Kommentar Asylrecht für Homos: Ein Recht auf Solidarität
Die EU kritisiert gerne andere Länder wegen fehlender Homorechte. Selbst hat sie verfolgte Homosexuelle kaum geschützt. Das hat jetzt endlich ein Ende.
W enn es um die Rechte von Schwulen und Lesben geht, zeigt die EU gern mit dem Finger auf andere: den Olympia-Ausrichter Russland zum Beispiel oder die nach rechts rückenden Staaten Südosteuropas – und natürlich auf Afrika und Asien. Zu Recht.
Kamen verfolgte Homosexuelle jedoch nach Europa, konnten sie sich auf Solidarität nicht verlassen. Zwar ist die Verfolgung wegen Homosexualität in Deutschland ein Asylgrund, der faktisch auch geltend gemacht werden konnte. Gleichzeitig jedoch versuchten Behörden – auch in Deutschland – immer wieder Asylanträge abzulehnen, in dem sie drohende Gefängnisstrafen, Gewalt oder gar Ermordung zu einem bloßen Problem persönlichen Verhaltens machten.
Wer mit Angehörigen des gleichen Geschlechts ins Bett will, solle das eben heimlich tun: Ins Schlafzimmer würden die Mullahs oder der schwulenhassende Mob schon nicht schauen, so ihr Rat. Und wenn doch: Pech gehabt. Diese Haltung war ein Schlag ins Gesicht Homosexueller, die sich in überaus feindseligen Gesellschaften geoutet hatten und deshalb in Gefahr geraten waren. Es war eine ideelle Kumpanei mit religiösen Fanatikern und nationalistischen Milizen.
Damit ist jetzt Schluss. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass von Homosexuellen nicht verlangt werden darf, sich beim Ausleben ihrer sexuellen Ausrichtung in ihrer Heimat „zurückzuhalten“. Für Deutschland hat das Urteil keine praktische Folge mehr: Vor sieben Monaten hat hier das Bundesamt für Flucht und Migration schriftlich zugesichert, Homosexuellen keine Heimlichtuerei mehr zu empfehlen und so Asylanträge abzulehnen. Vorangegangen waren jahrelange Proteste.
In anderen Ländern stand diese Korrektur noch aus. Der EuGH hat dies nun endlich nachgeholt.
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