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Kommentar BBI-FlugroutenJahrelang bewusst getäuscht

Kommentar von Kristina Pezzei

Dass die Bürger mehr als zehn Jahre lang bei der Flughafenplanung hinters Licht geführt wurden, ist eine Sauerei. Auf den Tisch muss, was damals genau gemauschelt wurde.

M al sehen, wie viele Klagen es letztlich werden. Zwar laufen die Flugroutengegner nach den nun bekannt gewordenen Mauscheleien bei der Planung Sturm und fühlen sich im Aufwind - ob sie tatsächlich den beschwerlichen, teuren Klageweg beschreiten werden, steht aber auf einem anderen Blatt.

Und dass die Verwaltungsrichter ein Urteil sprächen, das die Neuplanung des Flughafens BBI oder gar einen Neubau an einem anderen Ort zur Folge hätte, ist unwahrscheinlich. Trotzdem können die Bürgerinitiativen nur ermutigt werden, vor Gericht zu ziehen. Denn wie sie mehr als zehn Jahre lang bei der Flughafenplanung bewusst getäuscht wurden, ist eine Sauerei.

Mindestens genauso schlimm ist die Ausweichtaktik, die das Brandenburger Infrastrukturministerium an den Tag legt. Da muss erst ein Bürgerverein hunderte Aktenseiten lesen, um zu erfahren: Die Politiker wussten davon, dass Flugrouten abknicken müssen. Sie nahmen das so ernst, dass sie eine Planungsgruppe einsetzten. Die Flughafenstrategen sollen informiert gewesen sein. Und dann stellt sich die versammelte Politikerschaft Jahre später vor ihre Wähler und sagt, sie habe im Prinzip nichts gewusst!

Wer genau Schuld an welchen Vorgängen hat, dürfte nach all den Jahren schwer zu beweisen sein; auch das trägt zu den schlechten Klageaussichten bei. Aber auf den Tisch muss, was damals genau vertuscht und gemauschelt wurde - und es sollte den jüngsten Aussagen von Politikern und Flughafenverantwortlichen gegenübergestellt werden. So leicht kommen die Volksvertreter nicht davon.

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7 Kommentare

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  • RW
    Rocco Weyers

    Vielen Dank Frau Pezzei, der Protest der Bürgerinitiativen scheint auch bei der Taz-Redaktion zu wirken. Im Oktober hatte es sich bei Ihnen noch nach einer Neiddebatte angehört:

     

    http://taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/protest-ist-nicht-gleich-protest/

     

    mfg

    Rhw

  • RW
    Rocco Weyers

    Vielen Dank Frau Pezzei, der Protest der Bürgerinitiativen scheint auch bei der Taz-Redaktion zu wirken. Im Oktober hatte es sich bei Ihnen noch nach einer Neiddebatte angehört:

     

    http://taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/protest-ist-nicht-gleich-protest/

     

    mfg

    Rhw

  • RW
    Rocco Weyers

    Vielen Dank Frau Pezzei, der Protest der Bürgerinitiativen scheint auch bei der Taz-Redaktion zu wirken. Im Oktober hatte es sich bei Ihnen noch nach einer Neiddebatte angehört:

     

    http://taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/protest-ist-nicht-gleich-protest/

     

    mfg

    Rhw

  • V
    Vielflieger

    Endlich bekommt Berlin einen anständigen Flughafen und nun hat wieder jeder was zu mosern. Ich bin froh über den neuen Großflughafen und denke es ist ein angemessenes Projekt und nach 20 Jahren Provisorien und Nerv in Tegel ist es an Zeit, das der neuen Flughafen endlich eröffnet und nicht wegen der Klagewut Einzelner die Inbetriebnahme weiter verzögert wird.

  • HB
    Hermann Borreck

    Rechtsstaatlichkeit, Demokratie oder BBI ?

    Das ist hier doch die Frage. Bürgerbeteiligungsrechte und das grundrechtsgleiche Recht auf rechtliches Gehör wurden ausgehölt. Die neu Betroffenen konnten sich durch die Verfahrenstricksereien rechtlich gar nicht zur Wehr setzten und haben dadurch weniger Rechte als jeder Schwerverbrecher oder Kindermörder in Deutschland. Es könnte daher ein heisser Sommer oder Herbst 2011 vor oder hinter dem Bauzaun des BBI werden.

  • J
    Jürgen

    Die Betrügereien zum Bau des Flughafens BBI sind eine lokale Sache und betreffen den Süden Berlins und Brandenburg von Seelow bis Bad Belzig. Aber die Betrügereien von Politikern die das höchste Verwaltungsgericht sowie die Bürger mit falschen Angaben und gefälschten Unterlagen getäuscht haben ist eine Angelegenheit, die die gesamte Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland betrifft. Hier wurde der Demokratie und dem Rechtstaat ein schwerer Schaden zugefügt. Das Vertrauen zu den Politikern hat in den letzten Jahren sowieso abgenommen, aber dürfte sich nun dem Nullpunkt nähern. Auch im Ausland muss man sich fragen, wie verlässlich sind Deutsche Politiker wenn sie schon im eigenen Staat mit kriminellen Methoden vorgehen. Wir als Bevölkerung dieses Landes können das den Politikern nicht durchgehen lassen.

  • EZ
    E. Zimmermann

    Organisierter Betrug - wundert's wen? In diesem Land sitzen Kriminelle in Landtagen, Kanzleramt und Richterstuhl. Landesregierungen agieren gegen Bürger und Verfassung (z.B. durch amtlich als verfassungswidrig festgestellte Sonderzahlungen an Fraktionsfunktionsträger), aber der Verfassungsschutz schreitet nicht ein...

    Wie bei Berlusconi, nur ohne Berlusconi (und seine schmierige Grandezza).

     

    Wie wär's mal mit einem neuen runden Tisch? Sollten solche selbsternannten verfilzten Eliten nicht doch aus dem Amt entfernt und mit stark gekürzten Altersbezügen bestraft werden? Da gibt's streng demoktratische Präzedenzfälle in diesem Land...

     

    Oh halt, das betraf ja die SED. Also Kommunisten. Das ist etwas ganz anderes: Da zählen die Sünden doppelt.

    Der "demokratisch legitimierte" Politiker unserer Tage, der darf natürlich den Bürger organisiert bescheißen.

     

    Man könnte kotzen. Wie End-DDR, da hat Kubicki schon recht, nur betrifft's nicht nur die FDP, sondern das ganze Land. Und offensichtlich alle Parteien gleichermaßen (abgesehen von Grün und Links)