piwik no script img

Kommentar AtomaufsichtKontrolleure fehl am Platz

Bernward Janzing
Kommentar von Bernward Janzing

Ein Atomkraftwerk ist kein Dampfkessel. Deshalb darf die präzise Überwachung der Atomanlagen kein Verein durchführen, der eng mit den Kraftwerksbetreibern verflochten ist.

B licken wir zurück: Als mit der industriellen Revolution die Dampfkessel sich durchsetzten, explodierten gelegentlich welche. Also suchte man Wege, die Technik besser zu überwachen - und so gründeten die betreffenden Unternehmen in den 1860er Jahren regionale Selbstverwaltungsorgane.

Diese hießen noch nicht TÜV, sondern "Badische Gesellschaft zur Überwachung von Dampfkesseln" oder "Bayerischer Dampfkessel-Revisions-Verein". Ihr Zweck war die Verhütung solcher Explosionen durch regelmäßige Untersuchungen. Die Selbstkontrolle funktionierte. Die Vereine fungierten als Ratgeber, standen den Unternehmen hilfreich zur Seite. Die Kontrolle fand vor allem im Sinne der Firmen statt.

Dann aber kam die Atomkraft. Seither wird der TÜV - in den 1930er Jahren aus den regionalen Dampfkraft-Vereinen entstanden - auch als Gutachter in Atomfragen konsultiert. Nun könnte man meinen, dass bei der Atomenergie nicht falsch sein kann, was bei den Dampfkesseln richtig war - eine Selbstkontrolle nämlich.

Bild: privat

BERNWARD JANZING ist freier Journalist in Freiburg. Im vergangenen Jahr erhielt er den Deutschen Solarpreis in der Kategorie Medien. Der Preis wird von Eurosolar, der Europäischen Vereinigung für Erneuerbare Energien, verliehen.

Doch der Vergleich ist nicht statthaft. Ein Dampfkessel, der explodiert, hinterlässt lokale Schäden, eine Kernschmelze aber hat internationale Dimensionen. Ein Interesse an einer präzisen Überwachung von Atomanlagen hat daher nicht mehr nur der Betreiber, sondern das ganze Land. Und deswegen müssen in der Atomtechnik zwingend Kontrolleure her, die keinerlei Verflechtungen mit den Kraftwerkseigentümern haben.

Dass die heutige Praxis der Atomkontrolle über all die Jahrzehnte so wenig infrage gestellt wurde, dürfte auch daran liegen, dass der TÜV durch seine Pkw-Hauptuntersuchungen viel Vertrauen genießt. Fahrzeuge legt der TÜV wegen technischer Mängel regelmäßig still. Atomkraftwerke aber bislang nicht - das sagt schon alles über die Abhängigkeiten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Bernward Janzing
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.

2 Kommentare

 / 
  • S
    Sebas

    Bei solchen Kommentaren kann einem ja nur noch schlecht werden. Das soll heutiger Qualitätsjournalismus sein? Dabei hätte eine zweiminütige Recherche die Sache durchaus klären können, siehe z.B. http://www.tuev-sued.de/anlagen_bau_industrietechnik/technikfelder/kerntechnische_anlagen/aktuelles_meldungen/5_fragen_zur_unabhaengigkeit_von_tuev_sued für den TÜV Süd.

     

    Die wichtigsten Punkte daraus:

    - Der TÜV Süd gehört keinesfalls den Betreibern der Anlagen, sondern die Anteile werden zu 74,9% vom TÜV Süd e.V. und zu 25,1% von der gemeinnützigen (also nicht gewinnorientierten, da sie sonst nicht als gemeinnützig anerkannt würden) TÜV Süd Stiftung gehalten.

    - Mitglieder des TÜV Süd e.V. sind insgesamt 13.000 Personen und Firmen jeder Größe und aus allen Branchen - so auch die Hersteller von (ebenfalls vom TÜV geprüften) Windkraft- oder Biogasanlagen (wie viele sind das eigentlich? Steht nicht mal auf der TÜV-Seite). Etwa ein Dutzend der 13.000 Mitglieder sind Betreiber der Kernkraftwerke oder ihre Tochterunternehmen.

    - Es gibt dabei nur Mitglieder, keine Anteile. Das heißt, dass jedes Mitglied - gleichgültig ob Privatperson, kleine Firma oder Milliardenkonzern mit zehntausenden Angestellten - exakt eine Stimme, nicht mehr und nicht weniger, hat. Somit haben die Energieversorger knapp 0,1% der Stimmen - ein wahrhaft gewaltiges Einflusspotenzial! Das sind die Verflechtungen mit den Betreibern, die Herr Janzig so schrecklich findet.

    - Hinzu kommt, dass die Mitgliederversammlung keinerlei Einfluss auf die Arbeit des TÜV hat.

    - Die Mitglieder des TÜV Süd e.V. haben auch keinerlei Geld im Verein und bekommen auch keinen Cent vom Verein. Das Geld für Prüfungen wird größtenteils wieder reinvestiert und teilweise für Aktionen verwendet, die bei der Jugend Begeisterung und Verständnis für Technik fördern sollen - wenn man manche Kommentare im Internet aber auch in den Medien liest eine absolut notwendige Sache. Bei diesen Aktionen hat die "Atomlobby" tatsächlich 0,1% Einfluss darauf, für welche Technik Begeisterung und Verständnis gefördert werden soll.

     

    Auch eine finanzielle Abhängigkeit ist nicht gegeben, da sich die Betreiber den TÜV nicht aussuchen können, bzw. der TÜV nicht von den Betreibern beauftragt wird. Der TÜV wird von den Aufsichtsbehörden, in aller Regel also den Landesumweltministerien, beauftragt, die Betreiber müssen nur bezahlen.

    Das ist in etwa so wie bei der Hauptuntersuchung von Autos: Wir fahren ja nicht freiwillig hin, sondern weil uns der Gesetzgeber sagt, dass wir alle (in der Regel) zwei Jahre so eine Untersuchung machen müssen. Allerdings wird "der TÜV" dann auch nicht vom Staat, sondern von uns bezahlt. Ist jetzt jede KFZ-Hauptuntersuchung anzuzweifeln, weil der ja der Besitzer des Autos bezahlt? Ich habe ja auch kein Interesse daran, dass mit der T¨V das Auto still legt oder mir teure Reparaturen abverlangt. Und was ist, wenn ich mich als 13.001-stes Mitglied des TÜV Süd e.V. eintrage? Dann habe ich ja in etwa soviel Stimmrecht wie ein/e Genoss/in bei der TAZ! (Ist denn damit die Unabhängigkeit der TAZ noch gewährleistet? Was ist, wenn sich 10 Leute mit unkorrekter Gesinnung zusammenschließen? Könnten diese Nicht-Genoss/innen dann Einfluss auf die Berichterstattung nehmen? Müsste Herr Janzig dann am Ende kapitalistisch-neoliberale Kommentare schreiben?)

     

    Und finanziell abhängig ist der TÜV von mir auch - ich kann ja zur KFZ-HU sogar wenn ich beleidigt bin zur DEKRA oder zu einigen Fachwerkstätten gehen, so dass dem TÜV das Geld für meine Untersuchung durch die Lappen geht und der Gutachter wenn mir seine Forderung nicht gefällt ja fürchten muss, seinen Arbeitsplatz zu verlieren.

    Das ist ein Druckmittel dass die Betreiber von Kernkraftwerken übrigens nicht haben.

  • L
    Libertiner

    Es ist nicht mehr auszuhalten: "Diebe als Kaufhausdetektive". Unsere"Maggi-Regierungen" gehören auf den Mond geschossen!