Kommentar Asylrecht: Etappensieg für Flüchtlinge
Für die Menschenrechtsverletzung der kurdischen Flüchtlinge kassiert Frankreichs Immigrationsminister Besson nun dankenswerterweise eine gehörige (politische) Ohrfeige.
E s war das erste Mal, dass eine ganze Gruppe von "Boat people" auf Korsika strandete. Und geht es nach den lokalen Behörden und der Pariser Zentralregierung, dann darf so etwas nie wieder vorkommen. Keinesfalls soll Korsika wie die italienische Mittelmeerinsel Lampedusa zum Etappenziel für Flüchtlinge werden. Demonstrativ griffen die französischen Behörden hart durch.
Aus derselben Überlegung hatte auch Frankreichs Immigrationsminister Eric Besson den "Dschungel" von Calais mit dem Bulldozer von Flüchtlingen aus Afghanistan "reinigen" und trotz der herrschenden Ungewissheit und trotz aller Proteste einige von ihnen nach Kabul ausfliegen lassen. Erst im Nachhinein wurde sein Vorgehen vom höchsten Verwaltungsgericht getadelt. Gelernt hat dieser zu Sarkozy übergelaufene Exsozialist daraus nichts. Als an der korsischen Küste kurdische Familien anlandeten, war sein alleiniges Ziel, erneut ein Exempel gegen die illegale Immigration zu statuieren. Die unter Druck gesetzten Behörden improvisierten und missachteten in ihrem überstürzten Vorgehen die elementarsten Rechte der 124 Flüchtlinge.
Für diese Menschenrechtsverletzung kassiert Besson nun dankenswerterweise eine gehörige (politische) Ohrfeige. Ein Exempel wurde tatsächlich statuiert, aber nicht im Sinne der repressiven Politik der Regierung. Gewonnen haben vorerst die Hilfsorganisationen. Sie haben den Beweis erbracht, dass die "Heimat der Menschenrechte" das Asylrecht nicht als "vernachlässigbare Größe" behandeln darf, nur weil die Staatsräson verlangt, die Mauern der Festung Europa gegen den so beängstigenden Ansturm von Elenden und Verfolgten aus den Hinterhöfen der Welt noch dicker und höher zu bauen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier