Kommentar Ausnahmezustand in Pakistan: Die Hybris des Diktators

General Pervez Musharraf putscht zum zweiten Mal, weil er seine persönliche Macht gefährdet sieht. Damit schafft er sich, neben dem drohenden Islamismus, weitere Feinde.

Staatsstreiche sind immer falsch. Manche sind auch noch dumm. Zu ihnen gehört die Ausrufung des Kriegsrechts in Pakistan. Als General Pervez Musharraf im Oktober 1999 die Regierung absetzte, versprach er eine baldige Rückkehr zur Demokratie. Acht Jahre später, als er sein Versprechen endlich einzulösen hatte, putschte er nun ein zweites Mal.

Musharraf begründet den Schritt mit der zunehmenden Lähmung der Regierung durch Extremismus und die Eigenmächtigkeit der Justiz. Der Extremismus ist ein Vorwand, denn die pakistanische Armee war immer vollkommen frei in ihrem Handeln, sei es unter ziviler oder militärischer Herrschaft. Und welche Gefahr droht dem Staat von der Justiz? Stehen die Verfassungshüter auf der gleichen Stufe wie Suizidtäter und fanatische Mullahs? Der Zeitpunkt des Putsches gibt die Antwort. Das bevorstehende Urteil über die Verfassungsgemäßheit von Musharrafs kürzlicher Präsidentenwahl zeigt, dass die Richter nicht das Land gefährden, sondern nur die Macht des Präsidenten.

Pakistan befindet sich in einem Überlebenskampf gegen die drohende Talibanisierung. Zum ersten Mal gibt es Berichte über Soldaten, die zum Gegner überlaufen, weil sie nicht gegen Glaubensbrüder kämpfen wollen. In einem solchen Augenblick ist ein Diktator mehr denn je auf die Unterstützung der demokratischen Kräfte angewiesen. Diesen wichtigsten Alliierten macht sich Musharraf mit seinem Putsch von oben jedoch zum Feind. Und die militärische Front bröckelt ohnehin weiter.

Die Übereinkunft mit Benazir Bhutto weckte die Hoffnung, dass der Spagat zwischen Demokratie und autoritärer Führung gelingen könnte. Nun wird die Zivilgesellschaft Musharraf in den Rücken fallen. Der General wird wie viele Diktatoren das Opfer seiner Hybris, indem er persönliche Macht und die Staatsinteressen gleichsetzt. Als hätte er nicht schon alle Hände voll zu tun mit der drohenden Front des Islamismus, schafft er sich nun weitere Feinde. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis auch seine mächtigste Stütze, die Armee, feststellt: Ihre Interessen und die ihres Oberbefehlshabers sind nicht unbedingt dieselben.

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