandsredakteur (ehem.)
Jahrgang 1979. War bis 2013 in der taz zuständig für die Themen Rechtsextremismus, Terrorismus, Sicherheit und Datenschutz. Wechsel dann ins Investigativressort der Wochenzeitung „Die Zeit“.
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2 Kommentare

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  • HZ
    Herr Zhao

    Die Beobachtung, dass der Grossteil der Studentenschaft für die Forschung nichts taugt ist richtig, daher finde ich es nicht verkehrt, zwei akademische Abschlußarten zu haben: wobei einer auf die Berufstätigkeit und der zweite auf die Forschungstätigkeit vorbereitet.

     

    Wenn wir den Wettbewerb bei den Abschlüssen miteinbeziehen zwischen denen im angelsächsischen Sprachraum und den deutschen, dann werden wir verstehen, dass für die internationale Anziehungskraft der deutschen Universitäten es nötig war, vergleichbare Abschlüsse zu schaffen.

     

    Der Gedankengang eine studium generale zu schaffen ist sehr richtig, wenn sie damit die technischen und naturwissenschaftlichen Studiengänge meinen.

     

    Da gibt es einerseits das Phänomen einer starken Verästelung und andererseits theoretische Patchworks aus mehreren Disziplinen. Diese Entwicklungen sind auch durch die stark abstrakte Fachsprache und Modelle ermöglicht worden, die den Konzepten ein fachfremdes Handlungsfeld ermöglicht.

     

    Z.B. es ist möglich mit Elementarteilchentheorie Preisbildungen durch Informationsasymmetrie bei Aktienhandel zu modellieren.

     

    Bei den Geisteswissenschaften ist das studium generale ebenfalls für den Studenten nützlich, aber es ist keineswegs nützlich für die Lehrkräfte. Für die Lehrkräfte ist es sehr wichtig die Disziplinen voneinander abzugrenzen, um Forschungsgelder zu anzuziehen.

     

    Außerdem ist die Teamfähigkeit keine notwendige soziale Kompetenz bei Geisteswissenschaflter, um im Forschungsprozess weiterzukommen.

     

    Wenn sie die Variation der Größe in den Arbeitsgruppen betrachten, dann werden sie feststellen, dass in einigen Fächern Arbeitsgruppen 3 Leute umfassen, während in anderen Fächern die Arbeitsgruppen 1000 Leute umfassen.

     

    Der Aufwand und der Ertrag des studiums generale ist also sehr unterschiedlich.

  • P
    Paula

    Eines der größten Probleme, aus meiner Sicht, ist, der Unwillen, bzw. das Unvermögen der entsprechenden Studiengangleiterinnen sich darauf einzulassen althergebrachte Studiengänge zu reformieren. Tatsächlich wäre der Bolognaprozess eine großartige Chance gewesen die verkrusteten Strukturen an Unis und ihren Fakultäten zu durchbrechen. Leider scheint das nicht im Sinne der Verantwortlichen zu sein, auch wenn sie einst forderten den Muff von tausend Jahren unter den Talaren hinweg zu fegen.